Spitzenwerte für Bundeskanzler Kurz, obwohl seiner Regierung eine Spaltung der Gesellschaft und eine Bevorzugung der Reichen angekreidet wird

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Linz – Jeder zweite Wahlberechtigte glaubt, dass die Regierung die Gesellschaft spaltet. Das geht aus einer in der Vorwoche für den STANDARD durchgeführten Market-Umfrage unter 803 Personen über 16 Jahren hervor.

Der Vorwurf, mehrfach von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erhoben und von ihren Anhängern häufig wiederholt, ist inzwischen tief im Meinungsbild der Bevölkerung verankert. 48 Prozent teilen diese Einschätzung. Selbst von den erklärten ÖVP-Anhängern hat jeder Vierte die Sichtweise der SPÖ übernommen.

Andererseits gelingt es der Regierung wesentlich schlechter, ihre eigenen Erfolgsbotschaften unter die Leute zu bringen. Der Regierungsaussage, derzufolge sie die richtigen Schritte setze, "um Österreich fit für die Zukunft zu machen", stimmen nur 27 Prozent der Befragten zu – wobei diese Zustimmung zum größten Teil von erklärten Wählerinnen und Wählern der beiden Regierungsparteien kommt.

Kein wahrgenommener Streit

Die am zweithäufigsten genannte Einschätzung der türkis-blauen Regierung lautet: "Die Regierungsparteien streiten kaum." Obwohl in einzelnen Fragen – speziell bei der Abgrenzung vom Rechtsextremismus, aber auch bei der Fremdenpolitik – durchaus unterschiedliche Akzente gesetzt werden, folgen 42 Prozent der Wahlberechtigten der Ansicht, dass kaum gestritten werde. Und die Anhänger der ÖVP sagen sogar zu 62 Prozent, dass es kaum Streit gebe (54 Prozent der FPÖ-Anhänger sagen das).

41 Prozent der Wahlberechtigten (64 Prozent der Türkisen, 65 Prozent der Blauen) sehen eine gute Zusammenarbeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinem Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Propaganda für die jeweils eigene Klientel

Die Market-Umfrage belegt, dass die jeweiligen Botschaften von Regierung und Opposition vor allem bei den jeweils eigenen Anhängern verfangen. Die oppositionelle Behauptung, die Regierung begünstige einseitig die Reichen und die Unternehmer, wird von 82 Prozent der SPÖ-Wähler und drei Viertel der verbliebenen Grün-Wähler geglaubt, von Anhängern der Regierungsparteien dagegen kaum.

Umgekehrt glaubt nur jeder elfte Anhänger der SPÖ, aber jeder zweite bekennende Wähler der FPÖ, dass die Regierung viel für die Sicherheit in Österreich tue. Insgesamt dringt die Regierung mit ihren positiven Aussagen über die eigene Arbeit aller Message-Control zum Trotz deutlich weniger gut durch als die Opposition mit ihrer Kritik.

So glauben 39 Prozent, die Regierung verbreite soziale Kälte, aber nur 27 Prozent, sie tue viel für die Sicherheit. Dass Bildung dieser Regierung besonders wichtig wäre, nehmen nur 15 Prozent der Befragten wahr, selbst unter den ÖVP-Wählern stimmt nur jeder Dritte zu. Die vor allem von ÖVP-Politikern verbreitete (und mit dem steuerlichen Familienbonus sachlich unterfütterte) Aussage, die Regierung tue viel für die Familien, verfängt nur bei 20 Prozent – besonders wenig übrigens bei Personen, die politisch derzeit keiner Partei zuneigen, also nach Wahlkampflogik besonders umworben werden müssten.

ÖVP bleibt in Sonntagsfrage stark

Apropos Wahlkampf: Wenn in nächster Zeit der Nationalrat neu gewählt würde, würde die ÖVP gut zwei Prozentpunkte zulegen, die FPÖ aber vier Prozentpunkte verlieren.

Es hieße dann ÖVP 34 Prozent (statt 31,5 bei der Wahl 2017), SPÖ 28 (statt 26,9), FPÖ 22 (statt 26), Neos sieben (statt 5,3), Grüne fünf (statt 3,8) und Jetzt zwei (statt 4,4 als Liste Pilz).

Schwaches Regierungsimage färbt nicht auf Kurz ab

Das schwache Image der Regierungsarbeit – nur 13 Prozent glauben, dass sich die Minister in ihrem Bereich gut auskennen – tut der Zustimmung zum Bundeskanzler keinen Abbruch: In der (fiktiven) Kanzlerfrage erreicht Amtsinhaber Sebastian Kurz (ÖVP) mit 42 Prozent einen deutlich besseren Wert als im Herbst. Nur einmal, zur Mitte des vorigen Jahres, war der Wert von Kurz noch besser.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) wollen nur neun Prozent als Kanzler.

Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ kommt auf 22 Prozent – das ist etwa der Wert, den Bundeskanzler Werner Faymann zu Beginn seiner zweiten Amtszeit Anfang 2014 hatte.

Die – derzeit karenzierte – Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wünschen sich sechs Prozent im Kanzleramt, deutlich mehr als zu Beginn ihrer Schwangerschaft. (Conrad Seidl, 23.4.2019)