Vielen Seniorinnen und Senioren würde ein Umzug bevorstehen, heißt es in einer aktuellen Studie.

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Vor einer "grauen Wohnungsnot" warnte der Immobilien-Entwickler Silver Living am Donnerstag. Das Unternehmen, das auf die freifinanzierte Errichtung von Einheiten für "Betreutes Wohnen" spezialisiert ist, präsentierte einen Marktbericht, der gemeinsam mit Wohnbauforscher Wolfgang Amann (IIBW) erstellt wurde. Viele Senioren würden im Alter und mit Pflegebedarf ihren derzeitigen Wohnstandard nicht halten können, häufig werde ein Umzug notwendig werden, so eine der Erkenntnisse. "Sinkende Pensionen, steigende Mieten, teure Umbaukosten: Viele Seniorinnen und Senioren werden sich aus ökonomischen Gründen kaum noch ihre Wohnung leisten können", schlussfolgert Amann. Eine regelrechte "Umzugswelle" bei älteren Menschen sei vorprogrammiert.

Viele Singles auf zu viel Raum

Schon jetzt würden mehr als die Hälfte der Haushalte in der Altersgruppe 60 plus nur noch aus einer Person bestehen. Bei den 60-Jährigen würden sich Singles und Paare noch mit jeweils rund 45 Prozent etwa die Waage halten, in den weiteren Altersgruppen legen die Single-Haushalte dann stark zu. Das Alleinleben von Männern und Frauen unterscheide sich dabei grundlegend: Bei den Männern leben etwa 15 Prozent über die gesamte Lebensspanne hinweg alleine. Bei den Frauen hingegen sei das Alleinleben "eine Funktion des Alters": Nur zehn Prozent der 30-Jährigen, aber 60 Prozent der 80-Jährigen Frauen leben ohne Partner. Die Wohnversorgung von Seniorinnen und Senioren sei qualitativ ähnlich hochwertig wie die der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig würden ausgeprägte Armutslagen bestehen, etwa bei älteren Frauen mit Mindestpension. Für 15 Prozent der alleinstehenden älteren Frauen, aber nur für acht Prozent der Männer bedeuten die Wohnkosten eine starke Belastung, analysierte Amann.

Zu beachten ist hier aber, dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Person bei Seniorinnen und Senioren weit über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung liegt. Letzterer beträgt 45 Quadratmeter, bei alleinstehenden, selbstständig lebenden Seniorinnen und Senioren sind es nicht weniger als 80 Quadratmeter. "Sie leben häufig in Wohnungen und Häusern, die im Zuge der Haushaltsbiografien über die nunmehrigen Ansprüche hinausgehen", sagt Amann. "Beispielsweise lebt die Hälfte der alleinstehenden Frauen in Wohnungen oder Häusern mit vier und mehr Wohnräumen." Meist sind es Gebäude aus der Nachkriegszeit bis in die 1970er-Jahre, viele davon nicht barrierefrei.

Gemeinschaftliche Wohnformen gefragt

Nur sieben Prozent seien mittlerweile in Neubauten umgezogen. Die Wohnmobilität von Seniorinnen und Senioren steige zwar, liege aber nach wie vor deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt. "Zwei von drei Mieter-Haushalten haben während des vergangenen Jahrzehnts die Wohnung gewechselt. Bei den mietenden Single-Senioren waren es demgegenüber nur 30 Prozent", weiß Amann.

Hinsichtlich der eingangs schon erwähnten drohenden Verschlechterung der Einkommenssituation werde für viele der "Verbleib in der erreichten Wohnform" nicht mehr haltbar sein, fürchtet Amann. Weil eine kleinere Neubauwohnung allerdings in vielen Fällen genauso viel kosten wird wie die alte, größere, könne mit einem solchen Umzug oft keine Kostensenkung erreicht werden. "Um die Wohnkosten der Mieterhaushalte 70plus in tragbaren Rahmen zu halten, werden somit künftig auch gemeinschaftliche Wohnformen – etwa Wohngemeinschaften – und Quartierskonzepte in den Städten an Bedeutung gewinnen", meinen die Silver-Living-Geschäftsführer Walter Eichinger und Thomas Morgl.

Großes Potenzial für Betreutes Wohnen

Kommt dann noch ein Pflegebedarf dazu, sei Betreutes Wohnen gefragt. Und hier sieht Silver Living riesige Marktchancen für sich: Die jährliche Bauleistung Betreuter Wohnungen liege österreichweit derzeit bei rund 1.500 Einheiten, der aktuelle Bestand liege bei rund 17.000 Einheiten. Benötigt werden bis 2029 aber rund 87.000 weitere Wohneinheiten, rechnen Eichinger und Morgl vor. Sieben bis zehn Prozent der Über-70-Jährigen würden nämlich Betreutes Wohnen in Anspruch nehmen, würden Studien zeigen. "Unseren Schätzungen und Erfahrungen zufolge betragen die durchschnittlichen Investitionskosten ca. 167.000 Euro pro Betreuter Wohneinheit. Österreich steht somit mit einem geschätzten Investitionsbedarf in altersgerechtes Wohnen von rund 14,5 Milliarden bis 2029 vor einer großen Herausforderung." (red, 21.3.2019)