Obst, Gemüse und Fisch schmecken gut, lassen gesunde Menschen aber nicht länger leben. Wir sind ausreichend mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt, auch ohne Ernährungspyramide.

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Wer seinem Körper Energie zuführen will, muss den Mund aufmachen.

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Die Österreicher sollen gesünder werden. Mit der Kampagne "Mach den ersten Schritt" will die türkis-blaue Regierung die Bevölkerung zu einem gesunden Lebensstil ermuntern. "Oft fehlt das nötige Grundlagenwissen über gesunde Ernährung", heißt es vonseiten des Gesundheitsministeriums.

Darüber, was das genau bedeutet, besteht dort anscheinend kein Zweifel: Die Ernährungspyramide zeigt, "wie gesundes Ernährungsverhalten im optimalen Fall aussehen kann". Die gängige Empfehlung: Fünf Portionen Obst und Gemüse, vier Einheiten aus Getreide, Reis oder Erdäpfeln täglich, Fett aus pflanzlichen Quellen, wenig Fleisch und Zucker.

Doch leben wir dadurch länger und schützt uns das vor Krebs oder einem Herzinfarkt? Diese Frage wurde in der Women's Health Initiative-Studie (WHI) untersucht. Forscher eruierten dabei unter anderem den Einfluss von Ernährung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das Brust- und Darmkrebsrisiko sowie die Sterberate.

Ernüchterndes Ergebnis

Acht Jahre lang nahmen fast 49.000 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren an der Studie teil. Die Hälfte der Probandinnen erhielt eine intensive Verhaltenstherapie zu gesunder Ernährung, aß fettarm und ballaststoffreich, fünfmal pro Tag Obst und Gemüse, die anderen änderten ihren Ernährungsstil nicht.

Das ernüchternde Ergebnis: Der Effekt war gleich null, Kontroll- und Interventionsgruppe unterschieden sich in keinem der Endpunkte. "Ernährungspyramiden versuchen, eine Wahrheit in Essensfragen zu vermitteln, die es nicht gibt", fasst Jana Meixner vom Department für Evidenzbasierte Medizin der Donau-Uni Krems den aktuellen Stand der Forschung zusammen.

Auch die vielgepriesene mediterrane Kost mit viel Gemüse, Fisch und Olivenöl ist demnach nur ein Gesundheitsmythos. Spanische Forscher beobachteten 3541 ältere Probanden vier Jahre lang, ob sie an Diabetes Typ-2 erkrankten. Ein Teil der Studienteilnehmer aß weiter wie bisher, ein Teil machte eine mediterrane Diät, primäre Fettquelle war Olivenöl. 8,8 Prozent der Menschen in der Kontrollgruppe erkrankten an Diabetes Typ-2, in der Olivenölgruppe waren es 6,9 Prozent. Die absolute Risikoreduktion war mit 1,9 Prozent also äußerst gering.

Was ungesund ist

Ist es also egal, wie wir uns ernähren? Nein. Die meisten Ernährungsstudien lassen zwar keinen Schluss über Ursache und Wirkung zu, doch aus ein paar qualitativ hochwertigen Übersichtsarbeiten und Metaanalysen lassen sich durchaus Ernährungsempfehlungen ableiten.

Gut belegt ist, dass Transfette das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Sie entstehen bei der meist künstlichen Härtung von flüssigen Fetten, die dann vor allem in industriell produzierten Backwaren und im Fastfood landen. Ein weiterer Verdächtiger sind gesättigte Fettsäuren, die in Schmalz, Fleisch und Milch vorkommen. Wer sie reduziert und durch ungesättigte ersetzt, kann sein Herzinfarktrisiko leicht senken.

Auch hochverarbeitetes Fleisch sollte eher in Maßen genossen werden. Die bisher veröffentlichten Studien liefern belastbare Hinweise, dass durch Gepökeltes und Wurst das Darmkrebsrisiko ein wenig steigt. Was noch bekannt ist: Zuckerhaltige Limonaden sind keine gute Alternative zu Wasser. Wer über Jahre sehr viel davon trinkt, hat ein leicht erhöhtes Risiko für Diabetes Typ-2. Das Fazit von Jana Meixner: "Die optimale Ernährung für alle gibt es nicht, ungesunde Ernährung wird aber eher unterbewertet." (Günther Brandstetter, CURE, 14.4.2019)