Geht es nach Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ), sollen Asylwerber künftig zehn Gebote unterschreiben. Eines davon: "Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben."

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St. Pölten/Wien – Niederösterreichs Landesrat für Asyl, Integration und Tierschutz, Gottfried Waldhäusl (FPÖ), sorgt erneut für Aufsehen: Asylwerber und anerkannte schutzbedürftige Personen sollen künftig in Wertekursen auch Verhaltensvorschriften unterzeichnen. Offiziell soll dieses Dokument "Zehn Gebote der Zuwanderung" heißen, wie die deutsche Zeitung "Welt" berichtete. Am Montag stellte Waldhäusl die Verhaltensregeln bei einer Pressekonferenz vor.

Waldhäusl will Dankbarkeit für Asylbescheid

"Sobald jemand zu uns kommt, erhält jeder Asylbewerber neben den üblichen Verwaltungsunterlagen auch die 'Zehn Gebote der Zuwanderung' von Niederösterreich. Die Gebote werden dann in allen Wertekursen und Integrationsprojekten in insgesamt 15 verschiedenen Sprachen zur Verfügung stehen", sagt Waldhäusl der Zeitung. Man werde in Kürze damit beginnen. Konsequenzen bei Nichtbefolgung gebe es keine, sagte Waldhäusl bei der Pressekonferenz.

Die Unterzeichner werden demnach aufgefordert, Gesetze zu befolgen, die deutsche Sprache zu lernen, das eigene Verhalten und die Erziehung der Kinder an "österreichischen Werten" zu orientieren, die "hier geltende Religionsfreiheit (zu) achten", "Tiere vor unnötigem Leid (zu) schützen", neben Rechten auch Pflichten wahrzunehmen und Konflikte gewaltfrei zu lösen. Das zehnte Gebot lautet: "Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben."

Die Gebote seien "positiv gemeint", führte der FPÖ-Mann am Montag aus, und "das Normalste, was der Hausverstand hergibt. Wir geben diesen Menschen Schutz auf Zeit und alles, was sie brauchen. Dafür erwarten wir auch eine gewisse Dankbarkeit."

Ähnliche Inhalte bereits in Wertekursen

Warum es diese Gebote zusätzlich braucht, wird aus dem Bericht nicht deutlich. Denn: Auch die Wertekurse sollen ja über "zentrale Grundregeln des Zusammenlebens in Österreich" wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie über Alltagswissen zu Themen wie Bildungs- und Gesundheitssystem, Hausordnung oder auch Mülltrennung informieren. Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sind seit Sommer 2017 verpflichtet, im Rahmen einer Orientierungsberatung beim Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) eine Integrationserklärung zu unterzeichnen und einen Werte- und Orientierungskurs sowie Deutschkursmaßnahmen zu absolvieren. Die Vermittlung der Werte und Regeln des Zusammenlebens in Österreich sei auch in diesen Sprachkursen "durchgängiger Bestandteil", heißt es vom ÖIF.

In Vorarlberg müssen bleibeberechtigte Flüchtlinge seit 2016 eine Integrationsvereinbarung unterschreiben, nur mit dieser können sie die Mindestsicherung erhalten. Die Säulen der Vereinbarung sind auch hier Deutschkenntnisse, Kenntnisse über die Grundwerte der österreichischen Gesellschaft und die Bereitschaft, hier zu arbeiten. Das Papier, das unter anderem erklärt, dass Österreich eine Demokratie ist und dass Mann und Frau gleichgestellt sind, liegt in Sozialämtern der Bezirkshauptmannschaften auf.

