"Inzwischen sind aber Roboter beinahe alltäglich geworden, auch hierzulande nutzen viele sie zum Saugen oder Rasenmähen daheim" sagt Günther Schmitt, Fondsmanager der Raiffeisen KAG.

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Stellen Sie sich vor, jetzt wäre das Jahr 2030: Würden wir dieses Gespräch überhaupt noch führen? Oder würden sich diesbezüglich einfach ein Robo-Investor und ein Story-Algorithmus via Internet kurzschließen?

(lacht) Ich hoffe doch sehr, dass es solche Gespräche in zehn Jahren noch gibt. Aber in zwanzig? Wer weiß. Denn ganz klar geht die Entwicklung in diese Richtung. In meiner Branche wird seit längerem daran gearbeitet, Geldanlage weitgehend zu automatisieren. Auch im Journalismus verfasst künstliche Intelligenz schon Texte. Bloomberg beispielsweise veröffentlicht viele Unternehmensmeldungen voll automatisch. Aber wer will das lesen?

Ganz im Ernst: Für wie realistisch halten Sie Prognosen, nach denen in den nächsten Jahrzehnten ein Großteil der heutigen Jobs durch Roboter und künstliche Intelligenz ersetzt wird?

Ganz sicher wird sich die Joblandschaft in den nächsten Jahrzehnten massiv verändern. Ich hoffe aber, dass unsere Generation, also Menschen, die schon mitten im Berufsleben stehen, noch nicht so stark betroffen sein wird. Interessant an der Entwicklung ist, dass wir keinen Schimmer haben, wohin die Reise geht.

Inwiefern?

Im Rückblick erkennen wir klar, dass Jobs aus der Landwirtschaft in die Industrie gewandert sind. Und Arbeitsplätze in der Industrie haben sich schließlich zu Dienstleistungsberufen gewandelt. Aber wie wird sich das weiterentwickeln? Wir wissen es nicht. Genau deshalb gibt es Diskussionen wie die über das bedingungslose Grundeinkommen.

John Maynard Keynes hat bereits 1920 prophezeit, dass die Wirtschaft zu unserer Zeit bereits so stark automatisiert wäre, dass jeder mit 15 Stunden Wochenarbeitszeit auskäme. Danach sieht es aber überhaupt nicht aus …

Unvorstellbar ist es nicht, dass zumindest unsere Enkel das erleben. Aus der Perspektive des Einzelnen mag das auch erstrebenswert sein. Und in Ländern mit starken Gewerkschaften – beispielsweise Österreich oder Frankreich – mag es tatsächlich dazu kommen. Dann ziehen aber die Staaten mit ungezügeltem Kapitalismus auf dem Weltmarkt davon. Sicher ist: Durch die Automatisierung wird die Produktivität stark steigen. Und dieser zusätzliche Reichtum lässt sich umverteilen, auch in neue Arbeitsplätze.

Das bedeutet also, um uns gegen die potenzielle Vernichtung unserer Arbeitsplätze zu wappnen, beteiligen wir uns am besten an Unternehmen, die von der weltweiten Automatisierung profitieren?

Als Fondsmanager werde ich Ihnen sicher keinen anderen Rat geben (lacht). Aber zu den Fakten: Wären Sie einen Tag vor der Lehman-Pleite und dem darauffolgenden Absturz der weltweiten Aktienmärkte eingestiegen – also zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt – hätten Sie bis jetzt mit Europa-Fonds immer noch 50 Prozent Gewinn gemacht, mit amerikanischen Fonds sogar 200 Prozent. Es gibt also kaum eine Alternative zu Aktien, besonders im jetzigen Niedrigzinsumfeld.

Zurück zum Thema Robotik: Vor zehn bis 15 Jahren waren Roboter noch kein großes Thema, schon gar nicht für Privatanleger. Warum hat sich das in den letzten Jahren geändert?

Früher hatte das Thema in der Tat einen Exotenstatus. Da hat man nach Japan geschaut, wenn ein neuer niedlicher Roboterhund vorgestellt wurde. Die Japaner haben schon sehr früh auf Robotik gesetzt, weil sie älter werden und trotzdem auf Zuwanderung verzichten wollen. Inzwischen sind aber Roboter beinahe alltäglich geworden, auch hierzulande nutzen viele sie zum Saugen oder Rasenmähen daheim.

Und in der Geldanlage?

Früher gab es überwiegend regional orientierte Fonds. Vor ein paar Jahren sind thematisch orientierte Fonds aufgekommen, weil Anleger sich unter Themen wie Klimawandel oder Gesundheit mehr vorstellen können als unter Ländermärkten. Automatisierung und Robotik ist ein solches sehr lukratives Thema.

