Entwicklungshilfe 2018

Grafik: APA

Wien – Die österreichischen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) sind im vergangenen Jahr erneut gefallen und liegen mit 0,26 Prozent des Bruttonationalproduktes (BNE) so tief wie seit 2004 nicht mehr. Auch international sind die Ausgaben für EZA 2018 gefallen, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) hervorgeht.

Insgesamt konnte in 17 Geberländern – darunter Ungarn, Island und Neuseeland – ein Zuwachs verzeichnet werden, in zwölf gingen die Entwicklungshilfegelder jedoch zurück, am stärksten in Österreich, Finnland, Griechenland, Italien, Japan und Portugal.

Rückgang des Budgets

In Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern, ist der Rückgang des Entwicklungshilfebudgets auf die gesunkenen Ausgaben für Flüchtlingsbetreuung im Inland zurückzuführen. Diese in die offiziellen ODA-Zahlen (official development assistance) miteinzurechnen entspricht den OECD-Kriterien, allerdings seien diese nun verschärft worden, wie die Organisation mitteilte. Der Rückgang dieses Anteils in vielen Ländern sei einerseits darauf, andererseits auf die gesunkenen Ankunftszahlen von Flüchtenden in der EU zurückzuführen.

Österreich deklarierte im vergangenen Jahr von insgesamt 1,175 Millionen Euro 5,4 Prozent als Flüchtlingsbetreuungskosten, 2017 waren es noch mehr als 12 Prozent. Den höchsten Anteil an Flüchtlingsbetreuungskosten verzeichneten erneut Island (rund 26 Prozent), Italien (23 Prozent) und Deutschland (16 Prozent). Nach Abzug der Flüchtlingsbetreuungskosten sind die EZA-Mittel laut OECD-Experten aber relativ stabil.

Humanitäre Hilfsmittel zurückgegangen

Dennoch: De 30 Mitglieder des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (DAC) gaben im Vorjahr insgesamt um 2,7 Prozent weniger für Entwicklungshilfe aus als noch 2017, das sind durchschnittlich 0,31 Prozent des BNE. Besonders stark vom Rückgang betroffen sind die bedürftigsten Länder – so flossen etwa nach Subsahara-Afrika um 4,4 Prozent weniger. "Das ist sehr besorgniserregend", sagte die Vorsitzende des Ausschusses, Susanna Moorehead, vor Journalisten. Noch im vergangenen Jahr konnten die Mittel für diese am wenigsten entwickelten Länder (least developed countries, LLDC) um vier Prozent angehoben werden.

Auch die humanitären Hilfsmittel seien um acht Prozent zurückgegangen. Gründe dafür müsse man erst eruieren, hieß es seitens der OECD, "denn Bedarf besteht und ist nicht weniger geworden".

Nur fünf Staaten erreichen UNO-Ziel

Nur fünf DAC-Staaten erreichten das UNO-Ziel, 0,7 Prozent des BNE für Entwicklungshilfe auszugeben: Schweden, Luxemburg, Norwegen, Dänemark und Großbritannien. Unter den Nicht-DAC-Staaten schafften die Türkei (1,10 Prozent) und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE, 0,95 Prozent) den Sprung über diese Marke.

Österreichs ODA-Anteil lag zuletzt ähnlich tief in den Jahren 2013 und 2011 (0,27 Prozent des BNE) bzw. 2012 und 2014 (0,28 Prozent), tiefer nur im Jahr 2004 (0,23 Prozent).

Der Dachverband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Globale Verantwortung, kritisierte die "alarmierenden Zahlen" für Österreich. Die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) versprochene "Trendwende" habe nicht stattgefunden, müsse nun aber im Zuge der bevorstehenden Budgetverhandlungen eingeleitet werden, so Geschäftsführerin Annelies Vilim in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

Mit der Veröffentlichung der Zahlen informierte die OECD auch über eine neue Berechnungsmethodik betreffend Zuschüssen und Darlehen, die einen Großteil der ODA-Leistungen ausmachen. Bisher wurde der volle Nennwert eines Darlehens gezählt und die Tilgungen später Schritt für Schritt abgezogen. Nun wird nur mehr der Betrag, den der Anbieter durch Kredite unter Marktzins verschenkt, gezählt.

Kritik von NGOs und Opposition

Der erneute Rückgang ist bei heimischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Oppositionsparteien auf massive Kritik gestoßen. Die Zahlen seien auf einem "anhaltend beschämenden Tiefstand", urteilte die Organisation Licht für die Welt am Mittwoch in einer Aussendung. Das Rote Kreuz forderte einen Kurswechsel.

Auch das Rote Kreuz bedauerte die Entwicklung. Trotz Ankündigung der Bundesregierung, die Ausgaben für Entwicklungshilfe zu erhöhen, seien die Mittel gesunken. Dass vom internationalen Rückgang – insgesamt sanken die Entwicklungshilfegelder der OECD-Staaten um 2,7 Prozent – die am wenigsten entwickelten und afrikanischen Staaten am meisten betroffenen sind, sei "reichlich unlogisch, wenn man sich für Hilfe vor Ort einsetzt", meinte Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Kurz hatte in der Vergangenheit rund um die Flüchtlingskrise 2015/16, auch als er als Außenminister noch unmittelbar für die EZA zuständig war, immer wieder betont, die "Hilfe vor Ort", insbesondere in Afrika, aufstocken zu wollen – vor allem mit dem Ziel, die Migration aus diesen Ländern einzudämmen.

"Neue Schamgrenze"

Auch Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung, erinnerte daran, dass Kurz als Außenminister eine Verdoppelung der bilateralen Mittel durch eine jährliche Steigerung von 15,5 Millionen Euro von 77 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 154 Millionen Euro im Jahr 2021 angekündigt hatte. "Kanzler Kurz hält nicht, was Außenminister Kurz versprochen hat", kritisierte Bayr. Mit den neuen Zahlen sei jedenfalls die "Schamgrenze erneut unterschritten".

"Fassungslos" reagierte die Neos-Sprecherin für EZA, Stephanie Krisper, auf die neuen OECD-Zahlen. Auch Krisper erinnerte an das Regierungsversprechen, mehr Hilfe vor Ort leisten zu wollen. Dieses entpuppe sich nun "als Lüge". Die ODA-Quote (official development assistance) Österreichs sei "beschämend", von der Regierung forderte Krisper ein "Gesamtkonzept" zur EZA.

Bereits zuvor äußerte sich auch der Dachverband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Globale Verantwortung, zu den "alarmierenden" Zahlen. Die von Kurz versprochene "Trendwende" müsse nun eingeleitet werden, so Geschäftsführerin Annelies Vilim. (APA, 10.4.2019)