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Der Chef des "Islamischen Staates" ist wieder in einem Video aufgetaucht.

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Baghdadis Auftritt ist ein Versuch, an die Ikonografie eines Osama bin Laden anzuknüpfen,...

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...was ihm aber aus ästhetischen Gründen nicht gelingt.

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Er wurde für schwer verletzt gehalten, für tot erklärt: Knapp fünf Jahre nachdem Abu Bakr al-Baghdadi in der Al-Nuri-Moschee in Mossul sein terroristisches "Kalifat" verkündet hat, ist er wieder da. Das erste Video nach dieser langen Zeit zeigt einen gealterten, aber offenbar unbeschädigten Chef des "Islamischen Staats" – anders als zuletzt die Menschen in der Ende März gefallenen letzten größeren IS-Bastion Baghouz hat er sich sichtlich auch nicht von Gras und Wurzeln ernährt. Baghouz führt er als Grund für die Anschläge auf Christen in Sri Lanka an. Das steht in der Argumentationslinie des IS von Anfang an, so hat die Terrororganisation Anhänger auf der ganzen Welt rekrutiert: Wir tun euch nur an, was unseren Brüdern in Syrien und anderswo angetan wird.

Experten sehen wenig Anhaltspunkte, an der Echtheit des Videos zu zweifeln, wenngleich die aktuellen Teile, die sich auf Sri Lanka und den Sturz der Staatschefs in Algerien und im Sudan beziehen, eingespielte Audio-Files sind. Aber die Botschaft ist auf alle Fälle klar verständlich, und sie richtet sich gleichermaßen an Mitglieder und Sympathisanten des IS wie an dessen Feinde. Abu Bakr al-Baghdadi erinnert Letztere daran, dass es nicht nur vereinzelte, eher erratisch agierende Gruppen gibt, die im Namen des IS operieren, was gefährlich genug ist. Vielmehr gibt es weiter auch eine funktionierende zentrale Autorität und – an die verunsicherten Anhänger gerichtet – folglich auch eine Idee, für die weiter gekämpft wird. Und das punktgenau vor dem Beginn des Ramadan.

"Zermürbung"

Es ist die Phase des weltweiten Zermürbungskriegs, kündigt Baghdadi an, der mit eigentlichem Namen Ibrahim Awad al-Badri heißt und aus einer recht angesehenen irakischen Familie stammt. Er wird diesen Krieg militärisch natürlich nicht gewinnen. Doch wenn man sich ansieht, was der islamistische Terror in den vergangenen Jahren für Spuren auch in den westlichen Gesellschaften hinterlassen hat, dann kann er sich jetzt schon als Sieger bezeichnen. Seine Mithelfer sind unter anderem jene islamischen Gemeinschaften, die sich weigern, sich mit dieser dunklen Seite ihrer Religionsgeschichte auseinanderzusetzen und sich auf ein einfaches "Das ist nicht Islam" beschränken.

Baghdadis Auftritt ist ein Versuch, an die Ikonografie eines Osama bin Laden anzuknüpfen, was ihm aber aus ästhetischen Gründen nicht gelingt. Interessant ist zu beobachten, dass die westliche mediale Öffentlichkeit in viel geringerem Maße auf seine Person reagiert als auf bin Laden. Das liegt zum Teil an 9/11, das ein weltgeschichtliches Ereignis war wie kein noch so schreckliches späteres IS-Attentat. Die Blutspur von Abu Bakr al-Baghdadi ist jedoch bereits länger und breiter. Und es ist zu befürchten, dass seine neue Kriegserklärung zweifelnden Anhängern und Anhängerinnen neuen Auftrieb verleiht. (Gudrun Harrer, 30.4.2019)