Wien – Simulanten werden in Krankenhäusern gar nicht gern gesehen. Eigentlich. Anders ist das im Krankenhaus Nord – da sind vorgetäuschte Notfälle und Krankheiten momentan essenziell, schließlich stehen in weniger als einem Monat – am 3. Juni – die ersten Patienten vor dem Eingang. Bis dahin soll im neuen Spital alles eingespielt und man auf alle Situationen vorbereitet sein.

Seit rund einem Monat wird deswegen im neuen Spital im Norden Wiens, das ab Herbst Klinik Floridsdorf heißen wird, geprobt: Insgesamt werden zu knapp 40 Themen Tests durchgeführt, beispielsweise die Abläufe im Operationssaal, bei der Geburtshilfe oder in der Notaufnahme.

Am Ende dieses Ganges befindet sich der Eingang zur Notaufnahme.
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Wenn simulieren erwünscht ist

Dort liegt am Freitag Stefanie Rachbauer auf einer Liege und bekommt gerade von einer Schwester Blut abgenommen. Rachbauer ist Journalistin beim "Kurier", konnte bei der Übung am Freitag aber die Patientin spielen. Wenige Minuten, bevor die Nadel in ihrem Arm steckte, stellte eine Ärztin fest: "Der Tastbefund ist unauffällig." Rachbauer ist wegen Bauchschmerzen da. Das steht auf einer großen Karte, die sie um den Hals gehängt bekommen hat.

Margot Löbl, ärztliche Direktorin des Hauses, war bei vielen solchen Probedurchläufen dabei, sie seien bis jetzt "durchwegs zufriedenstellend" verlaufen, sagt sie. Was natürlich nicht heiße, dass es keinen Optimierungsbedarf gegeben hätte. "Aber das ist ja der Sinn dieser Übungen." Die meisten Probleme, die auftauchen, habe man rasch lösen können.

Eine Blutabnahme mit viel Publikum: Simulation im Krankenhaus Nord.
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Am Freitag sind das beispielsweise Mistkübel, die noch nicht da stehen, wo sie sollen, und die Lautsprecheranlage beim Empfang, die die dort sitzende Frau nicht gleich bedienen konnte. Auch die Uhr im Eingangsbereich zeigt noch eine falsche Uhrzeit an. Dinge, die sich bis zum 3. Juni leicht beheben lassen.

Unangenehmes Déjà-vu

Von den Skandalen, die die Geschichte der Baustelle in den letzten zehn Jahren geprägt und letztes Jahr auch zu einer Untersuchungskommission im Rathaus geführt haben, ist heute nichts zu spüren, was natürlich nicht heißt, dass es seit Ende der Kommissionstätigkeit keine Berichte über mögliche Pannen gab.

Jüngster Aufreger: Die "Krone" hatte berichtet, dass das Spital letztes Wochenende wegen der starken Regenfälle unter Wasser stand. Ein unangenehmes Déjà-vu: Im August 2014 führte eindringender Regen zu erheblichen Feuchte- und Schimmelschäden. Deren Beseitigung in 355 Räumen kostete laut Schätzung der örtlichen Bauaufsicht 1,23 Millionen Euro. Der Wiener Krankenanstaltenverbund stellte im aktuellen Fall aber rasch klar: Das Gebäude war nicht undicht. Ein Siphon einer Abflussleitung sei nicht korrekt angeschlossen gewesen, weshalb Wasser ausgetreten ist. Das Problem sei nun aber behoben.

Noch ist nicht viel los im Wartebereich des Spitals. Ab 3. Juni kommen erste Patienten, im September soll dann der Vollbetrieb möglich sein.
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Obwohl schon hunderte Mitarbeiter täglich im neuen Spital arbeiten und Abläufe vorbereiten, ist es noch ruhig und leer auf den Gängen. Auch den typischen Krankenhausgeruch nimmt man noch nicht wahr. Olfaktorisch fällt beim Betreten stattdessen sofort auf, dass das Spital noch ganz neu ist.

Immer dem Blut nach

Im Fokus stehen am Freitag die Teams der zentralen Notaufnahme und Labormitarbeiter. Die Blutprobe der Testpatientin wurde nämlich mit der Rohrpost einen Stock tiefer geschickt, wo sie analysiert wird – und zwar mit modernster Technik, wie Walter Krugluger erklärt.

"Wir folgen jetzt alle dem Blut" ruft er, Vorstand des Instituts für Labormedizin und davor im Donauspital tätig, den anwesenden Journalisten zu. Krugluger trägt heute eine blaue Weste und hat damit die Rolle eines Beobachters. Auf einem Klemmbrett soll er notieren, wenn es bei der Simulation Probleme gibt oder er Verbesserungspotenzial erkennt. "Für mein Team bin ich guter Dinge. Wir haben ja vieles schon im Trockenen durchgeplant und besprochen."

Auf das Labor ist man im Krankenhaus Nord stolz.
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Im Labor geht es unter Surren und Piepsen weiter. Hier kommt die Rohrpost in einer "Hightech-Laborstraße" an, die Probe wird in dem Rohr von der großen Hülle getrennt, der Barcode auf der Probe gescannt und dann automatisch zu den Analyseinstrumenten weitergeschickt. "Die wichtigsten und am öftesten gebrauchten Analysen schaffen wir innerhalb von Minuten. Aber auch für umfangreichere Untersuchungen bleiben wir unter einer Stunde", sagt Krugluger.

3.000 bis 5.000 Blutproben werde man hier täglich bearbeiten, erklärt er. Ob dafür die zwei Röhren der Rohrpost ausreichen, wurde in einem eigenen Stresstest erprobt – und bestätigt.

Für manche Auswertungen gebe es heute eine reine Analysezeit von nur 30 Sekunden, erklärt das medizinisch-technische Personal im Labor.
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Das Blut der Testpatientin wurde einstweilen analysiert. Weil das Ergebnis noch durch Fachpersonal geprüft und bewertet wird, wird das Ergebnis "mit einem Knopfdruck" elektronisch an die Station zurückgeschickt.

Hat alles geklappt? Die ärztliche Direktorin ist zufrieden. "Kernprozess funktioniert", ruft sie in die Runde. Ein weiterer Test ist erledigt. (Lara Hagen, 10.5.2019)