Eric und sein Bruder Joshua sind 13 und wollen von ihrer Mama wissen, was sie denn bei der EU-Wahl wählen wird und warum. Doch Elena möchte ihren Kindern nicht erzählen, welche Partei sie wählen wird, und pocht auf das Wahlgeheimnis.

Seit letztem Jahr haben Valerie (15) und ihre Freundin Marlene (16) in Geschichte viel über Parteien und deren Programme gehört. Doch anstatt vieler befriedigender Antworten haben die Mädchen jetzt noch mehr Fragen. Zu Hause ist Politik aber kein Thema.

Die Eltern von Wolfgang diskutieren, sooft sie können, über Politik. So ist es kein Wunder, dass der Schüler ziemlich viel davon mitbekommt und sich eigentlich auch sehr gut mit Politik auskennt. Wenn er mit seinen Freunden über dieses Thema reden möchte, sagen diese immer, dass er mit dem langweiligen Thema endlich aufhören soll.

Jugend und Demokratie

Seit dem Jahr 2007 dürfen in Österreich Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr zur Wahl gehen. Das Interesse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen an Politik sei laut Berichten seither deutlich gestiegen. Trotzdem misstrauen der Jugendstudie "Junges Europa 2018 – Jugendstudie der TUI-Stiftung" zufolge rund 33 Prozent der befragten europäischen Jugendlichen der Europäischen Union.

Demokratie ist wesentlich von einer Gesellschaft getragen, die sich aktiv daran beteiligt und ihre Meinung unter anderem über die Teilnahme an Wahlen zum Ausdruck bringt. Wesentliche Merkmale einer Demokratie sind Mitbestimmungsmöglichkeiten durch Wahlen, die Gleichheit aller Menschen, egal welche Herkunft sie haben, welchem Geschlecht oder welcher Religion sie angehören und über welchen Besitz sie verfügen.

Die Rechtsordnung, durch die Rechte und Pflichten aller Bürgerinnen und Bürger festgeschrieben sind, regelt das Zusammenleben aller Menschen in einem demokratischen Land. Das Einhalten der Menschenrechte, das Recht auf die eigene Meinung, das Recht, sich zusammenzutun und gemeinsam für die gleiche Meinung einzutreten, bestimmt die demokratische Haltung.

Politische Erziehung in Elternhaus und Schule

Es stellt sich die Frage, wie man Kinder und vor allem Jugendliche zu politischem Interesse erzieht. Wie bei allen anderen Punkten in der Erziehung spielt auch hier das Vorbild der Eltern und Bezugspersonen eine maßgebliche Rolle.

Von Beginn an hören Kinder mit, wenn Eltern und Bezugspersonen über politische Themen sprechen oder diskutieren. Sie bemerken, wie Mama oder Papa die Berichte über Politik, Wahlen, Parteien, Personen des politischen Lebens und die verschiedensten Bereiche gesellschaftspolitischer Handlungen kommentieren. Sie erleben, ob zu Hause überhaupt darüber gesprochen wird, und sie übernehmen somit die Einstellungen der wichtigsten Personen ihres Umfelds.

Die EU-Wahl steht vor der Tür. Wie geben Sie Ihren Kindern politisches Wissen weiter?
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Also selbst dann, wenn Erwachsene glauben, dass sie nicht politisch sind, sich der Meinung enthalten und keinerlei Kommentare zum politischen Tagesgeschehen abgeben, entwickelt sich beim Kind und Jugendlichen eine Einstellung dazu. In diesem Fall womöglich die Meinung, dass dies ein Thema ist, mit dem man wenig anfangen kann, für das man sich nicht interessiert und das einen nicht betrifft.

Meist erleben Kinder im Kindergarten und später in der Schule, dass sie mitunter selbst aktiv mitbestimmen und entscheiden können, zum Beispiel bei der Wahl der Klassensprecherin oder des Klassensprechers. Auch beobachten Kinder und Jugendliche, wie und wann sich Eltern und Bezugspersonen aktiv politisch verhalten und mitbestimmen. Mitunter ist der Nachwuchs möglicherweise neugierig und fragt, was die Erwachsenen gewählt haben. Mit der Antwort und der Möglichkeit eines Gesprächs über Politik und Mitbestimmung fördern Eltern und Bezugspersonen durchaus hier aktive Auseinandersetzung und eigene Meinungsbildung von Kindern und Jugendlichen. Und so nebenbei besteht obendrein auch noch die Chance, dass der Nachwuchs Politik spannend findet, das Interesse wächst und sich damit für Eltern und Bezugspersonen Möglichkeiten eröffnen, ihren Nachwuchs politisch zu bilden.

Was ist politische Bildung?

Politische Bildung beginnt also mit der Erziehung, sich eine Meinung zu bilden, diese zu vertreten und gegebenenfalls auch wieder zu revidieren und anzupassen. Damit Kinder und Jugendliche eine eigene Meinung bilden können, sind Gespräche und Informationen, die sie aus der Peergroup, dem Elternhaus, aus der Schule und den Medien zusammentragen, wichtig. Dies ermöglicht den jungen Menschen, selbstständig in die eine oder andere Richtung zu denken, einen Standpunkt zu finden, diesen zu vertreten, dementsprechend zu handeln und zu wählen.

Am Beispiel Greta Thunberg

In den letzten Monaten macht die Jugendliche Greta Thunberg immer wieder Schlagzeilen. Sie engagiert sich sehr aktiv und tatkräftig für den Klimaschutz. Thunberg hat sich im August 2018 mit einem Schild vor den schwedischen Reichstag gesetzt und für eine verantwortliche Klimapolitik demonstriert. Sie hat sich eine eigene Meinung gebildet und diese vertritt diese inzwischen weltweit mit sehr viel Engagement.

Die Bewegung für den Klimaschutz hat auch österreichische Schülerinnen und Schüler dazu animiert, an den "Fridays for Future"-Demos ihre Meinung zum Weltklimaschutz öffentlich kundzutun. Dies war hoffentlich in vielen Familien und auch Schulen Anlass, das Interesse am Weltgeschehen und an der Politik erneut zu wecken, sich wieder einmal darüber zu unterhalten, welche Meinung man dazu hat und was jeder Mensch bewirken kann.

Jugendliche und politisches Interesse

Am 26. Mai 2019 finden die EU-Wahlen statt. Jugendliche in Österreich ab dem 16. Lebensjahr dürfen ihre Stimme abgeben und sich an den Wahlen beteiligen. Aber Hand aufs Herz: Wie viel Wissen über nationale beziehungsweise europäische Politik oder über die Konsequenzen der Wahl und wie viel Lust, sich damit auseinanderzusetzen, haben Jugendliche in Österreich?

Ihre Erfahrungen?

Zeigen Ihre Kinder und Jugendlichen Interesse an politischen Themen? Sprechen Sie mit Ihren Kindern und Jugendlichen über Politik? Posten Sie Ihre Erfahrungen, Fragen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 17.5.2019)