Sozialministerin Beate Hartinger-Klein will eine Arbeitspflicht für anerkannte Flüchtlinge.

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Im Übereinkommen der Uno-Arbeitsorganisation ILO aus dem Jahr 1930 wird Zwangs- und Pflichtarbeit so definiert: "Jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat." Ausnahmen gibt es für Militärdienst, Inhaftierte und für Katastrophenfälle.

Für Asylberechtigte gibt es keine Ausnahme. Das ist auch gut so. Denn genau mit derartigen internationalen Regelungen wird verhindert, dass populistische Politiker nach Gutdünken schalten und walten können.

Dass es derartiger Klarstellungen bedarf, ist eigentlich traurig genug. Anlass sind Feststellungen von Arbeits- und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Sie sagte in der Kärntner "Krone": "Entweder qualifiziere ich diese Asylberechtigten, oder ich setze sie verpflichtend ein, etwa im land- und forstwirtschaftlichen Bereich." Aber wahrscheinlich hat sie es gar nicht so gemeint, wie es klingt. Am Dienstag präzisierte die FPÖ-Ministerin, dass es ohnehin eine indirekte Arbeitsverpflichtung gebe. Denn Empfänger von Sozialleistungen müssen in der Regel zumutbare Jobs annehmen. Also kein Grund zur Aufregung?

Nicht ganz. Es sind genau diese ständigen Anspielungen, Zweideutigkeiten und Nebelgranaten, mit denen der Juniorpartner in der Regierung seine Existenzberechtigung untermauern will. Die aktuelle Lage ist für Asylberechtigte genau die gleiche wie für Österreicher: Wer Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder Mindestsicherung bezieht, muss einen Job annehmen, wenn dieser zumutbar ist. Wer das verweigert, riskiert die Sperre der Unterstützungsleistungen. Das heißt aber noch lange nicht, dass es eine Verpflichtung zur Annahme einer Arbeit gibt. Hartinger-Klein weiß das natürlich, schwingt aber offenbar bewusst die Arbeitskeule. Bei der eigenen Klientel macht sich das wahrscheinlich gut.

Alternative Fakten

Sie bedient damit ziemlich niedrige Instinkte: endlich eine, die den Flüchtlingen, die uns seit Jahren auf der Tasche sitzen, den Marsch bläst. Die Ministerin tritt damit zusehends in die Fußstapfen von Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl, die das Ausländerthema beständig am Köcheln halten.

Insbesondere dann, wenn die FPÖ die kleinen Leute düpiert, poppen alternative Fakten auf: Islamismus, Kriminalität (von Ausländern) oder eben jetzt die Notwendigkeit einer Arbeitspflicht. Es wird so lange gezündelt, bis der Rauch die eigenen Probleme vernebelt. Hartinger-Klein hat mit Äußerungen zur Zerschlagung der Unfallversicherung AUVA oder zum Arbeitszeitgesetz längst demonstriert, wo sie steht. Den Vogel schoss sie mit dem Sager ab: "Wer schafft die Arbeit? Die Wirtschaft schafft die Arbeit." Als bildeten nicht Unternehmen und Beschäftigte gemeinsam die Wirtschaft.

Derartige Positionen sind der FPÖ mit ihrer tiefen Verwurzelung in der Arbeiterschaft natürlich nicht zuträglich. Daher wird das Ausländerthema strapaziert, das auf fruchtbaren Boden fällt. Besonders paradox sind die Äußerungen, weil Asylwerbern der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt und die Integration der Flüchtlinge generell vernachlässigt wird. Selbst dringend benötigte Lehrlinge werden stur abgeschoben. Asylberechtigte will Hartinger-Klein jetzt zum Kampf gegen die Borkenkäfer verpflichten. Zur Schädlingsbekämpfung sind Flüchtlinge offenbar gerade gut genug. (Andreas Schnauder, 19.3.2019)