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Eigentlich hat Lyft ein pinkes Logo. Doch um sich zu erkennen zu geben, leuchten die Taxis farblich synchron zur App des jeweiligen Kunden.

Foto: Reuters / Chris Helgren

New York / Wien – Irgendetwas mit Internet – diese Information hat vor zwanzig Jahren oft ausgereicht, um enorme Investitionen für Garagen-Start-Ups aufzustellen, die noch nie einen Cent Gewinn gemacht hatten. Mit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 starb auch so mancher Traum vom disruptiven Goldesel. Die Abenteuerlust der Financiers wurde damit jedoch nicht vollkommen ausgebremst, wie die anstehenden Börsengänge der tiefrot operierenden US-Fahrdienstleister Uber und Lyft zeigen.

Keine Angst vor Spekulation

Zumindest beim Börsengang an der New Yorker Tech-Börse Nasdaq hat Lyft seinen größeren Konkurrenten Uber knapp überholt: Am Montag begann das Unternehmen mit dem pinken Logo, potenzielle Aktionäre zu umgarnen. Zwei Milliarden Dollar soll die Erstemission einbringen. Die Konzernleitung hofft auf eine Gesamtbewertung von über 20 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Dem Rivalen Uber, der ebenfalls demnächst an die Börse gehen will, wird von Analysten eine mögliche Bewertung von rund 120 Milliarden in Aussicht gestellt. Der Optimismus der Fahrdienstleiter beruht nicht auf einem profitablen Geschäftsmodell, sondern ihren enormen Wachstumszahlen.

Bei Lyft gewährte man im Vorfeld des Börsengangs erstmals nähere Einblicke in die Bücher. Im Vorjahr überstieg der Umsatz dank 18,6 Millionen aktiver Nutzer die Zwei-Milliarden-Dollar Marke. Das war doppelt so viel wie im Jahr davor und ein Wachstum von über 500 Prozent gegenüber 2016. Gleichzeitig stieg der Verlust binnen eines Jahres von 688 auf 911 Millionen Dollar. Ein Minus, das sich laut Unternehmen angesichts des Expansionskurses weiter verstärken soll.

Uber hatte bereits in den vergangenen Quartalen seine Finanzen offengelegt. 2018 machte der weltweit operierende Konzern bei einem Umsatz von gut elf Mrd. einen vorsteuerlichen Verlust von 1,8 Milliarden Dollar. Dabei haben Fahrdienstleister wie Uber und Lyft einen Vorteil: Sie stellen nur die Software zur Verfügung. Sie müssen keine Autos anschaffen, und ihre Fahrer sind auch nicht beim Unternehmen angestellt. Dass Fahrdienstleister trotzdem hohe Verluste machen, liegt an ihrer aggressiven Preisstrategie. Um Märkte zu erobern, bieten Uber und Lyft Tarife an, die nicht kostendeckend sind.

Preiskampf ohne Ende?

Die Hoffnung von Uber und Lyft ist freilich, irgendwann ausreichend Marktanteile zu ergattern, um Preise anzuheben. Doch das freie Spiel der Kräfte ist in vielen Ländern ausgesetzt. Uber musste 2016 einen herben Rückschlag einstecken, als der Konzern versuchte, den einheimischen Rivalen Didi Chuxing in China zu verdrängen. Als die Staatsführung in Peking den Markt für Fahrdienstanbieter liberalisierte, führte die Regierung gleichzeitig ein Verbot von nicht kostendeckenden Fahrpreisen ein. Uber hatte mit dem Marktzugang in der zweitgrößten Volkswirtschaft seinen wichtigstes Trumpf verloren.

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Eine Test-Flotte von fahrerlosen Uber-Autos bringt sich in Formation.
Foto: AP /: Gene J. Puskar

Auch in anderen Ländern stellen sich Regulatoren auf Kosten der Konsumenten gegen den Preiskampf. Jüngst wurde Uber in Wien dazu verpflichtet, sich an die fixen Taxitarife zu halten. Skeptiker verweisen auch auf die Ursprünge des Taxigewerbes: Bevor es etwa in New York Lizenzen gab, war der Wettbewerb notorisch hart und die Margen klein. Einem anhaltenden Preiskampf von Anbietern mit bequemer App steht im Prinzip nichts im Wege.

All das ist an Investoren nicht vorübergegangen. Wie so oft in der Tech-Branche liegen die Hoffnungen auf einer noch ausstehenden Revolution: dem autonomen Fahren. Uber macht auch Verluste, weil es viel Geld in die Entwicklung selbstfahrender Autos steckt. Über ihren Investor Alphabet (Google) treibt Lyft ebenfalls die Entwicklung autonomer Taxis voran. Ohne Fahrer würden die Profitmargen der Fahrdienstleister in die Höhe schießen.

Weil Entwicklung und Anschaffung autonomer Autos im Gegensatz zur Taxiruf-Software immens teuer sind, hat der erste Anbieter auf dem Markt die Chance, groß abzuräumen. Aktionäre, die bald bei Lyft und Uber einsteigen, setzen nicht auf eine schicke App, sondern die Revolution der Mobilität. (Leopold Stefan, 19.3.2019)