Die Gewog stellte 2018 den "Oberleuthnerhof" in Wien-Donaustadt fertig.

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Rund 15.500 Wohneinheiten haben die gemeinnützigen Bauträger im Jahr 2018 fertiggestellt und übergeben. Damit lag man zwar im langjährigen Schnitt, es war aber doch um einiges weniger als die gut 17.000 Einheiten des Jahres 2017; dasselbe Niveau hatte Gemeinnützigen-Obmann Karl Wurm vor einem Jahr auch für 2018 angekündigt.

"Bauen ist sehr kompliziert geworden"

Als Grund für die geringere Bauleistung im Vorjahr nannte Wurm am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien unter anderem die hohen Baukosten bzw. die sehr ausgelastete Baubranche. Wegen der anhaltend hohen Baukonjunktur seien manchmal gar keine Angebote von Baufirmen zu bekommen; generell würden Baufirmen außerdem eher einfachere Baustellen vorziehen.

Wurm wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Bauen ganz allgemein in den vergangenen Jahren "immer komplizierter" geworden sei; bei einer neuen Wohnanlage habe man es heute oft mit einer Vielzahl an Bestands-, Kooperations- und Betreiberverträgen zu tun, etwa im Fall von neuen Mobilitätsangeboten (Carsharing, E-Scooter) im Haus, oder falls von der jeweiligen Gemeinde Beiträge zur Schaffung von Verkehrsinfrastruktur gefordert werden. Auch Umwelt- und Lärmschutzauflagen, das Sportstättengesetz oder manchmal auch das Eisenbahnrecht würden allerlei Verträge erfordern, "die eben ihre Zeit brauchen".

Bestand vor 1980 fast vollständig saniert

Nur rund 85 Prozent der 15.500 neuen Einheiten des Vorjahres (mit einem Investitionsvolumen von rund 2,8 Milliarden Euro) wurden übrigens gefördert errichtet, der Rest freifinanziert. Tendenziell gehe der Trend derzeit aber eher wieder weg vom freifinanzierten Bauen innerhalb des Gemeinnützigen-Verbands, hieß es.

Umfassend saniert haben die Gemeinnützigen im Vorjahr rund 8.100 Wohneinheiten, das Investitionsvolumen dafür betrug 950 Millionen Euro. Der Bestand aus der Zeit vor 1980 sei nun fast vollständig saniert, berichtete Wurms Stellvertreter Alfred Graf. Seit 2001 hätten die Gemeinnützigen auch die Zahl der per Fernwärme beheizten Wohneinheiten von 120.000 auf 350.000 erhöht.

33.600 Einheiten in Bau

Vor einem Jahr hatten die 185 österreichischen gemeinnützigen Bauvereinigungen gut 30.000 Wohneinheiten in Bau, aktuell sind es 33.600. "Diese Höhe wurde zuletzt Mitte der 1990er-Jahre erreicht", berichtete Wurm – und erwartet entsprechend höhere Fertigstellungszahlen in diesem und im nächsten Jahr. "2019 und 2020 werden im Schnitt voraussichtlich mehr als 16.500 Wohnungen übergeben werden, aus heutiger Sicht dürfte dann 2020 der Höhepunkt überschritten sein."

Nach Bundesländern betrachtet konnte nur Kärnten seine Bauleistung wesentlich ausbauen, in der Steiermark, in Vorarlberg und in Wien gab es geringfügige Anstiege. Alle anderen Bundesländer meldeten wesentlich weniger Fertigstellungen als 2017.

In Wien wurden im Vorjahr 3.910 GBV-Wohneinheiten fertiggestellt (2017: 3900), für 2019 wird ein Anstieg auf 4.860 prognostiziert. Die Bundeshauptstadt sei am stärksten von den erwähnten Verzögerungen betroffen, berichtete Wurm. Gleichzeitig liege ein beträchtlicher Teil der in Bau befindlichen Einheiten in Wien.

24.000 zusätzliche Einheiten nötig

Die Nachfragen nach leistbarem Wohnraum sei trotz des aktuellen Baubooms ungebrochen; der Verband hat eine "Deckungslücke" von 24.000 geförderten Mietwohnungen errechnet. So viele neue Einheiten würden man also zusätzlich brauchen, um den Bedarf zu decken.

Die geplante Wohnbau-Investitionsbank (WBIB) hätte einen Teil dieser zusätzlichen Wohnungen finanzieren können, aus ihr wurde aber bekanntlich nichts. Niederösterreich hat nun aber die bereits erledigten Vorarbeiten für die WBIB genützt und hat über die Landes-Hypo Geld der Europäischen Investitionsbank (EIB) abgerufen. Laut Graf, der auch Obmann der niederösterreichischen Gemeinnützigen ist, konnte so eine Tranche über 125 Millionen Euro zu einem Zinssatz von jährlich 0,43 Prozent abgeholt werden. "Ich hoffe, dass andere Bundesländer diesem Beispiel folgen werden", meinte Wurm.

"Deutschland bekommt Rechnung präsentiert"

Der scheidende GBV-Obmann – er wird im Mai aller Voraussicht nach von Sozialbau-Vorstand Bernd Rießland abgelöst werden – nützte die Gelegenheit, um auch auf die aktuelle Situation in Deutschland einzugehen. Dort wird in Berlin, wie berichtet, gerade ernsthaft darüber diskutiert, Immobilienunternehmen zu enteignen. "Wenn man einmal so weit ist, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass vieles im Argen liegt", sagte Wurm, der betonte, selbst "nichts" von Enteignungen zu halten.

Die Deutschen würden nun für Fehler der Vergangenheit – vor allem den Abverkauf kommunaler Wohnungen und die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den 1990er-Jahren – "die Rechnung präsentiert bekommen". Der Markt würde eben doch nicht alles regeln, das zeige sich hier nun eindrücklich. In Österreich habe es in den 2000er-Jahren "genau dieselben Tendenzen" gegeben, man habe den Begehrlichkeiten aber glücklicherweise nicht im großen Stil nachgegeben, sagte Wurm. (Martin Putschögl, 10.4.2019)