Das ist eine komplizierte Geschichte, aber sie hat einen gemeinsamen Nenner: Man muss Angst um den Rechtsstaat Österreich haben.

Es geht um alte Skandale wie den Kauf der Eurofighter und um die Tatsache, dass die Justiz bei der Aufklärung höchst dubioser Vorgänge bisher versagt hat. Es geht um jüngere Skandale wie die Razzia im Bundesverfassungsschutz, die auf Drängen des Innenministeriums von einer willfährigen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) betrieben wurde; und es geht um den jüngsten Skandal, wonach die Leiterin ebendieser Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung wegen Amtsmissbrauch gegen ihren Vorgesetzten, den Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, einbrachte.

Dauerbrenner Eurofighter

Unter der schwarz-blauen Koalition Schüssel/Haider entschied sich die Regierung von einem Tag auf den anderen, statt schwedischer Kampfjets die Eurofighter zu kaufen. Obwohl es in den Folgejahren zahlreiche Hinweise auf dubiose Zahlungen des Eurofighter-Produzenten gab (u. a. an die Firma des damaligen FPÖ-Geschäftsführers Gernot Rumpold), legte die Justiz eine unerträgliche Initiativlosigkeit an den Tag. Ein neuer damit beauftragter Staatsanwalt wird derzeit ebenfalls wegen Untätigkeit (!) von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt verfolgt.

Inzwischen haben wir die zweite schwarz-blaue oder eher türkis-blaue Koalition. Eine der ersten Amtshandlungen von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl war eine Razzia beim eigenen Verfassungsschutz (BVT), aufgrund eines lächerlichen anonymen Pamphlets. Da bei dieser Hausdurchsuchung massiv Material über Rechtsextremisten beschlagnahmt wurde, besteht der Verdacht, dass hier die Arbeit des BVT gegen die Rechtsextremisten sabotiert werden sollte. Zumal der Generalsekretär des Innenministeriums, Peter Goldgruber, vorher vom BVT vergeblich die Namen der bei Neonazis eingeschleusten V-Männer wissen wollte. Sehr hilfreich bei der Aktion war eine Staatsanwältin der WKStA, die aber vor dem U-Ausschuss ein Bild der Überforderung abgab. Generalsekretär Pilnacek kritisierte diesen Überfall auf das BVT und nahm die WKStA stärker an die Kandare.

Amtsmissbräuchliche Weisung

Letzte Entwicklung: In einer großen Dienstbesprechung Anfang April wurde unter dem Vorsitz von Pilnacek das weitere staatsanwaltschaftliche Vorgehen in der elenden Eurofighter-Sache besprochen. Pilnacek zeigte sich erstaunt, dass die nunmehr zuständige Korruptionsstaatsanwaltschaft den Fall völlig neu aufrollen wollte. Er machte in seiner bekannt saloppen Art Äußerungen, die von der Leiterin der WKStA als amtsmissbräuchliche Weisung zur Einstellung des Verfahrens interpretiert wurden. Pilnacek sagt, er habe nur vorgeschlagen, aus Prozessökonomie bestimmte Teile einzustellen.

Bemerkenswert ist, dass die Sitzung offenbar heimlich von einem Teilnehmer aufgenommen und das Protokoll an die Medien gespielt wurde. Das und die Anzeige gegen Pilnacek wird als Retourkutsche für seine Kritik im Fall BVT interpretiert. Fazit: Verdacht, dass die Justiz sich a) für eine Vertuschung des Eurofighter-Skandals einspannen ließ; b) sich ebenfalls benutzen ließ für eine politische Aktion gegen den Verfassungsschutz; und dass c) zwischen Korruptionsstaatsanwaltschaft und dem starken Mann des Justizministeriums ein politischer Rache-und Machtkampf tobt. (Hans Rauscher, 17.5.2019)