Eine Schwierigkeit bei Klimmzügen: "Jedes Kilo, das man zu viel hat, muss nach oben gezogen werden", so der Experte.

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Eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio ist für viele wie ein Garantieschein für ein gesünderes Leben. Aber nur, weil man im Fitnessstudio trainiert, heißt das noch lange nicht, dass man alles richtig macht. Schon Basics wie Kniebeugen und Liegestütze verlangen Unerfahrenen alles ab. DER STANDARD hat Experten befragt, welche Fehler besonders häufig gemacht werden – und wie man sie vermeidet.

  • Trainingsplan: "Der Hauptfehler ist die mangelnde Zielsetzung", sagt Ulrich Steiner, Cheftrainer bei John Harris Fitness. Das Problem: Wer ohne vorher definierte Ziele trainiert, kann keine Erfolge feiern – und wird irgendwann wieder mit dem Training aufhören. Ein gutes Ziel für Anfänger wäre beispielsweise, im Büro die Stiegen zum dritten Stock zu schaffen, ohne außer Atem zu kommen. Für Ambitioniertere ist es ratsam, sich einige Stunden mit einem Personal Trainer zu gönnen, der einen Trainingsplan erstellt.

  • Warm-up: Bevor es überhaupt an die Gewichte geht, sollten die Muskeln vor jeder Trainingseinheit aufgewärmt und der Kreislauf in Schwung gebracht werden – beispielsweise am Laufband, am Ergometer oder am Rudergerät. Der Wiener Sportmediziner Marcus Hofbauer empfiehlt außerdem, jede Muskelgruppe, die trainiert werden soll, gesondert aufzuwärmen. Dafür wird mit wenig Gewicht und exakt ausgeführten Bewegungen drei Sätze zu jeweils zehn Wiederholungen gemacht.

  • Ausführung: Beinpresse, Bauchpresse, Bizeps-Curl-Maschine: Viele kennen zwar die Geräte im Fitnessstudio, wissen aber nicht, wie man sie richtig bedient. "Ich sehe immer die gleichen Fehler im Fitnessstudio", sagt Hannes Woschner, Geschäftsführer des Functional-Fitnessstudios Five in Wien. Er rät Fitness-Anfängern daher dazu, sich die Übungen vorab erklären zu lassen. John-Harris-Trainer Steiner empfiehlt Einsteigern außerdem eher Geräte als freie Gewichte: "Da kann man nicht so viel falsch machen."

  • Gewichte: Fitnesstrainer Ulrich Steiner beobachtet bei Gewichten zwei Extreme: einerseits jene, die übermotiviert sind und sich zu hohe Gewichte aufhalsen, andererseits sieht er Menschen, die zwar im Fitnessstudio trainieren, sich aber nicht anstrengen wollen. Bei Ersteren werden die Übungen schnell nicht mehr sauber ausgeführt, und es kann zu Verletzungen kommen, bei Letzteren wird zu wenig Muskelreiz erzeugt. So wachsen die Muskeln nicht.

  • Kniebeugen: Ein häufiger Fehler bei diesem Trainingsklassiker ist, dass der Rücken nicht durchgestreckt wird. Außerdem sollte die Belastung sich laut Hannes Woschner auf die gesamte Fußfläche verteilen, die Knie gehen außerdem direkt über dem Fuß nach vorne. "Dass das Knie nicht über die Fußspitze hinausgehen darf, ist eine Legende und mittlerweile längst wiederlegt", so Woschner – solange die Ausführung stimmt. Beim Hochgehen aus der Kniebeuge sollten die Beine dann komplett in die Streckung gehen und der Po zusammengezwickt werden.

  • Liegestütz: "Jeder Mensch sollte mehrere Liegestütz ausführen können", sagt Fitnesstrainer Woschner. Allerdings hapert es bei vielen an der richtigen Haltung: Meist sind die Hände fälschlicherweise neben den Schultern positioniert, weiß der Experte. Dabei sollten sie sich auf Brusthöhe befinden und die Oberarme in einem 45-Grad-Winkel abgespreizt sein. Die richtige Ausführung sieht so aus: Aus einer Position mit gestreckten Armen wird der Körper so nahe an den Boden gebracht, dass die Brust den Boden berührt – dann werden die Arme wieder ganz durchgestreckt. "Alles andere ist kein Liegestütz", stellt Woschner klar. So wird die Übung aber um einiges anstrengender. "Manchmal kommen Männer zu uns, die sagen, dass sie 30 Liegestütz können", erzählt er. "Nachdem wir ihre Haltung korrigieren, können sie plötzlich nur noch acht."

  • Klimmzüge: "Das ist die Königsdisziplin mit dem größten Frustfaktor", sagt Woschner. Denn bei vielen bleibt es im Fitnessstudio beim Versuch, einen Klimmzug zu machen. Die dafür nötige vertikale Zugbewegung werde im Alltag so gut wie nie gemacht. "Und jedes Kilo, das man zu viel hat, muss nach oben gezogen werden."

  • Überforderung: Im schlimmsten Fall drohen bei falscher Technik oder fehlendem Aufwärmen Verletzungen. Besonders häufig sind laut Sportmediziner Hofbauer Muskelfaserrisse oder Sehnenscheidenentzündungen: "Das klingt relativ harmlos, ist aber sehr langwierig und kann Wochen bis Monate dauern." Es gibt aber auch Worst-Case-Szenarien: "Wer sich bei der Beinpresse viel zu viel Gewicht auflädt und beide Knie durchdrückt, kann sich sämtliche Bänder reißen – bis hin zum Knochenbruch", sagt Hofbauer. Streng genommen zählt auch der Muskelkater am nächsten Tag als Verletzung. Dabei handelt es sich um Mikroverletzungen am Muskel. Gut findet Hofbauer den Muskelkater am nächsten und übernächsten Tag daher nicht: "Man denkt immer, dass das ein Indikator dafür ist, dass man super trainiert hat. Das stimmt aber nicht."

Ganz schön viel also, was man falsch machen kann. Entmutigen sollte man sich davon aber nicht lassen. Denn der größte Fehler – darin sind sich die Experten einig – ist, gar nicht zu trainieren. (Franziska Zoidl, 2.6.2019)