Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) rechnet – ungeachtet der Skepsis mancher Experten – mit rund 200 Mio. Euro Aufkommen durch die neue Digitalsteuer. Den größten Teil davon erwartet er sich durch die Ausdehnung der Einfuhrumsatzsteuer im Online-Handel, weitere Einnahmen durch Online-Vermittlungsplattformen wie AirBnB und die erstmalige Besteuerung von Online-Werbeumsätzen.

Dienstagnachmittag gab Löger in seinem Ministerium den Startschuss zu einem Expertenhearing zum Digitalpaket. Bis Anfang April sollen die Fachleute Vorschläge für die Umsetzung erarbeiten, sagte er vor Beginn der Gespräche. Unter den Experten finden sich Vertreter des Ministeriums, des Kanzleramtes, vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP), dem ORF, der Internetoffensive Österreich und des Interactive Advertising Bureau Austria (IAB).

Balanceakt

Das nationale Digitalpaket soll mehr Fairness in der Besteuerung in Österreich bringen, nachdem eine Digitalsteuer auf EU-Ebene gescheitert ist. Die Zielsetzung sei klar: "Wir wollen mehr Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit zwischen traditioneller und digitaler Wirtschaft." Es sollten für eine faire Besteuerung die großen internationalen Konzerne angesprochen und erreicht werden, betonte der Minister vor Medienvertretern. Gerade große internationale Konzerne seien "sehr kreativ und können Gewinne verbergen" – Gewinne nämlich, die bis zu 40 Prozent des Umsatzes ausmachen könnten.

Für den Bereich der Online-Werbung gehe es um eine vernünftige Balance und Fairness gegenüber der herkömmlichen Werbung. Letztere ist mit 5 Prozent Abgabe belegt, die Online-Werbung dagegen komme steuerfrei davon, so der Minister. Die Expertenrunde diskutiere hier eine Digitalsteuer auf die Umsätze im Bereich der Online-Werbung. Und außerdem, so Löger, wolle man die Vermittlungsplattformen bei Informationen in die Pflicht nehmen, inklusive Haftungen. Im Gespräch ist ja eine Meldeverpflichtung.

Zoll ab erstem Euro schließt "Schlupfloch"

Ob die geplante "Digitalsteuer" dem Staat tatsächlich bis zu 200 Mio. Euro einbringt, wird aus Sicht des Wifo-Steuerexperten Simon Loretz nicht überprüfbar sein, weil es nicht den "einen" Posten gibt, in dem alles zusammenfließt. Dennoch seien die Maßnahmen "gerechtfertigt" und würden "zu Fairness und Steuergerechtigkeit" beitragen. Derzeit seien "die Ehrlichen die Blöden", etwa bei Vermietungen über AirBnB. Allein die "Drohung" der Finanz habe hier schon zu deutlich höheren Einnahmen aus AirBnB-Ortstaxen geführt.

Auch bei der geplanten Ausweitung der Einfuhrumsatzsteuer für Importe aus Drittländern sei die Absicht, "Missbrauch zu begrenzen", so der Wifo-Experte. Im Gespräch ist ja, dass künftig ab dem ersten Euro Warenwert Umsatzsteuer fällig ist, zur Zeit ab 22 Euro. Eine generelle Besteuerung der Einfuhren im Online-Handel aus Ländern außerhalb der EU wird aber wohl erheblichen Verwaltungsaufwand bringen, sagte Steuerrechtler Benjamin Twardosz, Partner der Wiener Anwaltskanzlei Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, am Dienstagnachmittag zur APA. Denn die 22-Euro-Grenze gebe es aus Vereinfachungsgründen. Andererseits könne man nun "ein Schlupfloch schließen", denn "bisher war vieles falsch deklariert", nämlich wertmäßig zu niedrig.

Gewinnbesteuerung könnte nicht viel bringen

Die eigentliche Digitalsteuer – die nun offenbar als Online-Werbeabgabe kommen soll – hält Rechtsanwalt Twardosz für "problematisch, weil hier vorgegeben wird, den Gewinn zu besteuern". Lange sei beklagt worden, dass die großen internationalen Internetkonzerne "zu wenig Steuern auf ihre Gewinne zahlen" würden. Das stimme auch, "aber an die kommt man nicht heran, weil die Gewinne 'im Ausland' erzielt werden", so Twardosz: "In Österreich gibt es keine Betriebsstätte."

Die Online-Werbeabgabe werde, falls sie 3 Prozent des Bruttowerbewerts betragen solle, "vermutlich nicht mehr als 10 bis 15 Millionen Euro" jährlich bringen, glaubt Wifo-Experte Loretz, die Neuregelung böte aber "Chancengleichheit" mit Print-Werbung. Ansatzpunkt seien Firmen, die etwa auf Google Werbung schalten. Hier werde der spezifische Österreich-Werbewert zu versteuern sein. Twardosz von Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati rechnet aber damit, dass "das Steueraufkommen nicht sehr hoch sein" wird, "das hat eher Symbolcharakter und Signalwirkung", meint er. (APA, 19.03.2019)