Strache und Gudenus, die besonderen Feinde einer kritischen und demokratisch motivierten Medienkultur, sind gestürzt. Aber die Politik wimmelt noch vor einflussreichen Leuten, die mit "unbotmäßigen" Journalisten und Medien nichts anfangen können.

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An diesem Samstag hat man gesehen, warum es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht. Die Sondersendung des ORF (mit Rekordzuseherschaft) gab den Ereignissen – eine Regierungskrise, wie sie noch nie da war – das entsprechende Gewicht. Vor allem erfüllte der ORF seine Informationspflicht, indem er immer wieder das unfassbare Video spielte, in dem Heinz-Christian-Strache und Johann Gudenus die Republik an eine vermeintliche russische Oligarchin verhökern wollen.

Auch die Privaten (Puls 4 mit dem "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk als Gast) waren gut dabei. Aber beim ORF merkte man, dass hier ein stiller Aufstand von professionellen Journalisten stattfand, die schon länger unter den Knebelungsversuchen von Türkis-Blau leiden (Übrigens: Wann tritt ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger zurück?).

DER STANDARD

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erwähnte in seiner Rede am Samstagabend zuerst das "verstörende Sittenbild", das die Russen-Kumpane Strache und Gudenus geboten hatten, um dann ausdrücklich "auf die wesentliche Rolle" hinzuweisen, "die unabhängiger Journalismus in einer funktionierenden liberalen Demokratie spielt: Die vierte Macht hat in diesem Fall ihre Verantwortung voll wahrgenommen."

Die "vierte Macht" in Österreich ist so eine Sache. Es gibt einen seriösen Sektor, zu dem einige Tages- und Wochenzeitungen wie DER STANDARD, vor allem auch die in den Bundesländern gehören – und es gibt die Radaublätter mit der "Krone" an der Spitze. Die Wahrheit ist: Die "Krone" (und Fellners "Österreich") haben die türkis-blaue Regierung hinaufgeschrieben und sind dafür mit Millionen in Form von Inseratengeld gefüttert worden. Die "Krone" wurde durch die unfassbare Dummheit von Strache und Co ("Die übernehmen wir mit russischem Geld") vom Unterstützer zum Gegner der FPÖ. Seit sich René Benko, der Immobilientycoon und gute Bekannte von Sebastian Kurz, bei der "Krone" (und beim "Kurier") eingekauft hat, betrachtet die "Krone" auch Kurz etwas skeptischer.

Das Medienverständnis, das Strache in dem Video zeigt – "Wir wollen eine Medienlandschaft wie bei Orbán in Ungarn" – ist typisch für diesen rechtsextremen Politiker und seine rechtsextreme Partei. Allerdings ist auch Kurz ein Kontrollfreak, was Medien betrifft. Er kann nur besser und intelligenter mit Medien umgehen – übrigens war seine Rede am Samstagabend, in der er Neuwahlen ankündigte, ein Meisterstück der Vernebelung. Er sagte, er habe zu viel "schlucken" müssen, was ihm die FPÖ zumutete. Darauf hat die Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger auf Twitter die einzig mögliche Antwort gegeben: "Wer musste den ganzen rechtsradikalen Mist und die tägliche Dosis Machtmissbrauch ertragen? Kurz? Nein, wir Österreicherinnen und Österreicher!"

Strache und Gudenus, die besonderen Feinde einer kritischen und demokratisch motivierten Medienkultur, sind gestürzt. Aber die Politik wimmelt noch vor einflussreichen Leuten, die mit "unbotmäßigen" Journalisten und Medien nichts anfangen können. (Im Übrigen gibt es auch nicht wenige Journalisten, die bereit sind, sich undemokratische und machtversessene Politiker/Parteien schönzureden).

Die Selbstsprengung der FPÖ-Spitze ist da nur eine Etappe in einem langen Kampf um Medienverhältnisse in Österreich, die einer liberalen westlichen Demokratie entsprechen. Der Kampf wird gemeinsam mit jenen Lesern zu führen sein, die ein Interesse an demokratischer Kontrolle der Mächtigen haben; die nicht täglich mit Lügen, Hass und Verschwörungstheorien zugeschüttet werden wollen; und die sich vor allem nicht für blöd verkaufen lassen wollen. (Hans Rauscher, 19.5.2019)