Ein bewegter Herbert Kickl nach einer Pressekonferenz am Montag – noch als Innenminister.

Foto: Christian Fischer

Manfred Matzka, früherer Präsidialchef des Bundeskanzleramts, stellt im Gastkommentar Überlegungen an, wie es an der Spitze der Ministerien weitergehen könnte. Er bringt hochqualifizierte, dem Rechtsstaat verpflichtete Sektionschefs von untadeligem Ruf ins Spiel.

Da man erst im September wählen wird und danach Regierungsverhandlungen auch noch ihre Zeit brauchen, stellt sich jetzt die Frage, wer Österreich im nächsten halben Jahr regieren soll. Formal ist das einfach zu beantworten: diejenigen, die der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers mit den Regierungsgeschäften betraut. Üblicherweise sind das die bisherigen Minister, aber das ist im vorliegenden Kontext nur bedingt möglich, und sinnvoll ist es gar nicht.

Das Beamtenressort kann sowieso nicht von Heinz-Christian Strache interimistisch weitergeführt werden. Das Innenressort kann wohl nicht von Herbert Kickl weiter kommandiert werden, denn der Kanzler wollte ihn ja offensichtlich rausschmeißen. Und wenn es stimmt, was schlussendlich auch der Kanzler realisiert hat, dass es nämlich insgesamt "die FPÖ nicht kann", dann darf auch ein Bundespräsident nicht die Verantwortung dafür übernehmen, wissentlich ungeeignetes Führungspersonal zu bestellen. Zumal er nicht will, dass "dreiste respektlose" Personen "unser Land durch die nächsten Monate führen".

Experten am Gängelband?

Zudem sollte man wohl generell die gespenstische Situation vermeiden, dass in den Ministerien bedeutungslos gewordene Schattenminister herumirren, die im Haus nichts mehr zu sagen haben und mit ihren Gedanken und Körpern nur noch im Wahlkampf sind. Und man muss auch vermeiden, dass es ein halbes Jahr lang praktisch keine Ministerräte mehr gibt, die irgendetwas von Substanz beschließen können. Schließlich muss man dem Land die Peinlichkeit ersparen, dass Minister in Brüssel milde belächelt werden.

Demokratiepolitisch und nach dem Geist der Verfassung ist es aber auch nur schwer denkbar, FPÖ-Regierungsmitglieder durch interimistische ÖVPler zu ersetzen, also dem Land gegen jedes Wahlergebnis eine absolute Alleinherrschaft einer 27-Prozent-Partei aufzubürden. Und man sollte die Situation vermeiden, dass irgendwelche externe "neutrale" Experten in die Ministerienspitzen einziehen, die dann dort am Gängelband der verbleibenden Kabinette der abtretenden Minister herumgeführt werden, weil sie sich ja im Tagesgeschäft des Regierens und Verwaltens nicht auskennen.

Besser Spitzenbeamte!

Bleibt also nur, was die Verfassung ohnedies klar vorsieht: "Mit der Fortführung der Verwaltung kann auch ein dem ausgeschiedenen Bundesminister beigegebener ... leitender Beamter des betreffenden Bundesministeriums betraut werden." Das ist in der jetzigen Situation das einzig Sinnvolle und im Sinne von Demokratie und Rechtsstaat auch geboten.

Übrigens nicht nur in den freiheitlichen Ressorts. Denn es geht auch darum, jetzt flächendeckend zu verhindern, dass im Schnellverfahren Kabinettsmitarbeiter in die Ministerien hineinbefördert und dort festgezurrt werden – was ja am Bundespräsidenten vorbei gemacht werden kann, wenn man diese Leute nicht als Beamte ernennt, sondern als Sondervertragsbedienstete bestellt.

Noch gibt es in allen Ressorts hochqualifizierte, dem Rechtsstaat verpflichtete Sektionschefs von untadeligem Ruf und mit langjähriger Verwaltungserfahrung, die können, was von der Führung eines Ministeriums erwartet wird. (Man muss ja nicht die neuen Generalsekretäre nehmen, die politisch zu sehr punziert und in der Sache zu wenig erfahren sind.) Spitzenbeamte werden sicher keine besoffenen Versprechen betreffend illegale Auftragsvergaben machen, keine Parteispenden einfordern, ihre Amtsbefugnis und Macht nicht wahlbeeinflussend einsetzen, Journalisten respektvoll behandeln und sich auch sonst so anständig benehmen, wie sich in Österreich eben gebildete Menschen zu verhalten wissen.

Kein "zack, zack"

Es wird unter ihnen keine rechtsbelasteten "Einzelfälle" geben, sie neigen nicht zu Suff und Koks, sie sagen die Wahrheit, und sie finden rasch vernünftige Lösungen für Alltagsprobleme. Sie werden die große Schar orientierungsloser Jobsucher aus den Ministervorzimmern nicht nehmen und nicht brauchen; damit tragen sie gleich prophylaktisch dazu bei, dass die nächste Regierung nicht gleich wieder mit sündteuren Umfärbeaktionen beginnen muss.

Was solche Spitzenbeamte nicht so gut können, sind große einschneidende Reformen zu konzipieren und "zack, zack" umzusetzen – aber das ist ja derzeit wohl ohnedies eher weniger gefragt.

Sauber und effizient

Eine höchstqualifizierte Juristin als Beamtenministerin, ein erfahrener General als Verteidigungsminister, die Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit als Innenministerin, ein versierter Botschafter als Außenminister, langjährige Sektionschefs oder Präsidialchefs als Gesundheits- und als Infrastrukturminister, ein Wirtschaftsminister mit Expertenwissen über Gewerbe und Industrie und eine lobbyresistente Landwirtschaftschefin wären nicht das Schlechteste, was Österreich passieren kann.

Und der erste Akt dieser Ressortleiter sollte sein, die Generalsekretäre umgehend ziehen zu lassen und die Häuser so zu führen, wie es Verfassung, Rechtsstaat und Zweckmäßigkeit gebieten. Sauber, transparent, gesetzestreu, effizient und bürgerfreundlich. Im Gegensatz zur FPÖ und Ministerbüros können sie das. (Manfred Matzka, 20.5.2019)