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Im Zusammenhang mit "Appartement-Gate" sind in Bulgarien bereits vier Politiker zurückgetreten.

Foto: REUTERS/Stoyan Nenov

Zu seiner Wohnung gehört eine schicke Terrasse, von der aus man über die bulgarische Hauptstadt blicken kann, mit Sauna und einer Grillstation. Plamen Georgiev ist ein erfolgreicher Mann, vergangenes Jahr wurde er sogar auf Vorschlag der Regierungspartei Gerb zum Chef der Anti-Korruptionskommission in Bulgarien ernannt. Er ist dafür zuständig, dass Beamte und Politiker ihre Vermögensverhältnisse transparent machen – damit man leichter erkennen kann, ob sie etwa Schmiergeld eingesteckt haben. Denn wer mehr besitzt, als er offiziell verdient haben kann, ist schon einmal verdächtig.

Nun hat Georgiev allerdings bei der Angabe seiner eigenen Wohnung, die Terrasse vergessen. Die NGO ACF fand heraus, dass das Appartement auf einer Immobilien-Seite im Jahr 2016 um 265.000 Euro mit 417 Quadratmetern angegeben worden war. Doch Georgiev, der Korruptionsjäger, gab in seiner Steuererklärung an, dass sein Eigenheim nur 204 Quadratmeter umfasse und 146.000 Euro gekostet habe.

"Gemeinsame" Terrasse

Georgiev argumentierte, dass es sich um eine "gemeinsame" Terrasse handeln würde, allerdings ist sie nur über seine Wohnung zu erreichen. Zudem gab er die Terrasse sehr wohl als sein Eigentum an, als es darum ging, einen Bankkredit zu bekommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Georgiev, Präsident Rumen Radev hat ihm das Vertrauen entzogen. Sein Stellvertreter führt nun vorübergehend das Amt.

Der Skandal namens "Appartement-Gate" brach aber schon zuvor aus, als im März bekannt geworden war, dass die rechte Hand von Regierungschef Bojko Borissov, Tsvetan Tsevatnov eine Luxuswohnung zu einem mehr als 25 Prozent unter dem Marktpreis liegenden Wert gekauft hatte. In den folgenden Tagen wurde bekannt, dass auch die Justizministerin und Präsidentschaftskandidatin Tsetska Tsacheva, Vize-Energieminister Georgi Parvanov, die Vizeministerin für Sport Vanja Koleva und der Chef des parlamentarischen Komitees für Kultur Vezhdi Rashidov bei der selben Firma namens Arteks Luxusappartements unter dem Marktpreis erworben hatten. Offenbar waren die Aufdecker einem Muster auf die Schliche gekommen.

Ermittler unter Verdacht

Das Heikle ist nun, dass die Anti-Korruptionskommission unter Georgiev dafür zuständig ist, diese merkwürdigen Immobiliendeals der Politiker unter die Lupe zu nehmen. Nun steht der Verdacht im Raum, dass die Behörde unter Georgiev ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß durchführen kann, weil Georgiev selbst offensichtlich widersprüchliche Angaben zu seiner Wohnung machte.

Gerb-Klubobmann Tsvetan Tsvetanov ist bereits zurückgetreten, ebenso Justizministerin Tsacheva und die zwei Vize-Minister. Einer von ihnen ist der Vize-Energieminister Krasimir Parvanov, der von der Immobilienfirma Arteks eine Wohnung um 240.000 Euro kaufte, die eigentlich 275.000 Euro wert ist.

Georgiev selbst hat nun erklärt, dass man ihn nur deshalb angreifen würde, weil er es bestimmten Oligarchen mit seinem Kampf gegen Korruption schwer gemacht habe. Er sieht eine Verschwörung gegen sich und geht seit dieser Woche nur mehr mit Personenschützern aus dem Haus.

Der Skandal fällt in den EU-Wahlkampf in Bulgarien: Die Regierungspartei Gerb verliert durch "Apartment-Gate" an Zustimmung in der Bevölkerung. Denn es geht nicht nur um Georgiev, sondern auch um die Glaubwürdigkeit von Regierungschef Borrisov. Gerb gewann 2009 erstmals die Wahlen, weil die Partei damals versprach gegen die Korruption vorzugehen. Nach der jüngsten Umfragen von Alpha glauben allerdings nur mehr 12,8 Prozent der Befragten, dass die Partei gegen Korruption vorgeht. Nur mehr 13 Prozent – im Dezember waren es noch 17 Prozent – haben Vertrauen in die Regierung. Und nur mehr 28 Prozent stimmen der Regierungsführung von Borrisov zu. (Adelheid Wölfl, 5.4.2019)