Norbert Hofer schreitet mit freundlicher Miene voran, im Hintergrund wartet der Mann für die groben Sachen, Herbert Kickl.

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Vom blauen Führungstrio Strache/Hofer/Kickl ist nach dem Ibiza-Gate, das Heinz-Christian Strache aus dem Vizekanzleramt schleuderte, ein Duo übriggeblieben. Ein Duo, das – zumindest in Auftreten und äußerem Erscheinungsbild – unterschiedlicher nicht sein könnte.

Der eine, Norbert Hofer, der Konziliante, bisweilen fast ein wenig Weinerliche ob des Verlusts seines Infrastrukturministeriums, der andere, Herbert Kickl, der Mann für alle politischen Grobheiten, der den Eindruck vermittelt, zum Lachen in den Keller zu gehen – wenn er nicht gerade stolz grinsend auf seinem Polizeipferd namens Dorian Probe reitet.

Ein ungleiches Paar, auf den ersten Blick. Wobei Hofer, wenn er die weiche Schale ablegt, auch ganz anders kann, wie er etwa im Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 demonstrierte. Da bekam der damalige Konkurrent und jetzige Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch schon einmal geballte Hofer-Wut zu hören: "Wir brauchen keine grüne Diktatur, keinen grünen Austrofaschismus."

Kickl legt Retourgang ein

Seit Regierungseintritt spielt Hofer jedenfalls den gnadenlos netten Good Cop der Blauen, der einen aus dem Bassin geholten Fisch nie totschlagen, sondern zu Tode streicheln würde.

Hofer will demonstrieren: Ich verkörpere die staatstragende FPÖ, sie ist regierungsfähig, es hat keinen Grund gegeben, uns aus den Ämtern zu jagen. Kickl regrediert an seiner Seite retour in seine Lieblingsrolle eines wahlkämpfenden Oppositionspolitikers, der die Stammtische bei Laune halten will.

Hofer und Kickl müssen es jetzt auf alle Fälle richten und die FPÖ nach dem GAU auf Ibiza wieder stabilisieren. Aber kann das mit der Zweifirmentheorie tatsächlich funktionieren, wenn die FPÖ plötzlich mit zwei so unterschiedlichen Gesichtern auftritt? "Warum soll es nicht funktionieren?", sagt FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer. "Sie versuchen, die Partei zu retten, es sind zwei unterschiedliche Gesichter, aber die einfache Zuordnung Good Cop / Bad Cop wird den beiden nicht gerecht."

Politikberater Thomas Hofer hätte da ohnehin ein ganz anderes Bild anzubieten: "Dr. Jekyll und Mr. Hyde." Die Doppelconférence könne aber durchaus funktionieren, glaubt auch Hofer, beide zielten auf unterschiedliche Zielgruppen. Kickl sei am dichtesten an der Basis dran, er mache das "Hardcore-Basisprogramm" und präsentiere sich als knallharter Vertreter der blauen Interessen. "Den mussten sie schon aus dem Amt hinaustragen, der unterschrieb noch währenddessen Dekrete", sagt Hofer.

Norbert Hofer wiederum sei eben das nette Gesicht nach außen, "der keiner Fliege etwas zuleide tun kann, der meint, es war eh alles super in der Regierung, und ich verstehe nicht, warum sie geplatzt ist". Norbert Hofer habe die Aufgabe, "mit seiner konzilianteren Art die Türen zu den anderen Parteien offen zu lassen und den Abfluss von blauen Wählern in Richtung ÖVP zu minimieren", sagt der Politikexperte.

Zudem dürfe auch eines nicht übersehen werden: Die FPÖ sei heute – trotz Ibiza-Gate – wesentlich besser aufgestellt als noch 2002, als sich die Partei nach dem parteiinternen "Putsch von Knittelfeld" marginalisiert und in folgenden Neuwahlen krass dezimiert habe.

"Auch Masterpläne eskalieren"

Die Politikwissenschafterin Katrin Stainer-Hämmerle sieht das Doppelspiel eher nüchtern. Sie glaubt nicht, dass die FPÖ tatsächlich eine strategische Zweifirmentheorie verfolge: "Da sind jetzt auch viele Emotionen im Spiel, die die Geschehnisse bestimmen. Hofer hat mehr das Große im Blick, das interessiert Kickl in seiner Emotion momentan sicher nicht mehr so besonders."

Auch der Politikwissenschafter Peter Filzmaier bleibt ziemlich skeptisch: "Auch die besten Masterpläne können gruppendynamisch in Wahlkämpfen eskalieren, weil man einander intern in die Quere kommt. Außerdem muss ja eine Entscheidung über einen Spitzenkandidaten getroffen werden."

Mit welchem Gesicht die FPÖ in den kommenden Wahlkampf ziehen wird, dürfte sich bei der Abstimmung im Parlament am Montag über einen Misstrauensantrag zeigen. Spätestens dann wird die FPÖ offenbaren müssen, wer in der Partei das Sagen hat: der Good Cop oder der Bad Cop. (Walter Müller, 22.5.2019)