Alexander Van der Bellen bei der Ankunft in Sotschi.

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Wien/Sotschi – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bei einem Besuch in der russischen Schwarzmeermetropole Sotschi den Vorwurf einer Unterwürfigkeit Österreichs gegenüber Russland zurückgewiesen. "Das finde ich gar nicht", sagte Van der Bellen vor einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der Bundespräsident verwies darauf, dass "Österreich und Russland eine lange zurückliegende gemeinsame Geschichte haben, die uns von anderen Ländern unterscheidet".

"Keine grundsätzliche Vertrauenskrise"

Gefragt vom ORF nach den Aussagen Van der Bellens beim Wien-Besuch von Putin im Juni des Vorjahres bekräftigte der Bundespräsident, dass er auch weiterhin "keine grundsätzliche Vertrauenskrise" zwischen Russland und Europa sehe. "Dazu stehe ich nach wie vor. Ich denke, wir wissen, woran wir wechselseitig sind. Wir erleben – in den letzten Jahren jedenfalls – keine großen Überraschungen, keine negativen, aber auch keine positiven, muss ich ehrlich sagen".

Was er aber im Gespräch mit Putin schon "anschneiden wolle", sei die Frage, "ob es nicht auch im Interesse Russlands wäre, die eine oder andere vertrauensbildende Maßnahme zu setzen" – vor allem im Ukraine-Konflikt. Van der Bellen ergänzte aber gleichzeitig: "Ich erwarte mir keine unmittelbare Folgen der Gespräche."

Dialog weiterführen

Dass Russland derzeit im Osten der Ukraine russische Pässe verteilt, sei zwar "keine vertrauensbildende Maßnahme". Aber: "Auf der ukrainischen Seite wurden Maßnahmen getroffen, die Einschränkungen der russischen Sprache betrifft. Also ich würde sagen, beide Seiten bleiben sich wenig schuldig."

In einem Interview mit russischen Medien hatte Van der Bellen betont, die EU-Sanktionen gegen Russland mitzutragen. "Österreich ist ein Mitglied der EU und macht zweifelsohne loyal an diesen Maßnahmen (Sanktionen, Anm.) mit. Das ist ungeachtet jener Position, die wir in der Tat als die österreichische erachten", sagte Van der Bellen im Gespräch mit der "Rossijaskaja Gaseta". Aber selbst, wenn EU und Russland diese wie er "hoffe zeitlich beschränkten Probleme miteinander haben, muss der Dialog weitergeführt werden". Die Sanktionen waren nach der völkerrechtswidrigen Einverleibung der ukrainischen Krim-Halbinsel und der Rolle Moskaus im Ukraine-Konflikt vor fünf Jahren verhängt worden.

Verzögerungen

Van der Bellen und Putin wollten zu Mittag zu einem bilateralen Treffen zusammenkommen. Das für kurz vor 12.00 Uhr angesetzte Treffen, verzögerte sich um etwa eine Stunde. Nach einer gemeinsamen Pressekonferenz eröffnen die beiden Staatsoberhäupter das bilaterale Gesprächsforum "Sotschi-Dialog". Die konstituierende Sitzung des sogenannten "Steering Komitees", das die Veranstaltungen festlegen wird, findet am Mittwochnachmittag statt. Ziel des Sotschi-Dialogs ist es, die Kontakte in den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Sport zwischen den beiden Ländern zu vertiefen.

Für das Forum ist auf österreichischer Seite Ex-Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl verantwortlich, auf russischer Seite der ehemalige Bildungsminister und Putin-Berater Andrej Fursenko. Das Format zeichnet sich insbesondere auf russischer Seite durch eine staatsnahe Zivilgesellschaft aus. Organisatorisch ist das Außenministerium zuständig, ein eigenes Budget gibt es vorerst aber nicht dafür. (APA, 15.5.2019)