Jan Böhmermann im ORF-"Kulturmontag", nachzusehen hier in der ORF-TVThek.

Foto: tvthek.orf.at/screenshot

Montag, 19 Uhr: Der Kurier-Herausgeber Helmut Brandstätter hält im Wiener Kreisky-Forum seine Dankesrede für den Ari-Rath-Preis, mit dem er soeben für kritischen Journalismus ausgezeichnet wurde. Brandstätter sieht die Pressefreiheit in Österreich am Anfang vom Ende. Er erzählt von Menschen, die unter dieser Regierung Angst hätten, nicht nur, aber eben auch Journalisten.

Wie sehr diese Angst offenbar um sich greift, wird wenige Stunden später deutlich: Der "Kulturmontag" sendet ein Interview mit Jan Böhmermann. Darin erklärt der deutsche Satiriker etwa, es sei "nicht normal, dass das Land von einem 32-jährigen Versicherungsvertreter geführt wird", und spricht von "volksverhetzender Scheiße", die der Vizekanzler bei Facebook "raushaut". Das sei "kein Zustand" – wie auch Heinz-Christian Straches verbale Angriffe auf Journalisten. Am Ende des Interviews distanziert sich Moderatorin Clarissa Stadler im Namen des ORF von den "provokanten und politischen Aussagen Böhmermanns".

Satire darf alles, zitiert Stadler Kurt Tucholsky, und lange Zeit herrschte in westlichen Kulturkreisen ein weitgehender Konsens über die Gültigkeit des Satzes. Das war einmal. Die gegenwärtige Stimmungslage im Land befördert offenbar vorauseilenden Gehorsam und ein autokratisches System, das sogar die Deutungshoheit über Humor für sich in Anspruch nimmt. Das Blöde daran: Sie hat keinen.

Die Distanzierung des ORF ist nach dem peinlichen Piepston über einer Maschek-Satire ein weiteres unrühmliches Beispiel für journalistische Selbstbeschädigung, weil genau jene Unabhängigkeit infrage zu stellen ist, um die im Moment wieder so hart gerungen wird. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss aufpassen, dass nicht auch er sich einmal eine Liste mit "Einzelfällen" vorwerfen lassen muss.

"Demnächst FPÖ-TV"

Wie ist das, im ORF beschäftigt zu sein, fragte Böhmermann im Interview den lächelnden ORF-Redakteur: "Gibt's da noch was zu lachen?" Wo die Regierung den ORF bald "demnächst in FPÖ-TV umbenennen" werde, eine ORF-Reform plane und den ORF aus Steuern statt Rundfunkgebühren finanzieren wolle, um ihn "näher an den Staat zu holen".

Unabhängig zu berichten, erfordere Mut, sagte am Montag Ex-ORF-Generaldirektor Gerhard Zeiler. Daran sollten wir uns halten. Und auf Helmut Brandstätter hören, der da sagte: "Habt keine Angst." (Doris Priesching, 7.5.2019)