ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas auf einem Screenshot des Gymnasiums der Ursulinen in Graz.

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Parteipolitik in der Schule: ein absolutes No-Go. Deshalb müssen Direktionen – laut Rundschreiben – auch penibel darauf achten, wenn sie Politiker einladen, dass "von den konkreten Personen keinerlei Werbewirkung für eine politische Partei ausgeht".

Jetzt tingelt aber der niederösterreichische ÖVP-EU-Kandidat Lukas Mandl im EU-Wahlkampf als Alleinunterhalter durch heimische Gymnasien, um den dortigen Oberstufen seine Sicht auf Europa darzulegen. Das Nachrichtenmagazin Profil hat einen solchen Wahlkampfeinsatz Mandls zur Sprache gebracht. Eingedenk der ministeriellen Vorgabe hat das Gymnasium später auch andere Parteienvertreter eingeladen.

Blauäugiger Direktor

Mandl ist aber auch im Gymnasium in Fürstenfeld aufgetreten, wie dort auf der Homepage nachzulesen ist. "Parteipolitik und Wahlkampfauftritte, um Schülerinnen und Schüler gezielt zu manipulieren, haben an unseren Schulen nichts verloren", findet der steirische Neos-Chef Niko Swatek, den erboste Eltern kontaktierten. Auch im Februar war Mandl bereits an Schulen aktiv – etwa am Gymnasium Biondekgasse in Baden, wie man dem STANDARD bestätigt. Oder am BG Zehnergasse in Wiener Neustadt. Hier ist Direktor Werner Schwarz einsichtig: "Das war blauäugig von mir, das ist klar gegen den Erlass", erklärt er. Jetzt bemüht man sich, auch Wahlwerber anderer Couleur an die Schule zu bringen.

Mandl ist aber nicht der einzige ÖVP-Politiker, der sich nicht an die Regeln hält. Auch ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas referiert solo vor Schülern. Zuletzt im April im Gymnasium der Ursulinen in Graz – siehe Homepage.

Karas wurde explizit als "Spitzenkandidat der ÖVP für die EU-Wahl 2019" vorgestellt. Thema: die Zukunft der EU und des EU-Parlaments. Dass der Auftritt mit den Direktiven des Bildungsministeriums wohl nicht vereinbar ist, wird in der Ursulinen-Direktion energisch dementiert: "Wir wissen von den Erlässen, das war keine Wahlveranstaltung, definitiv nicht", heißt es dazu knapp.

Ministerium sieht "Klärungsbedarf"

Da könnte noch eine ausführlichere Erklärung nötig sein. Denn Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) begehrt Auskunft. Sein Generalsekretär Martin Netzer sagt: "Wenn nur eine Partei immer wieder Auftritte bekommt, ist das eine Verzerrung, die wir nicht tolerieren." Nachsatz: "Im Wahlkampf muss man besonders sensibel sein." Wichtig sei dabei das "Kontroversitätsgebot". Wie dem in den genannten Fällen gerecht wurde, darüber gäbe es "Klärungsbedarf".

Verfassungsjurist Heinz Mayer hält derartige Soloauftritte eines Politikers in Schulen für "absolut unzulässig": "Die Partei hat aus der Schule draußenzubleiben. Das ist sehr wohl Parteipolitik, wenn Herr Karas alleine in der Schule auftritt. Wenn mehrere Politiker auf einer Podiumsdiskussion debattieren, wäre das natürlich zulässig", sagt Mayer zum Standard. Letzteres sieht man auch im Ministerium so. Dass aber Kanzler, sein Vize und der Bildungsminister im Vorjahr eine Deutschförderklasse besucht haben, daran stößt sich Netzer nicht. Die Kinder seien dabei nicht die Adressaten gewesen. Und der Ressortzuständige dürfe überall hin. (Walter Müller, Karin Riss, 11.5.2019)