Christoph Dichand, Herausgeber, Chefredakteur und Gesellschafter der "Krone", hier bei einem Sommerfest des Kleinformats 2013.

Foto: OTS/Mediaprint/Peter Tomschi

Während sein "Krone"-Partner. die Funke-Gruppe, an der Entlassung von "Krone"-Chefredakteur Christoph Dichand arbeiten, begleitet Investor René Benko (links) Kanzler Sebastian Kurz in die arabischen Emirate – im Bild der Besuch bei Kronprinz Mohammed bin Zayed Al Nahyan (re.).

Foto: Bundeskanzleramt/Dragan Tatic

Drei besondere Schiedsrichter kommen am Montag in Wien zusammen. Sie werden über die Zukunft von Österreichs weitaus größter Tageszeitung entscheiden. Sie entscheiden darüber, wer bei der "Krone" bestimmt. Und darüber, wem diese "Kronen Zeitung" in Zukunft gehört. Parallel aber könnten sich ordentliche Gerichte mit der Entlassung von Miteigentümer Christoph Dichand als Chefredakteur beschäftigen.

Funke noch federführend an Bord

Wem die "Krone" gerade gehört, ist nicht allen klar. Das "manager magazin" zum Beispiel berichtet gerade, die deutsche Funke-Gruppe habe ihre 50 Prozent an Österreichs größtem Kleinformat schon komplett verkauft, und mit ihnen auch ihre knapp unter 50 Prozent an Mediaprint-Partner "Kurier". An René Benko, der Ende 2018 bei jener Holding einstieg, in der das große deutsche Regionalmedien- und Magazinhaus Funke seine österreichischen Beteiligungen geparkt hat. Also exakt 50 Prozent an der "Kronen Zeitung" und 49,44 Prozent am "Kurier".

Das ist, soweit sich das von außen überblicken lässt, nicht wahr, jedenfalls noch nicht. Nach STANDARD-Infos gibt es im – an die zehn Zentimeter dicken – Vertrag zwischen der Funke-Gruppe und dem österreichischen Immobilienmilliardär Benko Optionen auf die übrigen "Krone"- und "Kurier"-Anteile der Funke-Gruppe. Aber für diese Übernahme sind Bedingungen vereinbart. Und über eine zentrale Bedingung für Benkos Kauf entscheidet das Schiedsgericht – nicht am Montag und nicht in Wien, aber in den nächsten Monaten oder Jahren.

Dichands garantierte Millionen

Benko, so die unbestätigten STANDARD-Infos, übernimmt die Funke-Anteile komplett, wenn das Schiedsgericht die 1988 beim Einstieg der Funke-Gruppe vereinbarten Vorrechte für die Familie Dichand beseitigt hat. Das schmuckste Vorrecht ist ein garantierter jährlicher Gewinn in ernster einstelliger Millionenhöhe für die Dichands, für den die Mitgesellschafter geradestehen müssen, wenn der Verlag nicht genügend abwirft. Erst 2017 hat die Funke-Gruppe einige Millionen dafür überwiesen – weil ein früheres Schiedsgericht die Garantie bestätigt hat.

Die Funke-Gruppe hat den Syndikatsvertrag mit den Dichands, der den österreichischen Eigentümern auch Vorrechte in Redaktion und Personal einräumt, 2017 neuerlich gekündigt. Ab 2017, 30 Jahre nach ihrem Abschluss, sehen diese Syndikatsverträge selbst erstmals eine Kündigungsmöglichkeit vor. Die Dichands bekämpfen diese Kündigung vor einem Schiedsgericht.

Sie argumentieren nach STANDARD-Infos, dass eine Kündigung der Syndikatsverträge zwischen den "Krone"-Gesellschaftern – Familie Dichand und Funke – nur mit einer Kündigung der "Krone"-Gesellschaftsverträge selbst möglich wäre.

Trennungs-Schmerzen

Damit ist der Schiedsspruch, wann immer er kommt, für die "Krone"-Eigentümer entscheidend. Können die Syndikatsverträge – eigentlich heißt der Vertrag "Rahmenvereinbarung" – nicht gekündigt werden, sind die Mitgesellschafter der Dichands, ob die nun Funke oder Benko heißen, quasi lebenslänglich gebunden. Ein womöglich entscheidender Punkt: Nicht in allen gemeinsamen "Krone"-Gesellschaften soll die Kündigungsmöglichkeit 30 Jahre nach Vertragsabschluss dezidiert festgeschrieben sein.

Steuerprüfung und Spesenvorwürfe

Unmittelbar vor dem Schiedsrichten in Wien in dieser letzten März-Woche nahm das große Hauen und Stechen zwischen Familie Dichand und Funke-Gruppe wieder so richtig Fahrt auf. Die Funke-Gruppe verlangt – wegen unberechtigter Spesenabrechnungen – die Entlassung von Christoph Dichand als Chefredakteur der "Kronen Zeitung". Dichand konterte mit der Ankündigung, er werde die Funke-Gruppe als "lästigen Gesellschafter" auf Ausschluss aus dem gemeinsamen Verlag klagen.

Dichands Spesenfrage freilich warf nach STANDARD-Recherchen nicht die Funke-Gruppe auf. Eine Steuerprüfung der "Krone" soll auf die Spesen und Reisekostenabrechnungen Dichands gestoßen sein – und eine – für die steuerliche Anerkennung nötige – "betriebliche Veranlassung" dieser Spesen verneint haben.

