Im Unterhaus standen am Montag erneut mehrere Abstimmungen auf dem Programm. Premierministerin Theresa May erlitt erneut eine Niederlage.

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Theresa May will ihr Austrittspaket noch einmal zur Abstimmung vorlegen – wann, ist noch unklar, weil ihr die notwendige Unterstützung fehlt.

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London – Das britische Unterhaus hat am Montagabend für einen Abänderungsantrag gestimmt, der dem Parlament mehr Kontrolle über den EU-Austrittsprozess gibt. 329 Abgeordnete stimmten für, 302 gegen den Antrag des Konservativen Oliver Letwin, der für Mittwoch Testabstimmungen ("Indicative Votes") über eine Reihe von alternativen Brexit-Vorgehensweisen ermöglicht. Damit soll ausgelotet werden, welcher Plan eine Mehrheit finden kann.

Die Abstimmungen sind unverbindlich, haben aber politisches Gewicht und sind für Regierungschefin Theresa May nur schwer zu ignorieren. Sie hatte als Regierungslinie vorgegeben, den Antrag nicht zu unterstützen. Drei Regierungsmitglieder stimmten allerdings dafür – und traten zurück. Dabei handelte es sich laut Associated Press um Außenstaatssekretär Alistair Burt sowie Richard Harrington (Industrie), der es auf Twitter mitteilte, und Steve Brine (Gesundheit).

In einer ersten Reaktion bezeichnete die Regierung die Annahme des Antrags als "gefährlichen, unberechenbaren Präzedenzfall", der das "Gleichgewicht zwischen den demokratischen Institutionen auf den Kopf stellt".

No-Deal-Brexit abgelehnt

Die für die Abstimmungen am Mittwoch vorgeschlagenen Fragen sind immer wieder die gleichen: Soll es ein weicher oder ein harter Brexit sein? Soll es ein zweites Referendum geben? Oder soll gar der Artikel 50 – also der Austrittsantrag – zurückgenommen werden? Alles ist weiterhin möglich, aber kein gangbarer Weg hat bisher eine Mehrheit. Einzig dass ein No-Deal-Brexit vermieden werden soll, darauf hat sich das Unterhaus festgelegt.

Keine Mehrheit fand sich am Montag im Unterhaus für den Abänderungsantrag der Labour-Abgeordneten Margaret Beckett. Dieser hätte vorgesehen, dass das Parlament in einer Sondersitzung befragt wird, ob es einen Brexit ohne Abkommen oder eine erneute Verlängerung der Austrittsfrist bevorzugt, sollte man auf einen No-Deal-Brexit zusteuern. Der Antrag wurde mit 311 zu 314 Stimmen äußerst knapp abgelehnt.

Abstimmung zu Mays Deal erst später

May hatte zuvor erklärt, noch nicht genügend Unterstützung für ihr mit der EU ausverhandeltes Brexit-Vertragspaket zu haben. Sie will deshalb dem Unterhaus das Abkommen vorerst nicht ein drittes Mal zur Abstimmung vorlegen, sondern zunächst weitere Gespräche mit Abgeordneten führen und erst später in dieser Woche ein Votum abhalten.

Sie betonte noch einmal, dass das vorliegende Vertragspaket nicht erneut verhandelt werden könne. Nach ihren Worten droht deshalb eine weitere Verlängerung des Austrittsprozesses – und damit eine Teilnahme Großbritanniens an der EU-Wahl oder gar eine gesamte Absage des Brexits.

EU plant für No-Deal-Brexit

Die EU bereitet sich inzwischen auf das No-Deal-Szenario vor: Es gebe die "wachsende Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien die EU ohne Abkommen am 12. April verlassen wird", teilte ein EU-Vertreter am Montag mit. Deshalb habe man ein Paket an Notfallmaßnahmen für diesen Fall beschlossen. Übergangsfristen werde es dann nicht geben, auf einen Schlag würde Großbritannien als Drittland behandelt. 20 neue Grenzkontrollpunkte wurden für Warentransporte aus Großbritannien eingerichtet und tausende Zöllner eingestellt. Trotz aller Vorbereitungen: Vor allem für kleinere Firmen könnte es zu Störungen kommen, so der EU-Sprecher.

Dass es May bisher nicht geschafft hat, einen Brexit-Deal durchzubringen, bringt ihr von allen Seiten heftige Kritik ein. Sie habe im Lager der Konservativen keinen Rückhalt mehr, sagte der Tory-Abgeordnete Andrew Bridgen am Montag. Der "Sun" zufolge soll May am Sonntag angedeutet haben, im Gegenzug für eine Zustimmung zu ihrem Brexit-Vertrag einen Rücktritt in Betracht zu ziehen. Spekulationen über die Nachfolger laufen auf Hochtouren. Bisher bringen sich zwar einige Kandidaten vage in Position, doch das Amt tatsächlich übernehmen und sich mit dem leidigen Brexit-Thema anpatzen – das will bisher keiner. (Noura Maan, Anna Sawerthal, 25.3.2019)