Foto: DÖW / Forschungsstelle Nachkriegsjustiz,

Am Morgen des 12. März 1938 überschritten die Truppen der deutschen Wehrmacht Österreichs Grenzen, und bereits am 1. April 1938 ging der erste Transport mit 150 Verhafteten in das KZ Dachau. Darunter befanden sich unter anderem Angehörige der Vaterländischen Front, aber auch deren politische Gegner, Sozialdemokraten und Kommunisten, sowie eine größere Gruppe bekannter jüdischer Künstler und Wirtschaftstreibender. Es handelte sich um den sogenannten "Prominententransport", wie es in der zynischen NS-Diktion hieß.

In Wahrheit war es der erste Massentransport in ein KZ. Weitere 8000 Österreicher sollten folgen. Dachau war auch der Prototyp des nationalsozialistischen Repressions- und Terrorsystems. "Stacheldraht, mit Tod geladen ...", lautet die erste Zeile des von Jura Soyfer getexteten "Dachauliedes".

Für den vorliegenden Band haben die Historiker Claudia Kurtsidis-Haider und Rudolf Leo die Biografien der Verschleppten recherchiert und Fotos zusammengetragen. Darunter auch acht bisher unbekannte Naziopfer. "Wir wollen den Betroffenen ein Gesicht geben und ihre gesamte Lebensgeschichte darstellen", sagt Leo. Manche Angehörige hätten ja auch gar nicht gewusst, "dass der Opa im KZ war".

Den Titel des Buchs haben die beiden Historiker den Bewertungsbögen der NS-Schergen für österreichische Gendarmen entnommen. Trug einer den Vermerk "dachaureif", wurde er deportiert – meist ein Todesurteil. Der Zynismus in der Wortwahl ist es auch, der Leo Parallelen zu heute ziehen lässt. Aussagen wie Flüchtlinge "konzentriert an einem Ort zu halten" machten die Verrohung der Sprache und die dahinterliegende Ideologie deutlich, sagt Leo. Hier Einhalt zu gebieten, ist wohl die eigentliche "Losung von Dachau", wie es in Jura Soyfers Dachaulied heißt. (Thomas Neuhold, 13.5.2019)