Beim Blumenkauf hat sich das Prinzip des verantwortungsvollen Konsums noch lange nicht so herumgesprochen wie bei Lebensmitteln. Doch in Wahrheit gilt es auch hierbei, darauf zu achten, was man so kauft, um soziale und ökologische Missstände nicht noch zu fördern. Dazu ist und bleibt das Fairtrade-Siegel das bislang beste Mittel.

Foto: Georges Desrues

Bekannt ist das tansanische Arusha unter Europäern in erster Linie als Ausgangspunkt für Expeditionen zum Kilimandscharo und für Safaris in die nahen Nationalparks. Wegen ihres gemäßigten und trockenen Hochlandklimas ist die Gegend um die Stadt aber auch ein bedeutendes Gebiet für den Anbau von Rosen. Und die werden in erster Linie nach Europa exportiert.

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Im Jahr 2004 erwarb der gebürtige Wiener Herwig Tretter hier eine Blumenfarm namens Mount Meru. Inzwischen hat er drei weitere Farmen übernommen und beschäftigt insgesamt fast 900 Mitarbeiter. Seit dem Jahr 2005 gibt es ein Fairtrade-Zertifikat auch für Blumen. Und seit 2008 ist Tretters Produktion zertifiziert. "Schon aus unternehmerischen Gründen wurde das Zertifikat immer unvermeidlicher, weil unsere Hauptabnehmer, die Handelsketten in Europa, zunehmend danach verlangten", sagt Tretter.

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Für seine Angestellten wiederum bringt die Zertifizierung zahlreiche Vorteile. Zum einen verdienen sie ein Gehalt, das circa um ein Viertel höher liegt als auf konventionellen Farmen. Und zum anderen arbeiten sie unter Bedingungen, die in Ländern wie Tansania alles andere als selbstverständlich sind. So erhalten sie beispielsweise Schutzkleidung, Krankenbetreuung, Mutterschutz und eine sogenannte Fairtrade-Prämie.

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Die Fairtrade-Prämie beträgt zehn Prozent des Einkaufspreises und wird vom Großhändler beziehungsweise Importeur in Europa bezahlt. Verwendet werden muss das Geld für gemeinnützige Zwecke. Welche das genau sind, darüber entscheidet ein sogenanntes Fairtrade Premium Committee, das sich aus gewählten Arbeitervertretern zusammensetzt. Im Jahr 2018 wurden auf diese Art über 160.000 Euro eingenommen, die von dem Komitee etwa zum Bau von Kinderkrippen, Schulen, Wasserleitungen, Krankenversorgungstellen oder zur Unterstützung bedürftiger Kollegen verwendet wurden.

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Das Verbot von Kinderarbeit ist ein weiteres Prinzip von Fairtrade. So wacht die Organisation darüber, dass Kinder unter 15 Jahren weder direkt noch indirekt angestellt werden. Und dass sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr keine Arbeit verrichten, die sie vom Schulbesuch abhält.

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Erhältlich sind die Rosen von Mount Meru in Europa in der Regel um wenige Euro an den Kassen von Supermärkten und Diskontern. Beides macht sie in den Augen einiger Verbraucher eher suspekt. "Selbstverständlich wäre auch mir ein höherer Verkaufspreis lieber", sagt Tretter, "aber der Wettbewerb ist sehr hart. Und viele Käufer sind äußerst preisbewusst." Dass man als Kunde beim Floristen besser beraten wäre als im Supermarkt, bestreitet Tretter. "Viele unserer Abnehmer arbeiten auch direkt mit uns. Einige waren sogar schon die Farm in Tansania besuchen. Sie wissen also ganz genau und häufig besser als viele Floristen, was und von wem sie kaufen und unter welchen Bedingungen die Blumen erzeugt werden."

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Für großköpfige Rosen mit langem Stiel ist es trotz Höhenlage zu warm in Tansania. Weswegen hierzulande kleinere Blumen gezüchtet werden, die in der Folge vornehmlich im Supermarkt landen. Die teureren Prachtexemplare werden außerhalb der europäischen Blumensaison, wie zum Beispiel um den Valentinstag, aus Ländern wie Ecuador oder Kolumbien importiert. Oder aber aus beheizten und beleuchteten Gewächshäusern, etwa in Holland, was ihre CO2-Bilanz auch nicht verbessert. Da die sozialen und ökologischen Bedingungen auch in Südamerika nicht immer die besten sind, zahlt es sich aus, beim Blumenkauf von dort gleichermaßen auf das Fairtrade-Siegel zu achten.

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Wenngleich Fairtrade keine Umweltschutzorganisation ist, werden bei der Zertifizierung auch ökologische Aspekte berücksichtigt. Im Fall der Blumenerzeugung ist einer davon deren hoher Wasserverbrauch. "Deshalb wird auf unserer Farm das gesamte Abwasser durch eine biologische Kläranlage geführt und somit hundertprozentig wiederaufbereitet", sagt Wedness Nsaro, die Geschäftsführerin von Mount Merou Flowers.

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Zudem finanziert die von den Angestellten gegründete Flower Power Foundation einige Projekte der Wasseraufbereitungen. Wie etwa hier in der Ortschaft Nguruma. "Dank des Brunnens haben jetzt 4.000 Menschen Zugang zu Trinkwasser", erklärt Bürgermeister Gabriel Kaaya, "deswegen sage ich es ganz deutlich: Wir können nur hoffen, dass die Leute in Europa, so oft es geht, zu Fairtrade-Rosen greifen."

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Obwohl die gesamte Plantage und damit die gesamte Produktion Fairtrade-zertifiziert ist, kann Mount Merou nicht alle seine Rosen als Fairtrade-Ware verkaufen. Wenn die Nachfrage nach dem Label nicht groß genug ist, sparen sich die Großhändler in Europa die Zertifizierung und damit auch die Prämie. Um den Anteil der als fair gehandelten Ware zu steigern, wurde am 1. März die sogenannte Fairtrade Challenge ausgerufen, in deren Rahmen bis Ende Mai zehn Millionen Rosen verkauft werden sollen. (Georges Desrues, 11.5.2019)

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