Dass es ausgerechnet im Museum Niederösterreich eine große Afrika-Sammlung gibt, mag schon recht speziell klingen. Sie geht inklusive Tierpräparaten eines Breitmaulnashorns und eines Krokodils auf eine Afrika-Ausstellung in den 1960er-Jahren zurück. Dass das Museum aber auch eine erkleckliche Zahl von lebenden Tieren hält – rund vierzig Arten, darunter vor allem Reptilien und Amphibien –, macht die Überraschung für Besucher schon deutlich größer.

"Wir sind ein Zoo", sagt Erich Steiner, wissenschaftlicher Leiter im Haus für Natur des Museums. Seit 2002 besitzt das Museum die entsprechende Betriebsbewilligung. Damit war eigentlich schon die Basis für die Ausstellung Stechen, Kratzen, Beißen. Mit den Waffen der Natur gelegt, denn in Afrika und unter Reptilien sowie Amphibien wird recht gern gebissen, gekratzt und gestochen.

Wespen sind bekanntlich lästig. Sie hektisch zu verscheuchen, bringt aber rein gar nichts
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Es geht in der Ausstellung um den Alltag in der Natur, also um "Fressen und gefressen werden". Wie können Tiere und Pflanzen angreifen, wie können sie sich verteidigen? Zu sehen sind lebende Vogelspinnen, Pfeilgiftfrösche und Skorpione. Und dazu werden Geschichten erzählt, die die eine oder andere Überraschung beinhalten dürften. Kennen Sie etwa die Unterschiede zwischen Hörnern und Geweihen? Letzteres wird einmal im Jahr abgeworfen, Ersteres wächst ein Leben lang. Hirsche tragen Geweihe, Steinböcke, Rinder und Antilopen haben Hörner. Auch die Waffe des Nashorns ist ein Horn, es ist leider auf dem Schwarzmarkt sehr beliebt, denn es soll fiebersenkend, krampflösend und potenzsteigernd sein, lautet der Mythos. Ein Kilogramm habe etwa den Wert von 60.000 Euro, sagt Steiner.

Kein Witz: Rosen haben Stachel

Auch Irrtümer könnte die Ausstellung aufklären: Welche Pflanzen oder Gewächse haben Dornen, welche Stacheln? Aus rein wissenschaftlicher Sicht haben Rosen Stacheln, dabei handle es sich um eine Auswucherung der Epidermis, sagt Steiner. Kakteen wiederum haben eigentlich Dornen, umgebildete Organe des Gewächses. Steiner antwortet belustigt auch auf andere Irrtümer: Nein, Wespen holen nicht ihre Freunde, wenn sie von Eis essenden Sommerurlaubern aufgeregt weggescheucht werden.

Sie treten nur nie allein auf, weshalb es logisch ist, dass auch Artgenossen dann zum Menschen und seinem Dessert fliegen und bei heftigen Bewegungen aggressiv werden. Hornissen sind zwar dreimal so groß, also recht beeindruckend, aber friedlich. Ihre schwarz-gelbe Färbung ist ein Gefahrensignal, das nicht so selten in der Natur vorkommt. Man denke etwa an den Feuersalamander. Würde ihn ein Fuchs verspeisen, wäre das zwar das Ende des Salamanders, da er Gift aus den Hautdrüsen absondert, würde der Fuchs ähnliche Angriffe in Zukunft aber bleiben lassen. Haus für Natur, St. Pölten, bis 16. 2. 2020

Giftiges und Bedrohliches

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Totenkopfschwärmer sind Nachtfalter – und sehr imposant. Die Flügelspannweite von maximal 120 bis 130 mm (bei Weibchen) trägt das Ihre dazu bei, ihn bedrohlich wirken zu lassen. Er gibt aber auch ein pfeifendes Geräusch von sich, und der auf dem Rücken erkennbare Totenkopf machte ihn zum Symbol für Unheil und das Böse – und für das Buch Das Schweigen der Lämmer. Der Totenkopfschwärmer dringt in Bienenstöcke ein, er ernährt sich von Honig. Das Pfeifen erschrickt Fressfeinde, sagen Forscher. Das Thema Nachtfalter verursacht bei Menschen ja insgesamt Schaudern, sie dringen bei offenem Fenster in beleuchtete Zimmer, wobei man sie nur wieder aus dem Zimmerfenster hinauslassen muss. Unheil haben sie noch nie gebracht.
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Der Pfeilgiftfrosch (auch Baumsteigerfrosch) ist, wie sein Name schon sagt, ein ziemlich gefährliches Tier – und kommt häufig in Mittel- und Südamerika vor. Der Schreckliche Pfeilgiftfrosch (im Bild), eine von etwa 170 bekannten Arten, kann mit seinem Gift zehn Menschen töten. Er ist aber nicht von Natur aus derart gefährlich, wenn man das so sagen kann. Er ernährt sich vielmehr von giftigen Insekten und lagert deren tödliche Substanzen in seinem Körper ab – um sie an Fressfeinde weiterzugeben. Lebt der Pfeilgiftfrosch in Gefangenschaft und wird mit Nahrung gefüttert, die keinerlei tödliche Substanzen enthält, dann ist er auch für den Menschen völlig ungefährlich.
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Was hier so bedrohlich daherkommt, ist in Wahrheit gefährdeter als viele andere Tiere. Heute gibt es, wie es heißt, nur noch fünf Nashornarten, zwei davon in Afrika, drei in Asien. Das Horn besteht aus Keratin, ist mit Eiweiß verklebt und erhält so seine Festigkeit. Das Tier läuft im Durchschnitt 50 bis 55 Kilometer in der Stunde. Das kann bei zwei Tonnen Lebendgewicht schon bedrohlich wirken. Das Nashorn ist ein Pflanzenfresser. Sein größter Feind ist der Mensch auf der Jagd. Unfälle geschehen verhältnismäßig selten. Das gefährlichste Tier ist nämlich das Flusspferd. In Österreich ist es der Haushund. Jährlich kommt es zu 6000 Hundebissen, die zumindest eine Nachbehandlung im Spital nötig machen
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Der Blaue Eisenhut ist zwar sehr hübsch anzusehen, aber wohl eine der giftigsten Pflanzen in unseren Breiten. Allein das Pflücken kann zu Hautreizungen und Vergiftungen führen. Auch mit diesem Phänomen beschäftigt sich die Ausstellung, denn selbstverständlich wehren sich auch Pflanzen solcherart gegen Fressfeinde.. Der Blaue Eisenhut hat auch zwei Namen im Volksmund erhalten, die sein Bedrohungspotenzial recht gut beschreiben: Gifthut oder Ziegentod. Die Pflanze kann bis zu 1,5 Meter hoch werden.
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(Peter Illetschko, 12.5.2019)