Von neun bis neun Uhr, sechs mal die Woche. Warum denn nicht?

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Work-Life-Balance ist das wichtigste Ziel der (zentral)-europäischen Nachwuchsgeneration. Die digital mit Hochschulabschluss ausgebildeten Jungen formulieren diesen Anspruch an Platz für freies Leben auch in weniger prosperierenden Ökonomien. Reinschuften bis zum Umfallen wollen sie, die Gesuchten, also sicher nicht. Karoshi (Tod durch Überarbeiten) steht nicht als unvermeidbares Muss auf ihrem Lebensplan.

Sehr vernünftig!

Eine grundsätzlich gesunde Einstellung. Die allerdings gerne verunglimpft wird als mangelnder Leistungswille. Angeblich hört sich die sklavenartige Arbeit mit zunehmender Digitalisierung eh auf. So wie es aussieht, wird Arbeitsmoral aber gerade in den Zentren der digitalen Revolution neu definiert – von den vielbewunderten Taktgebern und Machern. Alibaba-Gründer Jack Ma – einer der Reichsten in China – lobt etwa die "Segnungen von 996". heißt: Von neun Uhr bis neun Uhr an sechs Tagen in der Woche arbeiten. In der Tech-Community hat er damit Schrecken ausgelöst.

Gebt mir mehr

"Smarter, harder, longer" hat sich die kürzlich beim Börsengang gefloppte Plattform Uber als Motto für die Arbeitsmoral genommen. Amazon agiert geschäftlich sowieso nach diesem Motto. Und der bewunderte SpaceX-Held Elon Musk merkte in US-Medien lapidar an, dass die Welt ja schließlich auch nicht in der 40-Stunden-Woche verändert wurde. Da bahnt sich ein neues Paradigma an: Willst du dabei sein, dann widme dein Leben meiner Firma. Bei Steven Jobs hieß das noch "Passion Principle", also der Imperativ, immer mit größter Leidenschaft zu arbeiten. Die freie, neue Arbeitswelt, in der die Nerds den Chefs sagen "dreht ihr das Licht dann ab, wir gehen früher" hat jedenfalls mit der Wirklichkeit nur geringe Schnittmengen. Es geht eher um "härter und länger". Chillig – ein Leben ganz und gar für die Firma. (Karin Bauer, 19.5.2019)