Als 2017 der Komet Oumuamua ins Blickfeld der irdischen Astronomen geriet, war die Aufregung groß. Nachdem die Diskussion über einen möglichen Ursprung bei einer außerirdischen Intelligenz abgeklungen war, blieb die immer noch sensationelle Erkenntnis, dass erstmals ein Objekt aus einem anderen Sternensystem entdeckt worden war.

Oumuamua, die "interstellare Zigarre", war der erste von der Erde aus beobachtete interstellare Besucher. Möglicherweise gab es aber schon davor einen Einschlag eines kleineren Cousins.
Foto: Illustration: M. Kornmesser/European Southern Observatory/AFP

Abraham Loeb von der Harvard University war damals federführend beteiligt, Oumuamua als mögliches Sonnensegel zu deuten. Laut einer neuen Studie des Forschers dürfte die Erde zuvor sogar schon direkt von einem interstellaren Brocken getroffen worden sein. Diesmal kommt seine Erklärung allerdings ganz ohne Aliens aus.

Um der Schwerkraft unserer Sonne zu entkommen, braucht ein Objekt im Durchschnitt eine Geschwindigkeit von 42 Kilometern pro Sekunde. Objekte aus einem anderen Sonnensystem sind dagegen meist viel schneller unterwegs. Auf der Suche nach extrasolaren Besuchern durchkämmten Loeb und sein Kollege Amir Siraj also eine Datenbank von Meteoriteneinschlägen und erdnahen Meteoriten nach auffälligen Geschwindigkeiten und Flugbahnen.

Messdaten verraten Ursprung

Bei einem Ereignis im Jänner 2014 wurden sie fündig. Damals stürzte ein Meteor in der Nähe von Papua-Neuginea in den Südpazifik. "Dieser Meteor hatte vor seinem Einschlag eine ungewöhnlich hohe heliozentrische Geschwindigkeit von rund 60 Kilometern pro Sekunde", erklären Loeb und Siraj. "Das spricht dafür, dass dieses Objekt ungebunden war." Seine hyperbolische Flugbahn würde ebenfalls auf einen Ursprung außerhalb des Sonnensystems hindeuten.

Damit wäre dieser Meteorit der erste bekannte interstellare Einschlag. Berechnungen zufolge hatte er einen Durchmesser von etwa einem Meter bei annähernder Kugelform und 460 Kilogramm Gewicht. Die genaue Herkunft des Himmelskörpers konnten die Forscher jedoch nicht mehr zurückverfolgen.

Die Forscher betonen auch, dass dieser interstellare Einschlag wohl kaum als Einzelfall gelten könne. Jeder Stern im umgebenden Universum schleudert ihren Berechnungen zufolge insgesamt 0,2 bis 20 Erdmassen an Material in den Weltraum. Diese Brocken würden durchschnittlich einmal alle zehn Jahre auf die Erde treffen. Auf die gesamte Erdgeschichte hochgerechnet entspräche das circa 450 Millionen Treffern.

Extrasolare Keimzelle

Damit würde unser Planet deutlich öfter extrasolaren Besuch bekommen als bisher angenommen. Das hätte auch Auswirkungen auf einige Theorien zum Ursprung von Planeten und des Lebens selbst. So werden große Asteroiden aus anderen Sternsystemen als alternative Möglichkeit zur Planetenbildung betrachtet. Dabei würden sich Planeten nicht aus langsam verdichtendem Staub bilden, sondern hätten sozusagen durch Asteroiden Startvorteil.

Außerdem gibt es Vermutungen, dass ein extrasolarer Meteorit als Keimzelle für das Leben auf der Erde gedient haben könnte. Bei dieser Panspermie genannten Theorie hätte so ein Objekt der Erde bei einem Einschlag die ersten Lebensformen oder die Voraussetzungen dafür eingeimpft.

Mit der Entdeckung des ersten interstellaren Meteoriten wären also alle Zutaten für eine weitere schlagzeilenreiche Diskussion vorhanden. Jetzt fehlt eigentlich nur mehr ein hawaiianischer Name. (pkm, 19.4.2019)