Mit Monsanto hat sich Bayer ein enormes Rechtsrisiko eingekauft. Nun wurde der Konzern zum dritten Mal wegen eines Monsanto-Produkts verurteilt. Der Einsatz des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup soll krebserregend sein.

Foto: APA/AFP/Josh Edelson

Oakland / Leverkusen / St. Louis – Der Druck auf Bayer steigt: Der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern hat in den USA auch den dritten Prozess wegen des Unkrautvernichters Glyphosat seiner Tochterfirma Monsanto verloren und wurde erneut zu Schadenersatz verurteilt. Die Geschworenen in der kalifornischen Stadt Oakland urteilten am Montag, dass Bayer den Klägern mehr als zwei Milliarden Dollar (1,78 Milliarden Euro) zahlen muss. Das ist die bisher höchste Strafe in den Glyphosat-Urteilen für Bayer.

Das Verfahren angestrebt hatte das Ehepaar Alva und Alberta Pilliod, die beide über 70 Jahre alt und an Lymphdrüsenkrebs erkrankt sind. Sie machen dafür die jahrzehntelange Verwendung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup verantwortlich. Nach Verkündung des Juryurteils sprachen die Anwälte der Kläger von einem "historischen" Strafmaß.

Bayer macht für die Krebserkrankungen der beiden Kläger umfangreiche Vorerkrankungen verantwortlich und kündigte umgehend an, Rechtsmittel einzulegen. Es gebe keine wissenschaftlichen Beweise, dass es ohne den Einsatz von Glyphosat nicht zu der Krebserkrankung gekommen wäre.

EPA: "Nicht krebserregend"

Man sei von der Entscheidung enttäuscht, erklärte Bayer. Das Urteil stehe in direktem Widerspruch zu der Einschätzung der US-Umweltbehörde EPA, die erst vergangenen Monat im Rahmen der vorläufigen Zulassungsüberprüfung veröffentlicht worden sei. Die Kläger hätten dagegen nur Teile von Studien angeführt, die so nicht ausreichend belastbar seien.

Die EPA stufte Glyphosat als nicht krebserregend ein. Die Kläger, die ihre Krebserkrankung auf den Kontakt mit Glyphosat zurückführen, sehen das jedoch anders. Sie berufen sich auf die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), die den Wirkstoff als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hatte.

Der Einsatz von Glyphosat ist umstritten. Für Bayer wird das Monsanto-Produkt zu einer immer größeren Belastung. Den umstrittenen Unkrautvernichter Roundup haben Menschen oft Jahrzehnte im Einsatz gehabt.
Foto: APA/AFP/Josh Edelson

Während des Ende März begonnenen Prozesses hatte die Anklage immer wieder versucht, die Geschworenen nicht nur davon zu überzeugen, dass Monsantos Produkte Krebs verursachen, sondern auch, dass etwa mit manipulierten Studien Risiken verschleiert wurden.

Der Fall ist für Bayer jedenfalls hochbrisant: Es ist bereits der dritte Schuldspruch innerhalb weniger Monate, und weitere Prozesse werden folgen. Zuletzt war der Konzern in den USA nach eigenen Angaben mit rund 13.400 Klagen wegen des Unkrautvernichtungsmittels Roundup konfrontiert. Bayer hat in den ersten beiden Fällen, in denen der Konzern zu Schadenersatzzahlungen von insgesamt knapp 160 Millionen Dollar verurteilt wurde, Berufung eingelegt oder angekündigt. Viele Experten gehen aber letzten Endes von einem teuren Vergleich aus. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist mit dem jüngsten Urteil gestiegen.

Kritik an Bayer

Aktionäre waren auf der Hauptversammlung Ende April angesichts der massiven Kursverluste seit der Übernahme von Monsanto und den Rechtsstreitigkeiten hart mit der Bayer-Führung ins Gericht gegangen. Der Vorstand wurde nicht entlastet. Dem Aufsichtsrat wurde das Vertrauen ausgesprochen, wenn auch ungewöhnlich knapp. Trotz des Misstrauensvotums wollen wichtige Investoren dem Management eine zweite Chance geben und warnen vor einem vorzeitigen Wechsel, da sie befürchten, dass sich das Chaos bei Bayer damit nur vergrößern würde.

Die Vorwürfe gegen Roundup hat Bayer stets zurückgewiesen. Das Mittel werde seit mehr als 40 Jahren erfolgreich in der Landwirtschaft eingesetzt. Regulierungsbehörden in aller Welt hätten die Herbizide bei sachgemäßer Anwendung als sicher eingestuft. (APA, 14.5.2019)