Für die Musikerin Sabrina Reheis-Rainer war immer klar: Sie würde nach der Hochzeit den Namen ihres Mannes annehmen. Als der große Tag näher rückte, kamen ihr Zweifel. "Mein Name gehört für mich zu meiner Identität", sagte sie. Und entschied sich für einen Doppelnamen.

Paare haben am Standesamt heute die Qual der Wahl: Sein Name, ihr Name, ein Doppelname – oder beide behalten den eigenen Namen. Zumindest theoretisch. Denn die meisten wählen nach wie vor den traditionellen Weg: Die Frau nimmt den Namen des Mannes an. In Deutschland haben sich 2018 laut einer Studie drei Viertel der Paare so entschieden, für Österreich gibt es keine genauen Zahlen, es dürfte aber ähnlich sein.

Politische Dimension

Aber warum geben so viele Frauen ihren Namen auf? In einer Zeit, in der die Gleichberechtigung in anderen Bereichen schon viel weiter ist? "Weil man es immer so gemacht hat", sagt die deutsche Historikerin Uta C. Schmidt. Die Wahl des Namens ist eine persönliche Entscheidung, die für beide passen muss – und trotzdem geht es dabei um mehr. "Es hat auch eine politische Dimension", sagt Schmidt. Gleichberechtigung fängt in den vier Wänden an. Früher, so erklärt die Politikwissenschafterin Heike Mauer, sei der Mann in der Familie der Entscheider gewesen, die Frau war von ihm abhängig. Durch seinen Nachnamen wurde sie eins mit ihm. Dies ist heute zwar veraltet, wirkt aber teilweise noch nach.

"Frauen ist ein Namenswechsel eher zumutbar", heißt es in einem Kommentar zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuch aus dem Jahr 1976. Die Begründung: Frauen sind im Beruf oft in niedrigeren Positionen und ohnehin für die Kinderversorgung zuständig. In Österreich sah man das ähnlich. Erst Mitte der 1970er-Jahre konnte der Name der Frau als Familienname geführt werden. Seit den Änderungen des Namensrechts 1995 und 2013 gibt es mehr Optionen. Dass beide Partner einen Doppelnamen tragen, ist erst seit sechs Jahren möglich.

Gegen die Tradition

Auch wenn der rechtliche Weg frei ist: So ganz bereit scheint die Gesellschaft noch nicht dafür. Paare, die sich gegen die Tradition entscheiden, kommen in Erklärungsnot. Laut einer US-Studie gelten Frauen, die ihren Namen behalten, als selbstbezogen. Und ihre Gatten werden als unmännlicher wahrgenommen, weil sie sich nicht gegen die Ehefrau durchsetzen konnten. Die Entscheidung beschäftigt oft auch die Verwandtschaft. Beliebte Fragen: Warum so kompliziert? Wollt ihr denn nicht zeigen, dass ihr zusammengehört? Denkt ihr nicht an die Kinder? Oft sind bei den Paaren die Kinder tatsächlich ein Argument. Vor der Vorstellung, dass die Familie keinen gemeinsamen Namen trägt, graut vielen.

Allen Unkenrufen zum Trotz scheint sich etwas zu bewegen. Frauen behalten immer öfter ihren Namen – aus beruflichen Gründen oder weil sie ihn als Teil ihrer Identität betrachten. "Die Beibehaltung des Familiennamens wird beliebter", sagt der Standesbeamte Johann Fally. Auch gleichgeschlechtliche Paare – die in Österreich bei der Namensführung die gleichen Rechte haben – entscheiden sich nach US-Studien für diese Variante.

