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Weder "Herumlungern" noch sportliche Aktivitäten sind auf der Kaiserwiese im Wiener Prater erwünscht. Die Regelung gilt in etwa seit der Einführung des Alkoholverbots auf dem Praterstern.

Foto: Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedesk.com

Seit einigen Monaten weisen Tafeln am Rande der Kaiserwiese im Wiener Prater auf bestimmte Regeln hin, die dort und im angrenzenden Wurstelprater zu beachten sind: Verboten ist etwa "Herumlungern", "Betteln" oder "Hausieren". Personen, die durch Alkohol oder Suchtmittel "stark beeinträchtigt" sind, können außerdem des Platzes verwiesen werden, wie der STANDARD berichtete.

Eingeführt wurden diese Regeln kurze Zeit nach der Verhängung des Alkoholverbots auf dem naheliegenden Praterstern von der Prater Gmbh – einem Tochterunternehmen der Stadt -, die die Flächen des Wurstelpraters verwaltet und der die Kaiserwiese von den Wiener Stadtgärten (MA 42) zur Nutzung überlassen wurde.

"Noch keine Lösung"

Die Neuerungen sorgten für politische Diskussionen: Die Wiener Neos sahen die "Verbotspolitik" Ulli Simas (SPÖ), die für die Wiener Stadtgärten verantwortlich ist, auch im Prater angekommen. Die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein kündigte an, sich mit Sima "an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden".

Mittlerweile hat es Gespräche zwischen Hebein und Sima gegeben. "Noch gibt es keine Einigung", sagt Hebein. Man warte derzeit die bevorstehende Evaluierung des Alkoholverbots auf dem Praterstern ab.

Es sei jedenfalls nach wie vor "schlichtweg unsinnig, dass jetzt zu Frühlingsbeginn ein öffentlicher Grünraum wie die Kaiserwiese mit Verboten belegt wird". Gerade in Anbetracht der immer heißer werdenden Sommer sei es wichtig, dass sich Menschen ungestört in Grünräumen in Wien aufhalten dürfen.

Experte ortet "Dammbruch"

Doch auch wenn auf politischer Ebene noch keine Lösung gefunden wurde – die Kaiserwiese und der Umgang mit ihr sorgen nach wie vor für Diskussionen. Christoph Stoik, Professor für soziale Arbeit an der Fachhochschule Campus Wien, ortet eine "Form des Dammbruchs", den die rot-grüne Stadtregierung hier zulasse. Er verweist auf das "Fachkonzept öffentlicher Raum", das von der Stadt selbst ausgearbeitet wurde – und das in eine deutlich andere Richtung weist.

Darin wird die "grundsätzliche Haltung" der Stadt zur Entwicklung des öffentlichen Raums formuliert: Festgehalten wird etwa, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen den öffentlichen Raum verstärkt nutzen – dies betreffe unter anderem Kinder und Jugendliche, aber auch marginalisierte Gruppen. Es sei "davon auszugehen, dass diese Gruppen in den nächsten Jahren größer werden", steht in dem Konzept.

Ausweichfläche Kaiserwiese

Für Stoik steht außer Frage, dass "bestimmte Gruppen natürlich stärker von diesen Verboten betroffen sein werden". Rechtlich dürfte das Regelwerk ebenfalls auf wackeligen Beinen stehen, denn laut Experten dürfe über eine öffentlich zugängliche Fläche nicht per Hausrecht verfügt werden.

"Die Einführung der Hausordnung hat auch mit einer gewissen Hilflosigkeit bezüglich der Durchsetzung des Alkoholverbots auf dem Praterstern zu tun", sagt Stoik. "Denn diese Menschen sind einfach auf die Kaiserwiese ausgewichen." Es könne aber keine Lösung sein, immer mehr Plätze mit entsprechenden Verboten zu belegen.

Schwieriger Kompromiss

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Nutzung sei die Voraussetzung dafür, dass alle Menschen den öffentlichen Raum gleichberechtigt nutzen können, wird im Fachkonzept der Stadt außerdem festgehalten. Genau diese Balance sieht die Bürgerinitiative "Kaiserwiese für alle" aber nicht im Lot: Wegen ihrer vorteilhaften Lage – mit dem Riesenrad als Kulisse – ist die Wiese auch als Austragungsort für Veranstaltungen beliebt.

Kritiker erkennen einen Zusammenhang zwischen den Regulierungen und der verstärkten kommerziellen Nutzung der Wiese. Letztere nehme erneut überhand, sagt Eric Kläring, Sprecher der Bürgerinitiative, die die Fläche seit Jahren beobachtet. Er spielt etwa auf die Wiener Wiesn oder den Wintercircus an, die auf der Kaiserwiese stattfinden. "Hier wird mit öffentlichem Grünraum Geld gemacht", sagt er. Ähnlich argumentiert Stoik: Man müsse sich fragen, ob man in einer Stadt, die wachse, enger werdenden öffentlichen Raum in diese Richtung entwickeln wolle. Der Trend, öffentlichen Raum teilzuprivatisieren, sei jedenfalls in der ganzen Stadt beobachtbar.

Was die Hausordnung betrifft, dürfte ein Kompromiss zwischen Rot und Grün schwierig werden. Denn im Büro von Stadträtin Sima sieht man diesbezüglich auf STANDARD-Anfrage nach wie vor "aktuell keinen Änderungsbedarf." (Vanessa Gaigg, 11.4.2019)