Christian Fennesz gibt am Donnerstag im Volkstheater eines seiner seltenen Wienkonzerte.

Foto: Lorenzo Castore

Der Wiener Elektronikmusiker und Gitarrist Christian Fennesz zählt seit den 1990er-Jahren zu den weltweit führenden und vor allem stilprägenden Künstlern seines Genres. Mit Alben wie dem Debüt Hotel Paral.lel von 1997 und vor allem dem regelmäßig wiederveröffentlichten Klassiker Endless Summer von 2001 brachte der aus dem burgenländischen Rust gebürtige Künstler auch eines zuwege.

Christian Fennesz kombinierte die pannonische Melancholie und eine berauscht-rührende wie schwelgerische Weltumarmungsgeste mit den engelsgleichen Chören der Beach Boys, um sie dann manchmal durchaus schroffen und brutalen Sounds aus im Laptop errichteten Montagehallen der strengen, aber nie ganz strengen Heimelektronik auszusetzen.

Flauschiges Dröhnen

Der Witz daran: Diese damals tatsächlich neuen ästhetischen Ansätze, lineare Popmusik in langen Stücken elektronisch mit diversen Filtern und Effekten so lange zu zerdehnen, dass daraus flächige, dröhnende, atemberaubende wie manchmal auch durchaus flauschige Texturen entstehen, hatte als Ausgangspunkt natürlich nicht den Computer. Fennesz spielte die Tracks vor allem auch auf einer zu dieser Zeit in fortschrittlichen, aus den Nachwehen des Techno stammenden Kreisen ganz und gar nicht populären E-Gitarre ein. Der Trick gelang. Diverse Plattenfirmen konnten sich vor unverlangt eingesandten Demobändern etlicher Fennesz-Kopisten bald nicht mehr retten.


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Fennesz bespielte inzwischen die Welt und ihre Elektronikfestivals. Er arbeitete mit Mika Vainio von Pansonic zusammen, spielte im Trio Fenn O’Berg mit Produzent und Grammy-Gewinner Jim O’Rourke. Er arbeitete im Duo mit dem großen Sänger David Sylvian von Japan, mit Mike Patton von Faith No More oder mit dem japanischen Pop-Superstar Ryuichi Sakamoto, für dessen Yellow Magic Orchestra er auch als Tourgitarrist tätig war.

Zwischendurch entstanden solo einnehmende Klangarchitekturen wie Venice oder die Neusiedler-See-Hommage Black Sea. Zuletzt erschien 2014 das für seine Verhältnisse beinahe ruppige Wien-Album Bécs, auf dem er neben dem goldenen Wienerherzen auch die in der Stadt ansässigen Bluesharmonien der Heurigenszene und das Böse und Grantige einzufangen wusste.

Suitenhaftes Werk

In seiner Heimatstadt ist der 56-Jährige live nur selten zu erleben. Die Veröffentlichung des neuen Albums Agora (Touch Records) bietet nun im Rahmen der Wiener Festwochen eine seltene Gelegenheit, die vier neuen Stücke des sehr intim, daheim in der Wohnung unter Kopfhörern entstandenen, suitenhaften Werks bei entsprechender Lautstärke und adäquatem Raumklang zu hören.

Im Volkstheater wird man also nicht nur bedrohlich unruhige Drones zu hören bekommen, die das Thema der (psychischen) Isolation umkreisen. Fennesz hat auch angekündigt, alte "Hits" zu spielen. Die Visuals dazu kommen vom schwedischen Medienkünstler Lillevan. (Christian Schachinger, 15.5.2019)