Was Waldhäusl bislang forderte

Waldhäusl sorgt mit seiner Asylpolitik immer wieder für Aufsehen: Im Dezember letzten Jahres wollte er für "integrationsunwillige Asylwerber" eine "Sonderbehandlung" einführen. Mit diesem Begriff wurde von den Nationalsozialisten die Ermordung von Menschen bezeichnet. Zuvor hatte er mit einem Asylwerberheim für Jugendliche mit Stacheldraht und Ausgangssperre für Kritik gesorgt. Die Unterkunft Drasenhofen wurde in der Folge geschlossen. Außerdem beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft mit Korruptionsvorwürfen im Umfeld des niederösterreichischen Landesrats – DER STANDARD berichtete.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat zu den neuen Geboten noch keine Stellungnahme abgegeben und war vorerst nicht erreichbar.

Kritik von Neos und ÖVP

Als Ablenkungsmanöver bezeichnete hingegen Neos-Landessprecherin Indra Collini den jüngsten Vorschlag Waldhäusls: "Die zehn Gebote für Zuwanderer haben einzig und allein den Zweck, vom Chaos und den strafrechtlichen Ermittlungen im Dunstkreis von Waldhäusl abzulenken. Denn es gibt bereits Wertekurse und eine zu unterzeichnende Integrationsvereinbarung, die über das gesellschaftliche Zusammenleben informieren", sagt Collini. Waldhäusl solle lieber die Vorwürfe gegen seine Amtsführung aufklären und sich inhaltlich dem Integrationskonzept zuwenden, das für Niederösterreich nach wie vor nicht vorliege.

Der Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, Bernhard Ebner, bezeichnete die Gebote als "Marketinggag": "Jeder Asylwerber bekommt bei seiner Ankunft bereits jetzt umfangreiche Unterlagen über Rechte und Pflichten. Der neue Zettel bringt inhaltlich überhaupt nichts Neues.

Erneuter Brief an subsidiär Schutzberechtigte

Kommende Woche soll ein erneutes Schreiben an die 424 subsidiär Schutzberechtigten ergehen, die in Asylgasthöfen oder anderen Grundversorgungseinrichtungen in Niederösterreich leben, sagte Waldhäusl am Montag. Der jüngste gleich gelagerte Brief hatte vor rund einem Monat für großes mediales Aufsehen gesorgt.

In dem neuen Schreiben sollen die Betroffenen einmal mehr aufgefordert werden, "ihrer Verpflichtung – als Bezieher der Grundversorgungsleistungen – nachzukommen und sich um einen Arbeitsplatz und um eine individuelle Unterkunft umzusehen", wie es in den Unterlagen zur Pressekonferenz hieß.

Waldhäusl erkannte in der Aufforderung "nichts Menschenunwürdiges". Von den 707 im Bundesland lebenden subsidiär Schutzberechtigten "haben es bereits 40 Prozent geschafft, sich ein privates Quartier zu suchen. Den Rest wollen wir jetzt auch noch unterstützend dahin bringen."

Kritik an subsidiärem Schutz

Den Betroffenen werde eine Frist von drei Monaten eingeräumt, danach beginne eine zweimonatige Nachfrist zu laufen. "Es vergehen also fünf Monate, bis die Leistungen an den Quartiergeber eingestellt werden", sagte der FPÖ-Politiker. Humanitäre Fälle dürfen laut dem Landesrat jedoch "selbstverständlich in den organisierten Quartieren bleiben", in diesem Bereich verwies er auf eine Einzelfallprüfung.

Waldhäusl forderte am Montag zudem, den Status der subsidiären Schutzberechtigung allgemein zu überdenken. Dabei handelt es sich um Personen mit abgewiesenem Asylantrag, deren Leben oder Gesundheit in ihrem Herkunftsland bedroht wird und die daher vor der Abschiebung geschützt sind. Der FPÖ-Politiker verwies dabei auf Fälle "wo Personen einer Abschiebung entgehen, weil sie über Nacht Christen werden".

Per Ende April befanden sich 3.625 Asylwerber in Niederösterreich in der Grundversorgung. Zudem wurden 165 unbegleitete Minderjährige verzeichnet. (lhag, APA, 13.5.2019)