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Das Netz hat Sex und Liebe maßgeblich beeinflusst.

Foto: reuters

Liebe und Sexualität sind unweigerlich bei Jugendlichen kaum mehr von Technologie zu trennen. Dating-Apps wie Tinder und Co sind für viele nicht mehr wegzudenken, der erste Kontakt mit Sex durch Pornografie ist mittlerweile gewöhnlich. Vor allem männliche Jugendliche schauen laut "Zeit" oft Pornos, junge Mädchen hin und wieder auch.

Das hat auch positive Effekte – etwa sind Nutzer durch ihre Recherche im Netz oft aufgeklärter als es Teenager früher waren. Zudem befassen sie sich mit dem Thema intensiver – gerade in der Vergangenheit galt Sex als Tabu. Das führt offenbar dazu, dass die Zahl der Teenagerschwangerschaften stark sinkt. 2004 haben laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Deutschland 18.400 Jugendliche unter 20 Jahre ein Kind geboren, 2014 hingegen 12.100. Auch wird öfter verhütet. Dadurch, dass es immer normaler wird, offen über das Thema zu sprechen, können Teenager sich besser aufklären.

Kaum wissenschaftlich bewertbar

Den tatsächlichen Einfluss des Internets auf den Sex selbst können Forscher jedoch schwierig erkennen. So können sie Jugendlichen keine Pornografie zeigen. Versuchen sie über Trends, die sich auf sozialen Netzwerken verbreiten, etwas herauszufinden, sind diese Informationen nach Beendigung der Studie sowieso schon zu alt.

Jedoch ist die Entwicklung zu erkennen, dass Beziehungen immer öfter zu einem großen Teil digital stattfinden. Paare kommunizieren – oft über belanglose Themen – über Whatsapp. Solange eine Antwort kommt, reicht das oft schon – kommt keine, führt das zu Frustration und Angst vor Abweisung. Zudem wird das eigene Selbstwertgefühl oft von digitalen "Zuckerln" – in Form von Likes oder Followern – gesteigert.

Weniger Sex im Allgemeinen

Erste Studien suggerieren, dass der Beischlaf, gerade bei Jungen, aber auch im Allgemeinen zurückgeht. Etwa eine Generationsstudie der Psychologieprofessorin Jean M. Twenge aus den USA belegt, dass Junge viel später mit Sex konfrontiert sind, als es ihre Eltern waren. 1990 hatte ein Erwachsener noch 62-mal im Jahr Sex, 2014 war es 54-mal.

Die Sexualtherapeutin Nicole Kienzl sieht im STANDARD-Gespräch eine Übersexualisierung der Gesellschaft durch Pornografie. Das führe zu Lustlosigkeit bei Einzelnen. "Die Sexualisierung steht im krassen Gegensatz zur sexuellen Praxis. Der Beischlaf ist rückläufig, und die Masturbation nimmt zu", sagt die Therapeutin. "Sex ist überall und fast immer zur Verfügung, wir werden geradezu von sexuellen Themen überfrachtet. Das lässt uns abstumpfen."

Doch auch sonst hat die steigende Bedeutung der digitalen Welt einen Einfluss auf das soziale Leben Minderjähriger: Jugendliche gehen laut Twenges Studie immer seltener auf Dates und fühlen sich einsamer und ausgeschlossener – seit der Veröffentlichung des iPhones 2007 steigen diese Zahlen stetig an. (red, 16.4.2019)