Peter Pilz sieht die Pläne der Regierung im Widerspruch zu Menschen- und Grundrechten.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Ob es innerhalb des Justizministeriums einen handfesten Streit gibt, wie Peter Pilz (Liste Jetzt) erzählt, das lässt sich nicht so leicht überprüfen. Aber irgendjemand dürfte mit den Plänen der Regierung für eine Präventivhaft für Asylwerber unzufrieden sein, sonst wäre der Rohentwurf für die Verfassungsänderung wohl nicht bei Pilz gelandet.

Dieser hält ihn für einen "gefährlichen Pfusch", wie er am Montag sagt. Zentraler Kritikpunkt des Oppositionspolitikers ist die Frist, die im aktuellen Entwurf fehle: Die Präventivhaft dürfe maximal sechs Monate dauern, außer vom Betroffenen geht danach noch eine "besondere, tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr" für die Öffentlichkeit aus – dann "darf diese Höchstdauer überschritten werden".

Verwaltungsrichter "ein regierungsabhängiges Organ"

Dass im Gesetzestext nicht steht, um wie viel die sechs Monate überzogen werden dürfen, bedeutet für Pilz "im härtesten Fall unbefristeter Freiheitsentzug", und das "widerspricht absolut der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Grundrechten". Zwar wird in den dazugehörigen Erläuterungen eine erweiterte Frist von 18 Monaten gesetzt, "aber die Erläuterungen sind vollkommen blunzn", meint Pilz.

Außerdem stört den Abgeordneten, dass – wie berichtet – Verwaltungsrichter die Haft nach spätestens 48 Stunden prüfen sollen und keine ordentlichen Richter. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) seien nämlich nicht im gleichen Ausmaß weisungsfrei und unabhängig wie ordentliche Richter: "Das ist ein regierungsabhängiges Organ." Innerhalb des Justizministeriums herrsche genau wegen dieses Punkts Streit.

Kein Streit im Ministerium

Eine Sprecherin von Justizminister Josef Moser (ÖVP) bestreitet das. Die Prüfung durch Verwaltungsrichter sei stimmig, weil auch jetzt schon das BVwG bei Asylverfahren und Schubhaft entscheide, darüber gebe es im Ministerium auch keine Diskussion. "Es ergibt keinen Sinn, eine adaptierte Schubhaft von einem ordentlichen Gericht prüfen zu lassen", erklärt die Sprecherin. Auch Verwaltungsrichter seien unabhängig.

Die erweiterte Frist von 18 Monaten sei außerdem in den Erläuterungen genauso gültig wie im Gesetzestext – dort könne man sie lediglich nicht festschreiben, weil sie einfachgesetzlich präzisiert werden müssten. Und wenn die längere Frist im Gesetz stünde, sei es rechtlich schwieriger, in einem einfachen Gesetz eine niedrigere Frist festzuschreiben.

Breitbeinig an die Opposition gespielt

Insgesamt soll "jede Willkür und jeder Missbrauch von vornherein ausgeschlossen werden", darauf lege Moser wert. Alle Rechtsschutzbestimmugnen sollen in den Verfassungsrang gehoben werden, sagt die Sprecherin des Ministers. Die übrigens auch eine Vermutung hat, wie der Rohentwurf zu Pilz gelangt sein könnte: Weil Moser den Prozess "auf breite Beine stellen" wollte, wurden Verfassungsrechts- und Menschenrechtsexperten eingebunden – da könne es dann auch passieren, dass Entwürfe den Weg zur Opposition finden.

Dort müssen sie aber ohnehin früher oder später landen, denn für die Umsetzung der Präventivhaft braucht die türkis-blaue Koalition die Zustimmung von SPÖ oder Neos – und die wird, wenn überhaupt, nicht ohne Änderungen am Entwurf zu bekommen sein.

Pilz sieht im gesamten Vorhaben der Regierung ein reines Ablenkungsmanöver. Der Anlassfall – ein Asylwerber hatte den Leiter des Dornbirner Sozialamts getötet – falle nämlich in die politische Verantwortung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) "und er will sie loswerden". Pilz sieht den Fall als Teil einer Serie von Behördenversagen und will "so schnell wie möglich" einen Untersuchungsausschuss dafür einsetzen. Das geht allerdings per Minderheitenrecht erst, wenn der BVT-U-Ausschuss abgeschlossen ist.

Verwaltungsrichter stoßen sich an Pilz' Vorwurf

Der Dachverband der Verwaltungsrichter weist die Aussage von Peter Pilz zurück, das Bundesverwaltungsgericht wäre im Gegensatz zu den ordentlichen Gericht ein regierungsabhängiges Organ. Sollte sich die Politik zur Einführung der Sicherungshaft entschließen, könnten Verwaltungsrichter diese im selben Maße unabhängig überprüfen wie ordentliche Richter, sagte Sprecher Markus Thoma Montag zur APA.

"Die öffentliche Debatte über die Sicherungshaft hat leider schon einen Kollateralschaden gefordert, nämlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit", meinte Thoma – und merkte zudem an, dass die Verwaltungsrichter die Sicherungshaft nicht gefordert hätten und auch keinen Eingriff in die Verfassung. Aber sollte die Politik sie mit der nötigen Mehrheit einführen, wäre eine unabhängige Kontrolle jedenfalls auch durch die Verwaltungsrichter gewährleistet. (sefe, APA, 18.3.2019)