Christoph Dichands Anwältin im Clinch mit der Funke-Gruppe, Huberta Gheneff, erklärte dem STANDARD am Freitag: Dichand würde hier "mit alten Rechnungen konfrontiert" die Funke-Gruppe erhebe "Vorwürfe, die haarsträubend sind", sagt Gheneff. Sie seien "mehrfach geprüft und als betriebsnotwendig im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Chefredakteurs anerkannt".

Die Finanz, sagen andere Quellen des STANDARD, habe die Spesen nicht anerkannt. Nach – unbestätigten – STANDARD-Infos soll Christoph Dichand im Gefolge der Steuerprüfung und der darauf basiernden Untersuchungen im Auftrag der Funke-Gruppe – laut "Österreich" durch die Wirtschaftsprüfer von Deloitte – einen fünfstelligen Pauschalbetrag an die "Krone"-Gesellschaft überwiesen haben.

Der Vor-Fall

Im Sommer 2017 ließ die Funke-Gruppe – nach einer großen Betriebsprüfung über die Jahre 2013 bis 2015 – die Wirtschaftsprüfer von KPMG die Spesen und Prämien eines von "Krone"/Dichands entsandten Mediaprint-Geschäftsführers prüfen. Im Juni 2017 verließ dieser Manager den "Krone"-"Kurier"-Verlagskonzern, Österreichs größtes Zeitungshaus, sehr rasch, und, wie man so sagt, im beiderseitigen Einvernehmen.

Patt zu Dichands Entlassung

Am Freitag nun tagte die Gesellschafterversammlung der "Kronen Zeitung" zum Dichandschen Spesenthema. Ergebnis: gleich viele Stimmen für die von der Funke-Gruppe beantragte Entlassung Christoph Dichands wegen des Vorwurfs der Untreue wie dagegen. Bei Eigentumsverhältnissen von 50 Prozent Dichand und 50 Prozent Funke(/Benko) ist das nicht weiter verwunderlich.

Aber: Die 50 Prozent der Familie Dichand gehören seit 2018, als das Erbe des "Krone"-Gründers Hans Dichands acht Jahre nach dessen Tod geregelt ward, zu jeweils 12,5 Witwe Helga Dichand und den Nachkommen Michael, Johanna und Christoph Dichand. Nach – wiederum unbestätigten – STANDARD-Infos stimmte Christoph Dichand in der Gesellschafterversammlung mit über seine Causa.

Stimmungsfrage

Das wirft die Frage auf: Können unmittelbar Betroffene in der Gesellschafterversammlung eines Unternehmens mit abstimmen, ob sie eine Funktion weiter ausüben dürfen?

Das österreichische GesmbH-Gesetz spricht in Paragraf 39 Absatz 4 Gesellschaftern das Stimmrecht ab, wenn sie einen Vorteil für sie beschließen oder damit von einer Verpflichtung befreit werden. Zudem dürfen sie nicht mitstimmen, wenn es um ein Geschäft mit der Gesellschaft oder einen Rechtsstreit mit der Gesellschaft geht. Absatz 5 besagt:_"Wenn ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll, so ist er bei der Beschlußfassung in der Ausübung seines Stimmrechtes nicht beschränkt."Nach STANDARD-Infos haben die vier Mitglieder der Dichand-Familie zudem vertraglich vereinbart, dass sie bei Abstimmungen in der Krone gemeinsam mit einer Stimme entscheiden.

Wer den seit Jahrzehnten vor Schiedsgerichten wie ordentlichen Gerichten tobenden Krieg der "Krone"-Gesellschafter verfolgt, der kann davon ausgehen: Auch die jüngste Streitfrage wird vor Gericht landen.

Das jüngste Gericht

Schauplatz zur Klärung solcher Fragen in erster Instanz ist üblicherweise das Handelsgericht Wien. Ein solches Verfahren würde wohl durch alle Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof ausgefochten – das kann ein paar Jahre dauern, mit vier oder fünf kann man da rechnen.

Oder das nächste Schiedsgericht wird mit dem Stimmverhalten Dichands über seine Entlassung befasst. Für Streit der Gesellschafter sehen die "Krone"-Syndikatsverträge ein solches Schiedsgericht nach Schweizer Recht vor. Die zerstrittenen Gesellschafter nominieren je einen Schiedsrichter, und die müssen sich auf einen Vorsitzenden einigen.

Wenn das am Montag wieder tagende Schiedsgericht diese Syndikatsverträge nicht schon vorher aufhebt.

Und wenn nicht die Dichands mit ihrer Klage auf Ausschluss der Funke-Gruppe als "lästiger Gesellschafter" aus der "Krone" durchkommen. Die Klage kündigte Anwältin Gheneff am Freitag an, ein Konter auf den Entlassungs-Antrag der Funkes gegen Dichand. Aber auch ein solches Ausschlussverfahren wird durch alle Instanzen gehen – und Jahre brauchen.

"Verkauf kommt nie infrage"

Die "Krone" veröffentlichte am Samstag vorab Passagen aus ihrem Interview mit Christoph Dichand für die Jubiläumsausgabe am 11. April, zu den ersten 60 Jahren des Kleinformats. 1959 hat Dichands Vater Hans die "Krone" wiedergegründet.

Dort sagt Christoph Dichand: "Ein Verkauf der 'Krone' käme für unsere Familie nie infrage, eher ein Zukauf." (fid, 24.3.2019)