Differenzierte Positionierung: "Europa braucht Stärke", steht auf dem ÖVP-Plakat für die Listenzweite Karoline Edtstadler, "Europa braucht Profis", heißt es unter dem Konterfei von Othmar Karas.

Foto: Christian Fischer

Wien – Katholische farbentragende Studenten haben es bei der Europawahl nicht leicht: Gleich drei Mitglieder von CV-Verbindungen sind auf der ÖVP-Liste an wählbarer Stelle gereiht. Alle drei bekamen in der aktuellen Ausgabe des CV-Magazins Academia ausführlich Gelegenheit, ihre Positionen darzulegen – und ein Inserat zu schalten, auf dem sie sich mit Couleurband den Gesinnungsfreunden zur Wahl empfehlen.

Karoline Edtstadler, vulgo "Kalliope", trägt das Band der Katholischen Salzburger Hoch- und Mittelschul Mädchenverbindung Erentrudis und verwendet als Slogan "Machen wir's besser. Machen wir Europa". Das klingt ein wenig so, als hätten es die bisher bereits im EU-Parlament vertretenen Kartellbrüder Lukas Mandl und Othmar Karas eben nicht so gut gemacht.

Frontmann Karas ist nicht das Gesicht der Neuen ÖVP

Und dieser Eindruck ist in der gesamten ÖVP-Kampagne zu spüren: Karas ist zwar der Frontmann, aber die Staatsanwältin Edtstadler, die von Bundeskanzler Sebastian Kurz 2017 als Staatssekretärin in die Regierung geholt und in das Innenministerium von Herbert Kickl (FPÖ) gesetzt wurde, ist das eigentliche Gesicht der Neuen Volkspartei im EU-Wahlkampf.

In diesem Wahlkampf müssen alle ÖVP-Kandidaten um ihr Mandat laufen, denn die parteiinterne Regelung sieht vor, dass die Kandidatinnen und Kandidaten nach der Wahl entsprechend der Zahl der erreichten Stimmen neu gereiht werden.

Sowohl der werbliche Stil als auch die inhaltliche Positionierung der Bewerber sind deutlich unterschiedlich: So präsentiert sich der für die heutige Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger ins Europaparlament nachgerückte Lukas Mandl (vulgo "Lox") in der Academia vor türkisem Hintergrund, aber betont christlichsozial mit dem dem heiligen Augustinus zugerechneten und vom CV gepflegten Motto "In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas" ("Im Notwendigen gelte Einmütigkeit, im Zweifel die Freiheit, in allem aber Nächstenliebe").

Unterschiedliche Akzente

Karas (vulgo "Cicero") präsentiert sich mit europablauem Hintergrund und legt als seine EU-Vision dar, dass man "dem Druck der Populisten und Nationalisten" entgegentreten und vom Einstimmigkeitsprinzip in Europa abgehen müsse, "denn es kann nicht sein, dass allein die Zauderer und Zögerer das Tempo bestimmen". Edtstadler dagegen betont als Ziel "ein starkes Österreich" und ein "Europa mit verantwortungsvollen Mitgliedsstaaten und selbstbewussten Regionen, wo das Trennende überwunden und die Diversität als Stärke unserer Gemeinschaft hervorgehoben wird".

Das sind unterschiedliche Akzente in der inhaltlichen Ausrichtung – und mit dieser Unterschiedlichkeit will die ÖVP unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. In einer Market-Umfrage aus der Vorwoche zeigt sich, dass derzeit dem begeisterten Europäer Karas von doppelt so vielen Wahlberechtigten (nämlich 35 Prozent) zugetraut wird, die Interessen des jeweiligen Wahlberechtigten in Europa zu vertreten, wie Edtstadler. Aber Karas könnte als Listenerster überholt und im Extremfall sogar von der Liste gedrängt werden, wenn andere ÖVP-Kandidaten mehr Vorzugsstimmen bekommen als er selbst.

Tatsächlich tut sich ein Listenführer ja schwer, Vorzugsstimmen einzuwerben, weil viele Wähler meinen, der Listenplatz sei ohnehin sicher. Karas schreibt daher auf seiner Website: "Wer Karas will, muss Karas hinschreiben." Damit hat er Erfahrung: Als er 2009 von der Partei auf den zweiten Platz hinter Ernst Strasser gereiht wurde, kam er per Vorzugsstimmen an die Spitze.

Mehrere Bauernbund-Kandidaten

Traditionell einen eigenen Vorzugstimmenwahlkampf macht der Bauernbund: Dieser hatte bei der EU-Wahl 2009 die damalige Obfrau der Bauernbund-Jugend, Köstinger, als Nachfolgerin von Agnes Schierhuber per Vorzugsstimmen ins EU-Parlament gebracht. Eine ähnliche Mobilisierungsaktion wird nun in der Steiermark für die Listenvierte Simone Schmiedtbauer, sie ist Bäuerin und Bürgermeisterin in Hitzendorf, geführt.

Allerdings: In Niederösterreich ist die Beschlusslage eine andere. Dort hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner den 26-jährigen Junglandwirt Alexander Bernhuber aus Kilb im Bezirk Melk auf die Liste gesetzt. Und hinter ihm steht die Mobilisierungskraft des niederösterreichischen Bauernbundes. "Alexander Bernhuber wird neben dem bereits arrivierten Europaabgeordneten Lukas Mandl in Niederösterreich für Stimmen werben", lautet das Wording bei den mobilisierungsstarken niederösterreichischen Bauern. (Conrad Seidl, 25.4.2019)