Neos-Abgeordneter Niki Scherak kritisiert die Pläne der Bundesregierung scharf.

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Die türkis-blaue Bundesregierung "kennt sich mit dem Internet nicht aus" – findet zumindest Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak. In einer Pressekonferenz kritisierte er die Pläne der Regierung, die Anonymität im Netz abzuschaffen – dabei handle es sich um einen "unsinnigen Ausweiszwang im Internet".

So sieht ein aktueller Gesetzesentwurf vor, dass Nutzer künftig ihren Namen und ihre Adresse gegenüber Plattformbetreibern angeben müssen, die diese Informationen wiederum bei Bedarf an Behörden – und im Fall von Beleidigungen an Private – weiterreichen müssen. "Identitätsfeststellung soll also privatisiert werden", kritisiert Scherak in diesem Zusammenhang.

Anstatt tatsächlich Hass im Netz zu bekämpfen, schränke die Regierung die Meinungsfreiheit ein. Nutzer würden sich an Debatten im Netz weniger beteiligen, da die Vorgaben abschrecken. Zudem werde die Möglichkeit der anonymen Meinungsäußerung – ein Grundprinzip des Internets – genommen. "Debatten über intensive Themen werden nicht mehr möglich sein."

"Blödsinn"

Dazu käme eine Art neue Vorratsdatenspeicherung, da Plattformbetreiber künftig Inhalte speichern müssten. "Die Bundesregierung lässt keine Chance aus, um die Überwachung auszubauen", kritisiert Scherak. Das Argument der Regierung, dass das Netz kein rechtsfreier Raum sein dürfe, sei blödsinnig, denn schon jetzt würden die gleichen Regeln gelten wie in der analogen Welt.

"Es fehlt an einer ordentlichen Durchsetzung", sagt Scherak, vor allem bei ausländischen Betreibern. Das würden Daten, die etwa Facebook veröffentlicht, belegen. So seien in der Vergangenheit nur 36 Prozent der Anfragen österreichischer Behörden offengelegt worden – in Großbritannien sind es 91, in Schweden 90 und in Deutschland 65 Prozent. Zudem habe Österreich im ersten Halbjahr 2018 bloß 217 Anfragen an die Plattform gestellt, Deutschland hingegen 8.379. "Deutsche Behörden sind weitaus effizienter und effektiver", sagt Scherak. Das liege auch daran, dass es bei den heimischen Behörden an Kenntnissen fehle. Daher brauche es eine spezialisierte Abteilung bei der Polizei, die sich um solche Anfragen kümmert.

Keine Strafbestimmung für Hasspostings

Problematisch sei auch, dass es keine Straftat für psychische Gewalt und verbale sexuelle Gewalt gebe. Der Fall um Sigi Maurer, die von dem Facebook-Konto eines Biergeschäftbetreibers beschimpft worden ist, könne etwa auch mit den neuen Bestimmungen nicht rechtlich belangt werden. Somit seien die aktuellen Pläne "nicht die Lösung". Zudem fordert Scherak eine bessere Personalausstattung bei Verfolgungsbehörden.

Die Wiener Sondergruppe, die sich mit Hass im Netz beschäftigt, besteht aus vier Personen. "Bereits Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter hat fünf neue Stellen versprochen – hier herrscht dringend Nachholbedarf", kritisiert Scherak. Auch brauche es Aufklärung in der Bevölkerung. Ein eigenes Schulfach für Medienkompetenz könne Jungen einen kritischen Umgang mit Technologie und Informationen vermitteln. (muz, 17.4.2019)