Die FMA wird künftig nur noch einen Alleinvorstand haben.

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Wien – Die österreichische Aufsichtsreform hat internationale Ausmaße angenommen – jedenfalls im Zusammenhang mit der Präsentation des Gesetzesentwurfs und den Aufenthaltsorten der Betroffenen. In New York gab am Montagvormittag (Ortszeit) Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) die Details zum Gesetzesentwurf für die Bankenaufsichtsreform bekannt, den er in Begutachtung schickt. Wie berichtet, wird die Bankenaufsicht in der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA zusammengefasst. Jene rund 180 Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), die bislang mit Aufsichtstätigkeiten – etwa mit von der FMA beauftragten Vor-Ort-Prüfungen – beschäftigt waren, übersiedeln in die FMA.

Allerdings wird mit der Struktur der Aufsicht gleich auch die FMA umgebaut. Das erschließt sich aus dem Gesetzestext und den Aussagen des Finanzministers, der gerade auf einer Roadshow in den USA unterwegs ist. Künftig wird es in der FMA nur noch einen Alleinvorstand geben und drei Exekutivdirektoren, jeweils einen für die Bereiche Banken, Versicherungen und Wertpapiere. Derzeit besteht die FMA-Führung aus zwei Vorstandsmitgliedern, eines vom Finanzministerium und eines von der Nationalbank nominiert. Klaus Kumpfmüller (ÖVP) sitzt auf dem Ticket der Regierung und Helmut Ettl (SPÖ) auf jenem der OeNB.

Ettl sitzt dort aber nicht mehr lange.

OeNB verliert Nominierungsrecht

Denn die OeNB verliert ihr Nominierungsrecht – und Ettl damit sein Mandat. Und zwar am 31. Dezember 2019. Das erschließt sich aus dem Gesetzestext, konkret aus § 26 f. Darin ist festgeschrieben, dass der Finanzminister jenes FMA-Vorstandsmitglied, das von der OeNB namhaft gemacht wurde, mit Wirkung von 31. Dezember 2019 abzuberufen hat. Entgeltanspruch und nachvertragliche Pflichten bleiben bestehen.

Diese gesetzliche Abberufung könnte den Staat teuer kommen: Der Vertrag Ettls (und auch jener Kumpfmüllers) wurde im Februar 2017 verlängert und läuft bis Februar 2023. Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sieht genau das sehr kritisch. Derzeit sei eine Abberufung des Vorstands nur aus wichtigen Gründen wie Pflichtverletzung möglich. Die Verabschiedung Ettls via Gesetz durchzusetzen, hält Schellhorn "wegen Verletzung des Sachlichkeitsgebots für verfassungswidrig". Zudem ortet er eine "weitgehende Zerschlagung der FMA". Ettl war am Montag für Fragen nicht zu erreichen, er ist im arabischen Raum auf Osterurlaub.

Kumpfmüller wird Chef

Ab Jänner wird also Kumpfmüller das Sagen in der FMA haben. Die Aufgaben des Alleinvorstands, der nach einer Ausschreibung der FMA auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten bestellt wird: Leitung des Dienstbetriebs und Führung der Geschäfte sowie Vertretung der FMA nach außen, in den allermeisten Fällen mit einem Exekutivdirektor. Löger betonte am Rande einer Veranstaltung in New York, dass das Vieraugenprinzip in der FMA gewahrt bleibe, weil der Vorstand Entscheidungen gemeinsam mit einem der Exekutivdirektoren zu treffen habe. Die drei Exekutivdirektoren werden für fünf Jahre vom Aufsichtsrat bestellt und sollen die Geschäfte operativ führen.

So werden die FMA-Chefs Klaus Kumpfmüller (links) und Helmut Ettl nur noch heuer sitzen. Kumpfmüller soll Alleinvorstand werden.
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Finanzminister Löger betonte in New York, dass die Reform auf einer sachlichen Grundlage fuße. Der Minister wies jedes parteipolitische Motiv für die Neuorganisation zurück. Die Logik der neuen Struktur, also die Integration der OeNB-Aktivitäten im Bereich der Bankenaufsicht, führe dazu, dass die Notenbank auch nicht mehr in die FMA entsende. Der Minister erinnerte daran, dass auch der Rechnungshof eine Zusammenlegung der Aufsichtsagenden angeregt habe.

