Dunedin/Wien – Seit gut zwanzig Jahren ist Ayahuasca auch in unseren Breiten zu einer Art Modedroge geworden. Mitgeholfen haben Popstars wie Sting, die bereitwillig Auskunft über ihre Erfahrungen mit dem halluzinogenen Pflanzensud gaben, der aus der Andenregion stammt und dort bei spirituellen Ritualen eingesetzt wird.

Auch weil die Einnahme von Ayahuasca in Österreich und vielen anderen Ländern aufgrund des enthaltenen Wirkstoffs Dimethyltryptamin (DMT) verboten ist, hat sich mittlerweile ein reger Ayahuasca-Tourismus nach Peru entwickelt, wo das psychotrope Gebräu ganz legal konsumiert werden darf und seit 2008 sogar als "nationales Erbe" gilt.

Kurze englischsprachige Dokumentation über Ayahuasca-Tourismus in Peru
Channel 4 News

Unklar ist aber, wie weit die Tradition dieses psychotropen Gebräus in der Andenregion tatsächlich zurückreicht. Zwar wissen Archäologen, dass halluzinogene Substanzen wie Peyote und psilocybinhaltige Pilze in Mittel- und Südamerika schon vor Jahrtausenden in Gebrauch waren. Doch für Ayahuasca und seine Inhaltsstoffe fehlten solche archäologischen Belege bis jetzt.

Fund in einer bolivianischen Höhle

Ein spektakulärer Fund in einer Höhle in den bolivianischen Anden auf rund 4.000 Meter Höhe wirft neues Licht auf den präkolumbischen Drogenkonsum, der noch raffinierter war, als man bisher vermutete. Bei der Entdeckung handelte es sich nämlich um die größte Anzahl psychoaktiver Stoffe, die jemals an einer Stelle in Südamerika gefunden wurde.

Eingang zur Cueva del Chileno, wo das Grab des mutmaßlichen Schamanen entdeckt wurde.
Foto: Juan Albarracin-Jordan und José M. Capriles

Bereits im Jahr 2008 war José Capriles (Pennsylvania State University) in der Cueva del Chileno südöstlich vom Titicacasee auf das Grab eines mutmaßlichen Schamanen gestoßen, der vor rund 1000 Jahren (konkret: zwischen dem Jahr 905 und 1170 unserer Zeitrechung) in der Gegend lebte, wie Datierungen mithilfe der C-14-Methode zeigten.

Dem Angehörigen der vorinkazeitlichen Tiwanaku-Kultur war ein Lederbeutel mit auf seine letzte Reise gegeben worden, der ein umfangreiches Drogenbesteck zum Pulverisieren und Schnupfen sowie drei ausgestopfte Fuchsschnauzen enthielt, die zu einem Beutelchen zusammengenäht waren.

Das Drogenbesteck, das sich im Lederbeutel (oben links) befand: zwei kunstvoll gefertigte Brettchen zum Pulversieren und Aufschnupfen der Stoffe, zwei Spatel aus Knochen sowie ein Röhrchen zum Reinziehen. Rechts oben die drei zusammengenähten Fuchsschnauzen.
Foto: Juan Albarracin-Jordan und José M. Capriles

Wirkungsvoller Substanzenmix

Gut zehn Jahre nach dem Fund hat nun ein Team um Melanie Miller (University of Otago im neuseeländischen Dunedin) die im Fuchsschnauzenbeutelchen gefundenen Substanzen analysiert und dabei erstaunliche Entdeckungen gemacht: Im Beutel befanden sich nicht weniger als fünf verschiedene psychotrope Wirkstoffe, wie die Forscher im Fachblatt "PNAS" berichten, darunter Kokain, Bufotenin sowie Harmin und Dimethyltryptamin, die beiden Hauptbestandteile von Ayahuasca.

Detailaufnahme des Beutels aus den Fuchsschnauzen.
Foto: José M. Capriles

Der einzigartige Drogenmix verweist laut den Forschern erstens darauf, dass der Besitzer umfassende Kenntnisse über die Wirkweisen der Substanzen gehabt haben muss. Zweitens legt der Fund nahe, dass man früher die Ayahuasca-Wirkstoffe auch schnupfte und nicht trank. Drittens schließlich dürfte es bereits vor 1000 Jahren ausgedehnte Drogenhandelsrouten gegeben haben, denn einige der Pflanzen, aus denen die Wirkstoffe gewonnen wurden, wachsen nicht in der Region. (tasch, 10.5.2019)