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Der berühmte Koffer voller Geld ist Symbol für die staatliche Korruption. Die Anfälligkeit für die Neigung, derartige Geldgeschenke für Gegenleistungen anzunehmen, breitet sich aus wie eine Krankheit, wenn man nicht ständig vorsorgt, wie nun IIasa-Forscher nachgewiesen haben.

Foto: REUTERS/Edwin Montilva

Wien – Letztlich ist niemand gänzlich immun gegen Korruption, weder Einzelpersonen, noch die Gesellschaft als Ganzes und schon gar nicht Proponenten von staatlichen Institution. Wie nun Forscher des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) berechnet haben, breitet sich Korruption sogar geradezu wie wie eine Krankheit aus, wenn man nicht fortwährend dagegen ankämpft. Die gute Nachricht ist: Eine aufwendige, kostenintensive Therapie kann sie letztlich zurückdrängen. Das wichtigste Medikament dagegen sei "Transparenz", wie die Forscher im Fachjournal "PNAS" berichten.

Das Team um Karl Sigmund und Ulf Dieckmann vom IIASA in Laxenburg bei Wien untersuchte im Detail die Ausbreitung von Korruption und die Effizienz diverser Behandlungsmöglichkeiten mit einem spieltheoretischen Modell, mit dem man zunächst die biologische und später die soziale Evolution studierte. "Korruption kommt in verschiedensten Kleidern daher: als Günstlings- oder Vetternwirtschaft, als Klientelwirtschaft, bei der man Güter und Leistungen gegen politische Unterstützung tauscht, und in Form von Veruntreuung öffentlicher Gelder", erklären die Wissenschafter.

Von Korruption gefährdete "Wächter der Gesellschaft"

In ihrer Arbeit widmeten sie sich speziell der Bestechlichkeit der Organe in öffentlichen Organisationen, die eigentlich absolut integer sein sollten: Das sind Menschen, deren Aufgabe es ist, asoziales, gesellschaftsfeindliches Verhalten zu ahnden. In staatlichen Organisationen sind das beispielsweise Richter, Staatsanwälte und Polizisten, sagt Sigmund. Ebenso zählen dazu Beamte, die Bauvorschriften, technische oder schulische Standards durchsetzen sollen, oder die Einhaltung unternehmerischer Richtlinien überwachen. Aber auch in privaten Institutionen gäbe es von Korruption gefährdete Personen, zum Beispiel Schiedsrichter im Sport, Journalisten, oder die Führungskräfte von Nichtregierungsorganisationen (NGOs).

Sie sollten eigentlich als "Wächter der Gesellschaft" wirken, sind aber selbst nicht von eigennützigen Motiven gefeit, erklären die Forscher. Deshalb müsse man auch solche Wächter bewachen. Anti-Korruptionsmaßnahmen wären aber stets aufwändig und teuer. Wenn ein Staat oder eine Organisation ohnehin einen guten Ruf hat, meint man allzu oft, sich Vorsorgeaktionen sparen zu können. Dies sei ein Trugschluss. "Werden sie vernachlässigt, kann sich die Korruption ausbreiten, was zu einem Vertrauensverlust und einen Zusammenbruch der Kooperation führt", schrieben sie.

Nach dem Dämpfer folgt der nächste Zyklus

Eine derartige Krise rufe in der Regel die Verantwortlichen auf den Plan, ihre Anstrengungen neu zu beleben und die Korruption innerhalb der Institutionen zu bekämpfen. Das verpasst diesem Übel in der Regel einen Dämpfer, Kooperation und Ehrlichkeit halten wieder Einzug, meinen sie. Ist der Patient geheilt, werden die Anstrengungen, auf seine Integrität aufzupassen, aber gerne wieder vernachlässigt und ein neuer Krankheitszyklus nimmt seinen Anfang.

Wirksame Antikorruptionsmaßnahmen unterminieren demnach ihren eigenen Erfolg, meinen die Forscher. Sie schaffen ein Umfeld, in dem man sie oft leichtfertig als unnötigen Aufwand ansieht. Wie das Modell zeigt, müssten sie aber auch in Gesellschaften und Institutionen aufrecht erhalten werden, wo Bestechlichkeit kaum verbreitet ist.

Investigativer Journalismus als notwendiges Medikament

Das wichtigste Heilmittel gegen die Korruption sei Transparenz. Man müsse deshalb investigativen Journalismus und "Whistleblower" (interne Informanten, die Missstände bekannt machen) fördern, unter Umständen auch Satiriker, so Sigmund, für den "auch Reputationsmechanismen im Internetzeitalter ungeheuer wichtig geworden sind". Als Beispiel nennt er Bewertungen bei Online-Marktplätzen, für Restaurants bis hin zu Toiletten sowie "Likes" ("Gefällt mir") in sozialen Netzwerken. (red, APA, 12.6.2019)