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Foto: REUTERS Fotograf: Jason Lee

Es wird alles zustande kommen, und viel schneller, als die Leute glauben", machte US-Präsident Donald Trump am Dienstag auf Twitter Mut. Gemeint ist ein Handelsdeal zwischen den USA und China. Gleichzeitig relativierte er seine bisher größte Zolldrohung etwas. Die häufigen Kehrtwenden gehören im Zollstreit schon dazu. Doch mit jedem taktischen Manöver steigen die Kosten für die Weltwirtschaft, die unter der Unsicherheit und den wachsenden Einsätzen im Handelspoker der beiden Großmächte leidet.

Für Außenstehende schien Anfang des Monats eine Einigung des seit über einem Jahr brodelnden Konflikts zum Greifen nah, als Trump mit einer abrupten Anhebung der Strafzölle anstehende Gespräche torpedierte. Unternehmen und Investoren reagierten nervös auf die Kehrtwende. Seither gehen weltweit die Leitbörsen auf Tauchstation.

Schuld an der Eskalation sei Peking gewesen, sagt der US-Präsident. China habe einen 150-seitigen quasi akkordierten Text nochmals umgeschrieben, wie Medien mit Berufung auf Insider berichteten. Viele dieser Informationen lassen sich für Beobachter nur schwer verifizieren, vor allem die beteiligten chinesischen Politiker kommunizieren fast gar nicht mit der Öffentlichkeit.

Näher an Schmerzgrenzen

Fest steht, dass die USA aus Unzufriedenheit mit den bisherigen Fortschritten in den Verhandlungen den Druck erhöht hatten: Trump hob bestehende Zölle auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von zehn auf 25 Prozent an (siehe Grafik). Im selben Atemzug drohte er Zölle in Höhe von 25 Prozent auf die noch nicht betroffenen Importe im Wert von rund 300 Milliarden Dollar einzuführen. Statt zügig diesem Plan nachzugehen, werde nun, so wie bei vergangenen Strafzöllen, ein längeres Prüfverfahren eingeleitet. China hat sein deutlich geringeres Importvolumen bereits fast vollständig mit Gegenzöllen belegt. Peking behielt sich daher "qualitative" Gegenmaßnahmen vor. Zum Beispiel könnte US-Firmen der Marktzugang erschwert werden.

Gerade diese letzte Drohung würde beide Länder empfindlich treffen. Bisher hat das Weiße Haus Listen erstellt und gemeinsam mit der US-Wirtschaft austariert, welche Produkte aus China mit Strafzöllen belegt werden sollten und, noch wichtiger, welche verschont bleiben. Der Rest, der jetzt noch übrig bleibt, sind vorwiegend Konsumgüter. Spielzeug, T-Shirts und Sneaker sind darunter, ebenso Elektronik wie das iPhone. Bei diesen Produkten werden Preiserhöhungen infolge von Zöllen von Bürgern sofort wahrgenommen.

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Die jüngst angedrohten Zölle würden auch das in China gefertigte iPhone betreffen. Ob Apple derartige Kosten an die Käufer weitergibt, über die üppige Gewinnmarge schluckt, oder Druck auf Zulieferer ausübt, ist offen. Importeure ohne Marktmacht haben jedoch weniger Spielraum.
Foto: AP / Julio Cortez

Obwohl Donald Trump beteuert, dass bisherige Zölle von den Chinesen bezahlt wurden, widersprechen mehrere Studien diesem Befund, wie es der Handelsexperte Chad Bown vom Peterson Institute for International Economics zusammenfasst: Bisher hätten vor allem US-Importeure die Kosten getragen, die sie wiederum teilweise an ihre Abnehmer weitergaben. So einseitig muss die Kostenaufteilung zwar in Zukunft nicht bleiben, aber dass US-Konsumenten verschont werden, ist unwahrscheinlich.

Die negative Reaktion an den Märkten und die potenziellen Schmerzen bei US-Wählern dürften an Trump nicht vorübergehen. Auffallend wohlwollend war seine Wortwahl am Dienstag: Er hoffe, dass die Chinesen den USA die "Ehre erweisen" ihre "großartigen" Agrarprodukte zu kaufen. Am Rande des G20-Gipfels Ende Juni in Osaka will Trump mit Chinas Staatschef Xi Jinping über den Konflikt reden. Xi gebühre Trumps "grenzenloser Respekt und Freundschaft". US-Finanzminister Steven Mnuchin will zu einem "baldigen Zeitpunkt" erneut nach China reisen, um die Gespräche wieder aufzunehmen. Optimisten fiebern den Terminen nun entgegen.

Folgen der Unsicherheit

Wie eine Gruppe von Ökonomen in einer aktuellen Analyse des globalen Unsicherheitsindex (WUI) betont, könnte der Handelsstreit neben weiteren Unsicherheitsfaktoren das weltweite Wachstum bis zu 0,5 Prozentpunkte im laufenden Jahr dämpfen. Das Unsicherheitsbarometer ist so hoch ausgeschlagen wie zuletzt während der Euro-Krise. (slp, 14.5.2019)