Heinz-Christian Straches Thinktank-Leiter sorgt mit kontroversen Thesen für Aufsehen.

Foto: APA/Neubauer

Es ist die Ära der Denkwerkstätten: Nach Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) richtete auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im April 2019 einen neuen Thinktank ein. Das "Denkwerk Zukunftsreich", das mittlerweile wegen eines Namensstreits "Denk zukunftsreich" heißt, soll sich um "jene Probleme kümmern, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennen", sagte Strache.

Dafür abgestellt wurde ein Dienstposten, der mit dem Historiker Thomas Grischany besetzt wurde. Der arbeitet auch in der Historikerkommission der FPÖ mit, die braune Flecken in der Vergangenheit der Partei aufarbeiten soll. Präsentiert wurde Grischany als erfahrener Historiker, er lehrt an der privaten Webster University in Wien. Viel mehr war über Grischany anfangs nicht zu lesen.

Parlamentarischer Mitarbeiter

Die antifaschistische Plattform Stoppt die Rechten hat nun zu Grischany recherchiert und einige bemerkenswerte Informationen herausgefunden. So war der Historiker in dieser Legislaturperiode bereits parlamentarischer Mitarbeiter von FPÖ-Urgestein und Unzensuriert.at-Gründer Martin Graf (FPÖ), was Strache bei der Präsentation des "Denkwerks" nicht publik gemacht hatte.

Außerdem publizierte Grischany beim freiheitlichen Thinktank Atterseekreis. Dort schrieb er im Sommer 2018, dass die westeuropäischen Länder "in Freiheit nach 1945 schrittweise die europäische Einigung unter gleichzeitiger Besudelung oder Entsorgung ihrer nationalen Geschichten betreiben konnten". Dem stünden die "Visegrád-Länder" gegenüber, die "sowjetische Diktatur ertragen" mussten, "wobei sie Religion, Nationalstolz und die Sehnsucht nach Freiheit aufrechterhielten". Deshalb empfinde die dortige Bevölkerung ihre Staaten "als Beschützer ihrer Nation vor 'EU-Diktatur' und der 'Zwangsbeglückung mit kulturfremden Migranten'".

"Probelauf des Faschismus"

Der Absatz ist bemerkenswert, da laut Stoppt die Rechten Grischany hier "im Sinne der Deutung der Kriegsniederlage durch das Dritte Lager ideologisch Flagge zeigt, ohne konkret zu werden". Zuvor sprach Grischany in seinem Aufsatz bereits davon, dass die "Zeit von 1922 bis 1945 nur einen 'Probelauf'" des Faschismus darstellen könnte und die "echte Herrschaft des Faschismus erst bevorsteht". Auch diese Zeilen wirken angesichts von Holocaust, Diktatur und Kriegsverbrechen zynisch.

Grischany führt weiter aus, dass die Frage erlaubt sein muss, ob "der neue Faschismus nicht auch wie ein falscher Prophet unter dem Deckmantel des 'Antifaschismus' daherkommen könnte". Derartige Sätze dürften das Vertrauen in die Arbeit der FPÖ-Historikerkommission weiter mindern. Der renommierte Historiker Robert Knight bezeichnete diese vor wenigen Tagen im STANDARD als "Witz" und bezweifelte, dass diese objektiv ist. (Fabian Schmid, 10.5.2019)