In Deutschland wurde 2018 massiv gegen das sogenannte "Werbeverbot" bei Abtreibungen protestiert. In Österreich formiert sich Protest gegen die Petition #fairändern.

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Wien – Die Opposition, Organisationen wie der Frauenring, das Frauenvolksbegehren und ein betroffenes Paar haben sich zusammengetan, um das in der #fairändern-Bürgerinitiative geforderte Verbot eines späten Schwangerschaftsabbruchs bei schwerer Behinderung des Kindes zu verhindern. "#KeinenMillimeter" setzt der Bürgerinitiative zwei Wochen lang Aktionen und eine eigene Petition entgegen.

Am 7. Mai wird die von rund 60.000 Österreichern unterschriebene Initiative "#fairändern" im Petitionsausschuss behandelt – und sie wird auch von PolitikerInnen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ unterstützt. Umgekehrt werde das von fast 500.000 Menschen unterzeichnete zweite Frauenvolksbegehren (mit einer abschließenden Diskussion am Mittwoch) einfach ad acta gelegt, kritisierten die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic und Lena Jäger, die Projektleiterin des Frauenvolksbegehrens, am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Recht der Frauen auf Selbstbestimmung

Dagegen gelte es ein Zeichen zu setzen, man dürfe "keinen Millimeter" weichen, wenn es darum gehe, das schwer erkämpfte Recht der Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper zu verteidigen – indem das Recht auf Abtreibung bei schwerer geistiger und körperlicher Behinderung des Kindes nach dem dritten Monat eingeschränkt wird.

Mit Pressekonferenzen und Diskussionsveranstaltungen unter anderem mit WissenschafterInnen und Frauenaktivistinnen, Unterschriftensammlungen, Information auf Facebook und Instagram und einem großen Aktionstag am 6. Mai will #KeinenMillimeter in den nächsten zwei Wochen möglichst viele Menschen für die – unter https://mein.aufstehn.at/petitions/keinenmillimeter zu findende – Petition gewinnen.

"Traurigste Entscheidung unseres Lebens"

Als Erste unterschrieben hat ein betroffenes Paar. Alexandra und Michael Dorner haben sich nach der Diagnose eines Gendefekts für einen Spätabbruch entschlossen – weil ihr Sohn keine Aussicht auf ein auch nur halbes gutes Leben gehabt hätte, sondern zeitlebens unter Krebsgeschwüren gelitten, die meiste Zeit am OP-Tisch verbracht, immer Schmerzen gehabt hätte und körperlich und geistig schwerst behindert gewesen wäre. Leicht war diese Entscheidung nicht, sagte der Vater, sondern "die schwerste und traurigste unseres Lebens". Aber sie wüssten, dass sie "für unseren Sohn die richtige" war – und sind überzeugt, dass diese Möglichkeit erhalten bleiben muss. Deshalb fordern die Dorners die Regierung auf: "Bitte nehmen Sie den Müttern die Entscheidung nicht weg."

Gefahr von Verbot von Spätabbrüchen

Die Legalisierung der Abtreibung sei "eine der wichtigsten Errungenschaften, die wir erreicht haben", sagte SPÖ-Frauengeschäftsführerin Andrea Brunner.

Das Recht müsse abbilden, "wozu jeder in der Lage ist" – das Optimum der Moral könne man nur von sich selbst verlangen, aber nicht von allen, wandte sich Neos-Abgeordnete Irmgard Griss dagegen, "vom moralischen Hochsitz aus" die ohnehin an strenge Regeln gebundene Abtreibung bei schwerster Behinderung des Kindes zu untersagen. Das Verbot des Spätabbruchs werde nicht zu weniger Abtreibungen führen, "ganz im Gegenteil", warnte Griss.

Wenn ein Spätabbruch nicht mehr möglich ist, drohe die Gefahr, dass schon beim Verdacht auf eine schwere Krankheit auch gesündere Kinder abgetrieben werden – weil nicht genug Zeit für die genaue Diagnose bleibt, merkte Klaudia Frieben von Frauenring an. (APA, 23.4.2019)