Fakt ist: Paare denken verstärkt darüber nach, wie sie nach der Hochzeit heißen wollen. Und wer sich gar nicht einigen kann, macht es wie Anna und Bernhard Schön (siehe unten) – und sucht sich einen neuen Namen. (Franziska Zoidl, Bernadette Redl, 25.5.2019)

Olivia Päcklar und Christian Grüneis sind seit 2015 verheiratet
Foto: Heribert CORN

Beide behielten ihren Namen: Olivia Päcklar und Christian Grüneis

"Ich kenne eigentlich alle Menschen in Österreich, die Päcklar heißen", sagt Olivia Päcklar.
Foto: Heribert CORN
Olivia: "Mein Name ist sehr selten, ich kenne eigentlich alle Menschen in Österreich, die Päcklar heißen. Deshalb, und weil ich meinen Namen einfach sehr gerne mag, wollte ich ihn behalten. Für mich war das außerdem eine Frage der Identität: Mein Name gehört zu mir, ich habe ihn – bis zur Hochzeit – fast 30 Jahren getragen, er steht auf meinem Uni-Abschlusszeugnis etc. Ihn einfach auszutauschen konnte ich mir nicht vorstellen.
Auch Christian war mit der Entscheidung einverstanden. Wir haben damals alle Varianten durchüberlegt und uns gegen einen Doppelnamen entschieden. Hätte ich darauf gepocht, hätte er sicher auch meinen Namen angenommen. Allerdings ist das Problem damit: Obwohl er sehr besonders ist, kann man meinen Namen schwer schreiben – man muss ihn fast immer buchstabieren. Das war Christians Argument dagegen, und das konnte ich gut nachvollziehen. Weil wir uns beide mit unseren Namen wohlfühlen, haben wir sie also einfach so gelassen.
Im Freundes- und Familienkreis gab es ganz unterschiedliche Reaktionen. Manche Menschen haben automatisch angenommen, dass ich meinen Namen geändert habe. Bei vielen ist auch durchgeklungen, dass sie es blöd finden, wenn man als Familie keinen gemeinsamen Namen hat. Meine Mama hat sich aber gefreut, dass ich meinen Namen behalten habe.
Bei unserer Tochter fiel uns die Entscheidung dann leicht, sie hat einen Doppelnamen. Somit hat sie von uns beiden etwas mitbekommen. Wenn sie älter ist, kann sie selbst entscheiden, ob sie nur einen oder beide Namen tragen will, für uns wäre das okay."
"Mit meinem Doppelnamen zeige ich, da bin ich hergekommen, und da bin ich hingegangen", sagt Sabrina Reheis-Rainer.
Foto: Heribert CORN

Doppelname: Sabrina Reheis-Rainer und Martin Rainer

Sabrina Reheis-Rainer und Martin Rainer haben 2018 geheiratet
Foto: Heribert CORN
Sabrina: "Wenn mich vor fünf Jahren jemand gefragt hätte, ob ich mir vorstellen könnte, einen Doppelnamen anzunehmen, hätte ich Nein gesagt. Aber als der Tag der Entscheidung näher rückte, konnte ich mich plötzlich schwer an den Gedanken gewöhnen, dass ich meinen Namen ganz hergeben soll. Er gehört für mich schon zu meiner Identität.
Wir haben immer gesagt: Jeder kann es machen, wie er will. Bei meinem Mann, der Komponist ist, war schnell klar, dass er aus beruflichen Gründen seinen Namen nicht ändern sollte. Dass ich einfach bei meinem Namen bleibe, fand ich dann aber auch komisch, denn man wird ja zu einer Familie.
Ich habe also alle Varianten auf Facebook durchgespielt: Bei Sabrina Rainer habe ich bei 30 Treffern zum Zählen aufgehört. Mein bisheriger Name Sabrina Reheis ergab zwei Treffer. Sabrina Reheis-Rainer keinen. Wenn mich jetzt also jemand sucht, findet er mich sofort.
In unseren engeren Familien war es immer so, dass die Frauen die Namen der Männer angenommen haben. Darum hat man auf meine Entscheidung nicht euphorisch reagiert. In Tirol ist man da vielleicht noch ein wenig anders, akzeptiert haben die Entscheidung letztendlich aber alle.
Am Telefon sage ich meistens spontan immer noch Reheis, auch wenn es mir eine Sekunde später schießt, dass ich auf den Doppelnamen vergessen habe. Im Pass habe ich meinen Namen auch noch nicht geändert.
Klar ist aber heute schon: Falls wir Kinder haben, werden die den Nachnamen meines Mannes, also Rainer, tragen. Das ist unser Familienname. Mit dem Doppelnamen würde es einfach zu kompliziert.
Was ich schön finde: Mit meinem Doppelnamen zeige ich, da bin ich hergekommen, und da bin ich hingegangen."
Katharina und Christian Scheuchenegger sind seit 2013 verheiratet
Foto: Heribert CORN

