Über Triathlons in ganz Europa, seine Zeit mit Jörg Haider und die Vorzüge seiner Asylpolitik: Zwei Stunden lang plauderte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Sonntagmorgen bei Claudia Stöckl in "Frühstück bei mir" auf Ö3. Danach lief das Internet heiß. In den 22 Jahren der Sendung habe sie "noch nie so viel Feedback zu einer Sendung bekommen", sagt Stöckl auf STANDARD-Anfrage. Das Gespräch habe polarisiert, "so wie der Minister. Kickl hat alles getoppt".

"Ich bete eigentlich jeden Tag, ja"

In dem Interview sprach Kickl unter anderem über seine anfängliche Überforderung als Innenminister, überraschte mit einem Geständnis über seinen "tiefen christlichen Glauben" (Stöckl): "Ich bete eigentlich jeden Tag, ja." Und er erklärte sein Verhältnis zu gelebter Nächstenliebe: "Für mich geht's darum, einen guten Umgang zu haben mit meiner Familie, für mich geht's darum, einen guten Umgang zu haben mit meinem Nachbarn. Ich glaub', man muss zunächst im Eigenen schauen, bevor man den Anspruch stellt, die ganze Welt verbessern zu wollen."

In sozialen Medien gehen jedenfalls die Wogen hoch. Kritiker vermuten Werbung des "Regierungsfunks" ORF für den Innenminister:

Ebenso gibt es Lob für Stöckls Fragestil:

"Das Format ist kein politischer Talk, ich bin nicht Susanne Schnabl und auch nicht Armin Wolf", sagt Stöckl über die Kritik. Die Reaktionen hätten sie in der "Heftigkeit überrascht". In der Sendung gehe es darum, "Persönlichkeiten zu hinterfragen: Wie tickt dieser Mensch sonst?"

Am Sonntag war Innenminister Herbert Kickl zu Gast bei Claudia Stöckl in der Ö3-Sendung "Frühstück bei mir".
Foto: Ö3/Martin Krachler

Wenn etwa jemand wie der Innenminister für seine restriktive Asylpolitik bekannt sei, "scheint es mir schon wichtig, sein Mitgefühl, seinen Glauben zu hinterfragen: Wie kann er die Haltung, die er hat, mit seiner Politik vereinen?" Weshalb sie auch Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) unlängst in der Sendung fragen musste, "warum sie immer noch den dieselbetriebenen Volvo fährt".

"Damit sich Menschen Gedanken machen"

Ihre Aufgabe, für Gesprächsstoff zu sorgen, sieht Stöckl erfüllt: "Wir wollen eine Person so darstellen, dass sich Menschen Gedanken darüber machen und auch diskutieren. Das ist uns gelungen."

Einen Zusammenhang zwischen der Einladung und Regierungsplänen zum neuen ORF-Gesetz sieht Stöckl nicht. Sendung und ORF-Debatte seien "leider in ein und dieselbe Woche gefallen". Den Plan, den Minister einzuladen, habe sie bereits Ende Jänner nach Kickls Aussage, das Recht solle der Politik folgen, gefasst. Über die Zusage sei sie sogar überrascht gewesen, "weil bekannt ist, dass er über Persönliches nicht sprechen will". Das Gespräch hätte laut Stöckl schon vor 14 Tagen stattfinden sollen und sei auch für einen anderen Sonntag geplant gewesen, letztlich aber wegen einer Erkrankung Kickls verschoben worden. (prie, 25.3.2019)