Momentan reisen die meisten Pakete nicht grün.

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Wer online etwas bestellt, kriegt zusätzlich zum gewünschten Artikel jede Menge Müll: Zum Einwegkarton kommen nicht selten Füllmaterial aus Plastik und Papiermüll in Form von Werbeprospekten.

Dabei klingt die Idee eigentlich ganz nachhaltig: Anstatt mit dem eigenen Auto zum Einkaufszentrum zu fahren, lassen wir uns von einem Lieferwagen versorgen, der auch vielen anderen Menschen Pakete bringt. Keine Geschäfte müssen dafür gebaut, beheizt, klimatisiert und beliefert werden. Statt aufwendig gestalteter Ladenflächen gibt es wenige Warenhäuser, die die Bedürfnisse hunderttausender Kunden gleichzeitig bedienen können.

Tatsächlich bescheinigte eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) Onlinekäufern einen kleineren ökologischen Fußabdruck als Menschen, die mit dem Auto ins Einkaufszentrum fahren und mehrere Geschäfte besuchen, ehe sie sich für ein Produkt entscheiden. Wählt man online aber den Expressversand und bekommt sein Paket separat geliefert, ist der Umweltvorteil wieder dahin. Doch viele Menschen haben sich an die schnelle Lieferung gegen einen geringen Aufpreis gewöhnt.

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Bäume wachsen auf dem Bildschirm

Thomas Wernbacher von der Donau-Universität Krems will das ändern. Er leitet das Projekt Think!First, das Kunden zu nachhaltigerem Handeln beim Onlinekauf bewegen will. Dabei helfen Gamification und Tricks beim Webdesign.

Kleines könne hier Großes bewirken, sagt Wernbacher. So beeinflussen bestimmte Voreinstellungen im Onlinewarenkorb das Kaufverhalten: wenn etwa die langsamere Versandart als Standard gewählt ist. Oder wenn eine gemeinsame Lieferung aller bestellten Artikel voreingestellt ist und nicht der schnellere Einzelversand in Teillieferungen. Entscheiden sich Kunden für den umweltfreundlicheren Versand, wächst auf dem Bildschirm ein Baum. Irgendwann symbolisiert dann ein virtueller Wald die Nachhaltigkeitsleistung aller Kunden.

Der Onlineshop des oberösterreichischen Unternehmens Grüne Erde nimmt bereits an dem Pilotprodukt teil. Deren Kunden seien ohnehin eher für Umweltthemen sensibilisiert, sagt Wernbacher. Man sei aber auch im Gespräch mit Zalando.

Besonders umweltschädlich sind Retoursendungen: So geht im Onlinetextilhandel im Schnitt jedes zweite Paket zurück. Viele Händler wie Amazon vernichten selbst neuwertige Versandrückläufer – weil das billiger ist. Ein Umweltwahnsinn, über den DER STANDARD mehrfach berichtete.

Wenn der Postmann zweimal klingelt

Think!First will mittels maschinellen Lernens verhindern, dass Pakete zweimal reisen: Basierend auf den letzten Einkäufen und Retouren berechnet ein Algorithmus die Kleidergröße der Kunden. "Die Reise soll dorthin gehen, dass es gar keine Größenetiketten mehr gibt, sondern automatisch die richtige Größe ausgewählt wird", sagt Wernbacher.

Auch wenn bei der Zustellung niemand zu Hause ist, belastet das die CO2-Bilanz: Dann ist nämlich entweder ein zusätzlicher Weg zur Post fällig, oder das Paket dreht am nächsten Tag eine Extrarunde.

Mehr als die Hälfte des Fußabdrucks beim Onlinekauf macht aber der Verpackungsmüll aus. Hier setzt das finnische Start-up Repack an: Einige hauptsächlich skandinavische Onlineshops bieten bereits den Versand in einer gelben Repak-Plastiktasche an: Der Empfänger wirft die leere Tasche in den Briefkasten, sie kann bis zu 20-mal wiederverwendet werden.

In Österreich sind derzeit noch fast ausschließlich die braunen Kartons unterwegs. Es liege an den Händlern, nachhaltige Versandverpackungen zu etablieren, sagt die Österreichische Post dem STANDARD. Für den Lebensmittelversand habe man mit Supermärkten bereits ein Mehrwegsystem etabliert, auch beim Versand zwischen Unternehmen teste man derzeit Mehrweggebinde. Und für das "Endkundengeschäft" will man sich demnächst wiederverwendbare Versandsäcke anschauen. (pp, 15.4.2019)