Kokain ist in Europa die beliebteste psychoaktive Substanz.

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Illegale Drogen sind einfach und schnell verfügbar, Kokain kann sogar nach Hause bestellt werden und wird dabei schneller geliefert als Pizza. Das haben schon im Vorjahr die Ergebnisse des Global Drug Survey gezeigt. Dieser Beobachtung gibt jetzt auch der Europäische Drogenbericht 2019 recht.

"Es gibt nicht nur Anzeichen für eine erhöhte Verfügbarkeit etablierter pflanzlicher Drogen wie Kokain, sondern auch einen wachsenden Markt, auf dem synthetische Drogen und die Herstellung von Drogen innerhalb von Europa von zunehmender Bedeutung sind", sagt Alex Goosdeel, Direktor der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) in Lissabon.

Drogen sind vor allem eine Angelegenheit junger Erwachsener.
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Kokain ist das in Europa beliebteste illegale Stimulans. Soziale Medien, Darknet-Börsen und innovative Vertriebsmethoden mit "Kokain-Callcenters" und Schnellzustellung per Kurier sind laut den EU-Drogenbeobachtern Trends. "Eine aktuelle Studie zu den Drogenrückständen im kommunalen Abwasser zeigte, dass es zwischen 2017 und 2018 in 22 von 38 Städten zu Anstiegen bei den Kokainmetaboliten kam." Belgien, Spanien, die Niederlande und Großbritannien sind hier Hotspots.

Konsum geht zurück

Die EMCDDA berichtet, dass unter Erwachsenen 7,4 Prozent (24,7 Millionen Menschen) zumindest einmal im Jahr Cannabis konsumieren. Bei jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 34 Jahren sind es 14,4 Prozent oder 17,5 Millionen Menschen.

Ecstasy haben innerhalb eines Jahres nur 0,8 Prozent der Erwachsenen, aber 1,7 Prozent der jungen Erwachsenen verwendet. Kokain konsumierten im vorangegangenen Jahr 1,2 Prozent der Erwachsenen, davon 2,1 Prozent bei den jungen Erwachsenen.

Einen hochriskanten Heroin-(Opioid-)Konsum haben derzeit rund 1,3 Millionen Menschen oder 0,4 Prozent der Erwachsenen in der EU, wovon rund 50 Prozent (654.000) in Substitutionstherapie sind. Das ist eine positive Entwicklung, denn "der Heroinkonsum geht in den meisten Ländern zurück", heißt es von der EMCDDA. Die Zahl der Heroin-Erstklienten hat sich von einem Höchststand im Jahr 2007 auf einen Tiefststand im Jahr 2013 mehr als halbiert und anschließend stabilisiert. Zwischen 2016 und 2017 ging die Zahl der Primärheroinkonsumierenden, die erstmals eine Behandlung aufnahmen, in 16 der 27 untersuchten Länder zurück. Das deckt sich auch mit den Entwicklungen in Österreich.

Synthetische Opioide

Ein Überschwappen der US-Opioid-Epidemie mit tausenden Todesfällen ist in Europa bisher ausgeblieben. Aber einige Quellen "weisen auf einen zunehmenden missbräuchlichen Konsum legaler synthetischer Opioide (wie beispielsweise Methadon, Buprenorphin und Fentanyl) hin", heißt es im Drogenbericht. Ähnliches gilt für Codein, Morphin, Tramadol und Oxycodon.

In den USA wurde die Problematik vor allem durch die massenhafte Verschreibung von Opioid-Schmerzmitteln durch Ärzte und die soziale Situation mit teilweise nichtexistenter Krankenversicherung verursacht. Diese Randbedingungen fehlen in Europa.

Zunehmende Bedrohung

Dennoch gibt es offenbar einen zunehmenden Gebrauch höchst potenter und durch die schwierige Dosierung somit auch gefährlicher synthetischer Opioide (Fentanyl und Fentanylderivate). Die illegale Produktion ist einfach – vieles kommt aus China –, der Transport ebenfalls. "Obgleich diese Substanzen in Europa derzeit nur einen kleinen Teil auf dem Drogenmarkt darstellen, sind sie eine zunehmende Bedrohung, da ihr Konsum mit Überdosierungen und Todesfällen in Zusammenhang gebracht wurde. Elf neue synthetische Opioide wurden 2018 in Europa festgestellt. Für die Herstellung von vielen tausend Straßendosen sind nur sehr geringe Mengen erforderlich, sodass diese Substanzen problemlos versteckt und geschmuggelt werden können", so die EMCDDA.

Für Opiatabhängige ist die orale Substitutionstherapie durch den Arzt entscheidend für eine soziale und gesundheitliche Stabilisierung. Das verhindert auch Drogentodesfälle und Kriminalität. Im Durchschnitt sind in der EU 50 Prozent der Opioidabhängigen in Substitutionstherapie. Österreich ist mit diesem Wert klassisch durchschnittlich. In Frankreich (Spitzenreiter) beträgt der Anteil rund 85 Prozent, in Griechenland 70 Prozent. In Rumänien befinden sich nur acht Prozent der Betroffenen in einer solchen Behandlung, in Polen etwa 18 Prozent.

Historischer Höchststand

Recht erfolgreich waren in Europa und angrenzenden Staaten offenbar die Polizeibehörden bei ihren Drogenbeschlagnahmungen. "Über 104.000 Sicherstellungen von Kokain wurden in der EU im Jahr 2017 (98.000 im Jahr 2016) gemeldet, was 104,4 Tonnen der Droge entspricht." Das sei ein historischer Höchststand gewesen, schreibt die EMCDDA.

Genügend Nachschub – vor allem aus Afghanistan – gibt es auch beim Heroin. 2017 wurden in der EU 5,4 Tonnen der Droge konfisziert. In der Türkei allein waren es 17,4 Tonnen, was die größte Menge innerhalb von zehn Jahren war.

Was der Bericht noch eindeutig zeigt: Illegale Drogen sind vor allem ein Phänomen der Jugend und der jungen Erwachsenen. In höherem Alter wird der Konsum zu einem hohen Prozentsatz wieder eingestellt. (APA, red, 6.6.2019)