Die Entscheidung des OGH ist insbesondere auch für die Wiener City von großer Bedeutung.

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Gründerzeitviertel gelten als durchschnittliche Wohngegenden, weshalb kein Lagezuschlag erlaubt ist. Merkmal eines Gründerzeitviertels laut Mietrechtsgesetz ist ein "überwiegend" zwischen 1870 und 1917 errichteter Gebäudebestand. So weit, so klar.

Doch was ist, wenn ein (Gründerzeit-)Gebäude zu einem großen Teil von einem noch älteren Gebäudebestand umgeben ist? Damit hat sich der OGH kürzlich befasst (5Ob198/18f). Anlassfall war ein Rechtsstreit zwischen Mieterin und Vermieter in einem Gründerzeithaus im fünften Bezirk. Die Mieterin ließ die Höhe des Hauptmietzinses samt Lagezuschlag überprüfen.

80 Prozent der Gebäude vor 1917 errichtet

Ein Gutachter stellte fest, dass von 79 Gebäuden im Umkreis elf ein Baujahr nach 1917 hatten, 36 wurden in der Gründerzeit errichtet, 32 Gebäude aber schon vor 1870. Damit handle es sich knapp um kein Gründerzeitviertel mehr, stellte das Erstgericht fest – und entschied pro Lagezuschlag.

Das Rekursgericht erklärte dann aber einen Lagezuschlag für nicht zulässig. 80 Prozent der Gebäude stammen eben aus der Zeit vor 1917, und die Bausubstanz habe sich "zumindest bis 1918" immer mehr verbessert. Der Standard von vor 1870 erbauten Wohnhäusern sei grundsätzlich schlechter als jener von neueren Gebäuden – dieser Umstand könne bei der Bewertung der Lage nicht unberücksichtigt bleiben.

City und Schutzzonen

Für den OGH war wiederum das nicht nachvollziehbar. Die Ausdehnung der Regelung auf sämtliche Baujahre vor 1917 verstoße gegen den Wortlaut des Gesetzes. Denn dort steht eben: "von 1870 bis 1917". Also: Lagezuschlag erlaubt.

Das Urteil betraf zwar ein Gebäude im 5. Bezirk, ist aber natürlich auch für den 1. Bezirk mit seiner teils noch barocken Bebauung sowie dem dort geltenden hohen Lagezuschlag von großer Bedeutung. Laut aktueller Lagezuschlagskarte der Stadt Wien ist im ganzen 1. Bezirk derzeit ein Lagezuschlag von nicht weniger als 12,21 Euro auf die Richtwertmiete möglich. Darüber hinaus werden laut Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), umfasst die OGH-Entscheidung aber etwa auch in Schutzzonen gelegene Altbauten. (mapu, 2.5.2019)