Aufsichtsrat neu, Beirat neu

Umgebaut wird auch der FMA-Aufsichtsrat, er wird um vier auf sechs Mitglieder verkleinert. Zwei davon entsendet die OeNB, bisher waren es vier. Zudem wird die FMA künftig von einem "Fachbeirat" beraten werden. Durch den Umbau erhofft sich die FPÖ weitere Posten für ihre Parteigänger; quasi als Gegengeschäft für ihre Zustimmung zum Abzug der Bankenaufsicht aus der OeNB. Dort ist der Machtwechsel ja schon fixiert, das Direktorium wird zur Gänze schwarz-blau. Die Zuständigkeit für die Finanzmarktstabilität bleibt auch künftig in der OeNB, sie soll zudem für Finanzmarktentwicklung und -strategie zuständig werden.

Auch der Transfer der 180 Notenbanker soll in der Novelle zum neuen Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geregelt werden. Die sechs Notenbanker, die gemäß Dienstrecht 1 und 2 beschäftigt sind und denen Bankpensionen zustehen, werden nur verliehen; alle anderen werden Mitarbeiter der FMA. Freilich mit allen Rechten und Pflichten, das heißt, die Exnotenbanker verdienen nicht weniger, dürfen, zum Beispiel, in ihren Bankwohnungen bleiben, etwaige Gehaltsvorschüsse werden künftig eben vom FMA-Gehalt abgezogen und an die OeNB überwiesen. Und: Die OeNB-Mensa (eine Genossenschaft) wird künftig auch die FMA catern.

Finanzministerium zahlt mit

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Die Regierung erhofft sich von der Reform den Wegfall von Schnittstellen und eine Kostenersparnis von zehn Millionen Euro schon 2020, so Löger in einer Aussendung. Die OeNB, die eben rund 180 Aufseher hat(te), weist ihre "Vollkosten" für die Aufsicht erst seit kurzem aus; 2018 lagen die bei 54,2 Millionen Euro. Rund zehn Millionen davon bekam sie pauschal von der FMA ersetzt. Der Staat (ihm gehört die OeNB) hat für die Aufsichtstätigkeit der OeNB also 44 Millionen Euro bezahlt.

Die Kosten der FMA (390 Mitarbeiter; sie wird von den Beaufsichtigten mitfinanziert) machten zuletzt rund 58 Millionen Euro im Jahr aus. Etwaige Mehrkosten, die auf die Beaufsichtigten durchschlagen, soll es durch die Übersiedlung nicht geben. Denn: Die Mehrkosten durch die teureren (Ex-)Notenbanker soll das Finanzministerium abdecken. Und: Der Staat holt sich im Gegenzug mehr Dividende aus der OeNB, deren Aufwand sinkt.

Alle sollen sparen

Außerdem sollen beide Institutionen sparen. "Ab 2020 erhält das neue Management der FMA und OeNB den Auftrag, klare Kosteneffizienzprogramme zu fahren", erklärte der Finanzminister.

OeNB-Chef Ewald Nowotny glaubt weder an Effizienzsteigerung, noch an Einsparungen. Der Gouverneur, der noch bis August im Amt ist und dann von Robert Holzmann (FPÖ) abgelöst wird, glaubt, dass die Aufsicht künftig teurer und ineffizienter wird. Das ließ er am Montagabend per Aussendung wissen. Er sprach zudem von einer komplizierteren Struktur und höheren Abschöpfungen. Die Notenbank müsse künftig 95 statt bisher 90 Prozent der Gewinne an den Bund abführen. "Das reduziert für die OeNB die Möglichkeit der Bildung von Rücklagen und ist daher als Eingriff in die finanzielle Unabhängigkeit der OeNB zu sehen." (Renate Graber, Andreas Schnauder, 15.4.2019)