Ihr Name: Katharina und Christian Scheuchenegger

"Ich finde, ein Name macht eine Person nicht aus", sagt Christian Scheuchenegger.
Foto: Heribert CORN
Christian: "Dass ich den Namen meiner Frau angenommen habe, hatte vor allem praktische Gründe. Unsere erste Tochter war zu dem Zeitpunkt schon geboren, und sie trug den Nachnamen von Katharina. Wir wollten, dass unsere Familie einen gemeinsamen Nachnamen hat.
Und es gab noch einen anderen, total rationalen Grund: Mit meinem alten Namen Christian Harrer konnte ich keine E-Mail-Adresse mehr bei den einschlägigen Anbietern registrieren. Die gab es dort nämlich schon. Christian Scheuchenegger war aber noch verfügbar.
Für meine Eltern kam mein Namenswechsel ein wenig überraschend. Aber ich habe ihnen erklärt, dass ich trotz neuen Namens der gleiche Mensch geblieben bin. Das hat dann gepasst. Arbeitskollegen oder Schulkollegen von früher haben mich schon gefragt, warum ich den Namen meiner Frau angenommen habe. Aber ich habe es immer erklärt, und damit war es erledigt. Negative Rückmeldungen habe ich noch nie bekommen. Aber vielleicht wäre das am Land anders als in der Stadt.
Ich finde, ein Name macht eine Person nicht aus. Abschiedsschmerz hatte ich daher am Tag unserer Hochzeit keinen. Ich habe mich ja als Person weiterentwickelt und eine Familie gegründet. Da passt es auch, dass sich der Name ändert.
Die Umstellung ist mir also nicht schwergefallen. Aber mein früherer Name war kürzer, da ging das Buchstabieren schneller. Und die neue Unterschrift war anfangs ungewohnt. Aber wieso soll es mir da anders gehen als sonst meistens der Frau?"
Max Mayerhofer und Philipp Kiessling sind seit 2018 verheiratet
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Beide behielten ihren Namen: Max Mayerhofer und Philipp Kiessling

"Bei mir waren vor allem berufliche Gründe ausschlaggebend", sagt Max Mayerhofer.
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Max: "Für uns war von Anfang an klar, dass wir beide unsere Namen behalten. Bei mir waren vor allem berufliche Gründe ausschlaggebend. Als Moderator ist mein Name für mich so etwas wie eine Visitenkarte in der Branche, und er bleibt den Zuschauern in Erinnerung. Außerdem klingt die Alliteration in Max Mayerhofer toll.
Ein Doppelname war nie ein Thema. Ganz kurz habe ich schon überlegt, ob ich Philipps Namen annehme, einfach weil die Möglichkeit da war. Schließlich macht man das ja so, wenn man heiratet – zumindest machen das viele, die wir kennen. Außerdem gefällt mir Kiessling viel besser, und der Name ist einzigartiger. Philipp wollte seinen Namen nicht aufgeben, weil er seiner Familie sehr verbunden ist.
Hätte ich meinen Namen aufgegeben, wäre er in unserer Familie ausgestorben, denn schon meine Schwester hat ihren Namen geändert. Über eine Namensänderung hätte ich dann auch noch einmal mit meinen Eltern gesprochen. Außerdem klingt Max Kiessling wie Max Giesinger, der deutsche Popsänger – das wollte ich dann auch nicht.
Ein Vorteil ist natürlich auch, dass wir keine Dokumente ändern mussten. Dass wir beide unsere Namen behalten, war auch die Variante mit dem geringsten Aufwand.
Jeder, dem wir erzählt haben, dass wir heiraten, hat gefragt: Und welchen Namen nehmt ihr an? Das war die erste Frage meiner Eltern. Viele haben ganz vorsichtig gefragt: Wie ist das denn bei euch? Damit waren nicht Philipp und ich gemeint, sondern gleichgeschlechtliche Paare insgesamt."
Alexandra und Robert Hahnenkamp sind seit 2018 verheiratet
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Sein Name: Alexandra und Robert Hahnenkamp

