Anna Veith riskiert noch ein Comeback.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Die Skination atmet erleichtert auf. Bei strahlendem, höchstens von ein paar Haufenwolken getrübtem Sonnenschein über dem Vienna Beach Club auf der Wiener Donauinsel hat Anna Veith knapp fünf Monate nach ihrem Kreuzbandriss verkündet, ihre Karriere fortsetzen zu wollen. "Ich habe gemerkt, dass mir der Sport sehr wichtig ist und ich durch und durch Sportlerin bin, daher möchte ich es noch einmal versuchen, ein Comeback zu starten, und ich freue mich richtig drauf."

Aktuell gehe es ihr sehr gut. "Ich kann im Grunde alles machen außer Ski fahren auf dem Niveau, wie ich es gewohnt bin. Die Schnelligkeit ist noch nicht da, aber ich mache große Fortschritte, es macht Spaß, und das ist das Wichtigste", so die Super-G-Olympiasiegerin von Sotschi 2014, mehrfache Weltmeisterin, zweifache Gesamtweltcup-Siegerin und Gewinnerin von 15 Weltcup-Rennen.

Anna Veith und Peter Schröcksnadel waren zu Besuch in Wien. Die Salzburgerin verkündete eine frohe Botschaft, der ÖSV-Präsident zeigte sich erfreut.
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Sie könne sich nicht erinnern, nach einer Verletzung schon einmal so motiviert gewesen zu sein wie jetzt. "Es ist ein neues Feuer entflammt, und ich freue mich schon auf den Winter." Ziel sei die Rückkehr an die Spitze. Wann genau die 29-jährige Salzburgerin wieder an den Start gehen wird, steht aber noch in den Sternen. Im Moment versucht sie erst einmal Muskelmasse aufzubauen und auch Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Rhythmen zu trainieren. Der Weltcupauftakt Ende Oktober in Sölden sei jetzt definitiv noch kein Ziel. "Man muss schauen, wie die Fitness dann ausschaut. Der Körper gibt das Tempo vor."

Dritte schwere Knieverletzung

Die schwere Knieverletzung mit Kreuzbandriss sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen, weil sie nach zwei schweren Knieverletzungen bereits die dritte verkraften musste. Im ersten Moment sei das schwer vorstellbar gewesen. Sie habe viel Abstand vom Skifahren genommen, habe versucht, ein Gespür dafür zu bekommen, wie schwer die Verletzung wirklich ist und wie der Körper darauf reagiert, wenn sie die Reha macht. Sie habe versucht, in sich hineinzufühlen, ob sie es noch einmal schaffen könne, sich auf einem hohen Level bewegen und schnell Ski fahren zu können. Um das gehe es schlussendlich.

An dem gemessen, wo sie schon einmal war, sei sie aktuell "vielleicht bei 60 Prozent. Da ist von der Fitness her noch viel zu tun. Aber es geht mir gut, ich fühle mich bereit." Vor der Verletzung habe sie Kniebeugen mit einer 110-Kilogramm-Last gemacht, aktuell mit abgespeckten 75. "Wenn ich das heuer hinkriege, dass ich dort hinkomme, wo ich schon einmal war, dann wäre das der Wahnsinn. Das ist natürlich das Ziel, aber da darf nichts dazwischenkommen. Es ist von der Zeit her schon eng."

Die Entscheidung zum Weitermachen sei erst nach längeren Überlegungen gereift. "Ich war anfangs schon einige Zeit ziemlich hin- und hergerissen, wollte zunächst Abstand vom Skisport gewinnen. Deshalb hat es gedauert bis April beziehungsweise Mai, bis ich mir sicher war."

Skifahren vielleicht ab September

Wann sie wieder auf Skiern stehen wird, weiß sie aktuell noch nicht, im Kopf aber hat sie den September. "Aber ich will und muss mich auch nicht festlegen. Ich könnte mal einen Tag Ski fahren gehen, zum Spaß, damit die Motivation bleibt." Grundsätzlich aber sei es ein Problem, dass man das konditionelle Training unterbreche, wenn man mit dem Schneetraining beginnt. Für das Kondi-Training sei Kontinuität von Nöten, um etwas aufzubauen. "Wenn ich zum Schneetraining wechsle, dann ist der Aufbau abgeschlossen, dann muss der Großteil stehen, werden nur noch Feinheiten verbessert."

Veith wird versuchen, in zwei Disziplinen (Super-G und Riesentorlauf) wieder an die Spitze zu finden, aber der Weg sei natürlich weit. Sie sei sehr dankbar für die Unterstützung des ÖSV, der es ihr ermögliche, dass sie so individuell arbeiten könne, wie es die Verletzung verlange. Druck verspüre sie momentan keinen. "Ich bin froh, dass ich den Druck von außen wegbekommen habe, weil man sich den eh selbst macht, einen hohen Anspruch hat." Rückschläge und Zwischentiefs könne sie insofern gut verkraften, als sie "kein Typ der leichten Wege" sei.

Zuversichtlicher Präsident

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel gab an, sehr zuversichtlich zu sein, "dass die Anna das schafft. Sie hat so viel Mut und Ehrgeiz. Wenn man eine Siegläuferin hat wie die Anna, und sie würde nicht mehr fahren, dann wäre das schlecht." Unter Druck werde man sie nicht setzen, das müsse sie selbst tun. "Von uns hat sie Zeit genug." (Thomas Hirner, 5.6.2019)