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Bei der Eindämmung von Hassinhalten setzt Youtube häufig auf Demonetarisierung statt Löschung.

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Youtube steht wieder einmal in der Kritik wegen seinem Umgang mit problematischen Inhalten. Für eine Kontroverse sorgt etwa der Umgang mit Steven Crowder. Dieser übt sich in einem Channel regelmäßig an Beleidigungen gegen Menschen mit politischer liberaler Gesinnung, wie auch abfälligen Äußerungen wegen Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung.

Seit zwei Jahren etwa hat er es auf Carlos Maza, einen Redakteur des Portals Vox, abgesehen, und veröffentlichte immer wieder Beschimpfungen – "Mister Gay Latino" – gegen ihn, weil er homosexuell und lateinamerikanischer Herkunft ist. Youtube reagierte schließlich, was die Wogen aber nur weiter hochgehen ließ. Laut dem Unternehmen verstößt Crowder nicht gegen die Richtlinien.

Youtube-Chefin tut Angelegenheit leid, aber...

In weiterer Folge darauf angesprochen erklärte Youtube-Chefin Susan Wojcicki, dass es letztlich immer auf den Kontext ankomme. Und nach Betrachtung des Kanals stufe man Crowders Beiträge noch als freie Meinungsäußerung ein, um die man ebenfalls bemüht sei. Weil Crowder aber an der Grenze zum Verbotenen wandle, wurde sein Kanal demonetarisiert – er kann also weiter Videos veröffentlichen, aber kein Geld mehr mit durch Youtube ausgespielte Werbung verdienen.

Auf persönlicher Ebene tue es ihr "sehr, sehr leid", erklärte Wojcicki schließlich auf einer Podiumsdiskussion. Sie wisse, dass diese Entscheidung schmerzhaft für die LGBTQ-Community gewesen sei und man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Youtube sei stets eine Heimat für die LGBTQ-Gemeinde gewesen und wolle sie als Unternehmen weiter "offen unterstützen".

Jedoch müsse man hinsichtlich der Anwendung von Regeln "konsistent" vorgehen. Würde man Crowders Videos entfernen, müsste man auch unzählige andere Inhalte löschen, fasst The Verge zusammen. Erst zuletzt hatte man die eigenen Richtlinien verschärft und dabei auch die Diskriminierung aufgrund von Herkunft oder sexueller Orientierung verboten.

Demonetarisierung möglicherweise nutzlos

Maza selbst hält wenig von der Reaktion. Seiner Ansicht nach funktioniert Monetarisierung nicht, da viele Youtuber wie Crowder ohnehin über Merchandise und andere Kanäle Geld verdienten und die Demonetarisierung nur nutzen würden, um sich als Opfer zu inszenieren. Crowder selbst sagt, dass nur wenige seiner Videos überhaupt monetarisiert worden waren. Er hat mittlerweile in einem Video nachgelegt, in dem er in einer nicht ernst gemeinten Entschuldigungen noch einmal ein "Best of" seiner Beleidigungen vorbringt.

Es ist nicht der einzige kontroverse Fall der letzten Wochen. Schlagzeilen machte auch "Soph", eine 14-jährige Videomacherin, die ebenfalls mit oft extremen Botschaften auffällt. Sie bedient etwa die Alt-Right mit George-Soros-Verschwörungstheorien oder ergeht sich in Herabwürdigung von Muslimen. Von der Chatplattform Discord ist zudem auch dokumentiert, dass sie sich einen "Hitler für Muslime" wünscht, der die Anhänger des Islams auslöscht.

Auch ihr Kanal blieb letztlich weiter online. Youtube löschte allerdings einzelne Clips, darunter einen, indem sie Youtube-Chefin Wojcicki mit dem Tod droht, und deaktivierte die Monetarisierung. Für viele Beiträge allerdings lässt man Sophs Argumentation politischer Satire gelten.

Verschwörungsschleuder

Dass Youtube überhaupt größere Anstrengungen gegen derlei Inhalte unternimmt, ist ohnehin eine neuere Entwicklung. In der Vergangenheit wurden schon oft Vorwürfe der Untätigkeit gegen Googles Videoplattform erhoben. Ex-Mitarbeiter monierten sogar, dass man zugunsten von Klicks und Werbegeldern "toxischen Content" habe wuchern lassen, obwohl man sich des Problems bewusst war.

Manche Wissenschaftler sehen Youtube mittlerweile als einen entscheidenden Faktor bei der Radikalisierung von Menschen und der Verbreitung von Verschwörungstheorien – vom Mythos gefährlicher Masern-Impfungen, die Autismus verursachen würden, bis hin zur längst widerlegen Annahme, dass die Erde eine flache Scheibe und keine Kugel sei. (gpi, 12.06.2019)