Bieten Sie dazu einen Einzelfonds an?

Nein, dafür ist die Nische wiederum zu klein. Automatisierung ist ein wichtiger Bereich unseres Raiffeisen-MegaTrend-Aktienfonds, den es übrigens bereits seit 1999 gibt. Wir vom Team "Developed Markets" kümmern uns hauptsächlich um Europa, die USA und Japan und dort um Themen wie Technologie, Gesundheit oder Energie. Der Fonds ist eine Art "Best of" aus unserer Arbeit.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Investitionsobjekte aus?

Wir verfolgen den Value-Ansatz, suchen also nach unterbewerteten Aktien. Das sind zum Teil auch Unternehmen, die noch gar keine Gewinne schreiben, deren Geschäftsmodell uns aber überzeugt. Delivery Hero ist so ein Beispiel aus dem Raiffeisen-MegaTrend-Aktienfonds, wenn auch nicht aus dem Bereich Robotik.

Ein Beispiel aus dem Bereich Robotik?

Wir unterscheiden in der Robotik vier Wachstumsbereiche: industriell, kommerziell, privat und Militär (s. Grafik). Wir investieren überwiegend in Unternehmen aus den ersten beiden Sektoren. Ein Beispiel aus der Industrie ist Nidec, ein japanisches Unternehmen, das bereits Motoren für Floppy-Disk-Laufwerke gebaut hat und jetzt Motoren für humanoide Roboter und Elektroautos entwickelt. Im kommerziellen Bereich sind wir etwa an Intuitive Surgical beteiligt. Dieses Unternehmen bietet Roboter für den OP-Bereich an, und zwar sehr erfolgreich.

Dann wird es sich in dem Fall aber auch nicht um unterbewertete Aktien handeln, oder?

Das stimmt, Intuitive Surgical hat zum Beispiel ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 50 und ist damit vergleichsweise teuer. Aber Sie dürfen das Wachstumspotenzial nicht vergessen: Das Unternehmen wächst Jahr für Jahr um 10 bis 20 Prozent.

Welche Unternehmen schließt Ihr Fonds dezidiert aus?

Wir investieren überhaupt nicht in Militärtechnologie. Dagegen sprechen unsere Nachhaltigkeitsgrundsätze.

Das Jahresende 2018 war von starken Turbulenzen an den Weltbörsen geprägt. Wie wird es Ihrer Meinung nach an den Aktienmärkten weitergehen?

Ich bin selbst überrascht, wie schnell die Aktienmärkte den Absturz Ende 2018 wieder wettmachen konnten. Und nach wie vor haben die Aktienkurse im Gegensatz zu den Anleihen keine Rezession eingepreist – trotz der bislang längsten Börsenhausse in der Geschichte. Die Signale sind also uneinheitlich. Wir sind aus meiner Sicht weit entfernt von einer Blase, schließlich haben die Gewinne in den letzten Jahren weitgehend Schritt gehalten mit der Kursentwicklung.

Kommen wir noch einmal zur Ausgangsfrage zurück: Warum sollte ich als Anleger noch Menschen beauftragen mit der Geldanlage, wenn es doch schon seit Jahren auch für Privatanleger Handelsalgorithmen gibt, die mein Geld vollautomatisch und kostengünstig anhand meiner Anlagekriterien investieren?

Obwohl solche Algorithmen in einer Sekunde wahrscheinlich mehr Informationen verarbeiten können als ich im ganzen Leben, zeigen die Ergebnisse, dass sie Menschen bislang nicht übertreffen konnten. Offenbar haben wir den Robotern also immer noch etwas voraus.

Investments in Fonds sind dem Risiko von Kursschwankungen bzw. Kapitalverlusten ausgesetzt. Die veröffentlichten Prospekte bzw. die Informationen für Anleger gemäß AIFMG sowie die Kundeninformationsdokumente (Wesentliche Anlegerinformationen) der Fonds der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH bzw. der Raiffeisen Salzburg Invest Kapitalanlage GmbH stehen unter www.rcm.at bzw. www.raiffeisen-salzburg-invest.at in deutscher Sprache (bei manchen Fonds die Kundeninformationsdokumente zusätzlich auch in englischer Sprache) zur Verfügung. Der Fonds weist eine erhöhte Volatilität auf, d. h. die Anteilswerte sind auch innerhalb kurzer Zeiträume großen Schwankungen nach oben und unten ausgesetzt, wobei auch Kapitalverluste nicht ausgeschlossen werden können. Das ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Die Inhalte dieser Unterlage stellen weder ein Angebot, eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung noch eine Anlageanalyse dar. Stand: März 2019