"Ein neuer Name ist ganz schön teuer", sagt Alexandra Hahnenkamp.
Foto: Heribert CORN
Alexandra: "Mir war die Sache mit dem Nachnamen irgendwie egal. Es war für mich reines Bauchgefühl. Ich hab vorher Russ geheißen, das war nicht der schönste Name der Welt. Für meinen Mann wäre es grundsätzlich schon auch vorstellbar gewesen, meinen Namen anzunehmen. Aber Robert Russ, das ging irgendwie auch gar nicht.
Ich finde es schön, wenn man als Ehepaar den gleichen Familiennamen hat, besonders wenn man dann einmal Kinder hat. Wenn jeder einen anderen Namen hat, wird es da schnell kompliziert, beim Verreisen zum Beispiel. Die arme, unterdrückte Frau bin ich auf jeden Fall ganz sicher nicht.
Was man schon sagen muss: Ein neuer Name ist ganz schön teuer. Ich habe einen neuen Pass gebraucht und einen neuen Personalausweis und musste das Auto ummelden. Bei den Kosten haben wir natürlich halbe-halbe gemacht.
Am Telefon melde ich mich heute noch manchmal mit meinem alten Nachnamen. Ich muss mir vor dem Abheben meinen neuen Namen richtig vorsagen. Die Unterschrift habe ich anfangs noch total schön gemacht, mittlerweile fetze ich sie auch schon hin.
In die Flitterwochen gleich nach unserer Hochzeit bin ich aber noch unter meinem alten Namen gefahren."
Anna und Bernhard Schön sind seit 2013 verheiratet
Foto: Heribert CORN

Neuer Name: Anna und Bernhard Schön

"So hat gefühlt jeder von uns etwas zum Namen beigetragen", sagt Anna Schön.
Foto: Heribert CORN
Anna: "Seit ich ein junges Mädchen war, hat mich immer interessiert, welchen Nachnamen andere Menschen haben. Ich habe mich immer gefragt: Klingt der schöner als meiner? Denn mein eigener Nachname, Strutz, hat mir nie so recht gefallen. Für mich war daher immer klar, dass ich einmal den Nachnamen meines Mannes annehmen würde.
Aber als Bernhard und ich beschlossen zu heiraten, war für mich auf einmal der Gedanke seltsam, plötzlich zu einer anderen Familie zu gehören. Ich gehöre zu Bernhard und zu sonst niemandem. Ich mag die Vereinnahmung durch einen Nachnamen nicht.
Irgendwann vor der Hochzeit haben wir, mein Mann, meine Trauzeugin und ich, herumgeblödelt, und auf einmal kam irgendwer auf die Idee, dass wir einen ganz neuen Namen annehmen könnten. Der Familienname Schön wäre ein Teil des Namens meines Mannes – er hieß ursprünglich Schöninkle – und hat die gleiche Länge wie mein Mädchenname Strutz. Sogar meine Initialen würden gleich bleiben. So hat gefühlt jeder von uns etwas zum Namen beigetragen.
Ob ein neuer Name überhaupt möglich ist, haben wir zu dem Zeitpunkt aber noch gar nicht gewusst. Wir haben schließlich unseren Antrag zwei Monate vor der Hochzeit eingereicht – und uns wurde gleich erklärt, dass das ein halbes Jahr dauern könnte. Drei Tage vor unserer Hochzeit war die Namensänderung meines Mannes aber durch. Das hat etwas mehr als 500 Euro gekostet. Ich habe meinen Namen mit der Hochzeit geändert.
Es ist ein schönes Gefühl, dass wir jetzt eine ganz eigenständige Familie sind. Und so haben wir jetzt immer eine total positive Geschichte zu unserem Nachnamen zu erzählen. Viele sagen dann: Hätte ich gewusst, dass das geht, hätte ich das auch so gemacht."