Das Konzept der Säuren und Basen zählt zu den Fundamenten der Chemie, die schon in der Schule gelehrt werden. Ein Team um Jörg Sundermeyer von der Philipps-Universität Marburg ist nun der grundlegenden Frage nachgegangen, wie wohl die stärksten Vertreter aller bekannten ungeladenen Säuren und Basen in der Chemie aussehen müssten. Die Forscher versprechen sich davon Fortschritte für die Elektromobilität, etwa beim Einsatz in Brennstoffzellen, und in anderen katalytischen Prozessen, wie sie in der Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" berichten.

In den vergangenen Jahren wurden ungeladene organische Superbasen zu wichtigen Werkzeugen für die Synthese und Katalyse. Sie beruhen meist auf dem Element Stickstoff. Auf diesen Vorarbeiten aufbauend, nutzte die Gruppe um Jörg Sundermeyer und Sebastian Ullrich entgegen der gängigen Lehrbuchmeinung das Element Phosphor als Zentralatom einer potenziellen Base. "Zu unserer Überraschung können durch diesen Trick die bislang stärksten metallfreien Stickstoffbasen um mehr als eine Größenordnung auf der Basizitätsskala übertroffen werden", berichtet Ullrich.

Interessante Chemie für Brennstoffzellen

"Die Wechselwirkung von Phosphor als Zentralatom mit Protonen und Metallkationen selbst extrem schwacher Säuren ist dermaßen stark, dass diese nicht mehr aus der Umklammerung loskommen", ergänzt Sundermeyer. Darauf beruhe die Eignung dieser Moleküle als Bestandteil von Katalysatoren, wie sie für technische Anwendungen gefordert sind – etwa bei der Entwicklung von Brennstoffzellen, die in Elektroautos zum Einsatz kommen.

"Extrem starke, metallfreie organische Basen haben große Bedeutung für die Entwicklung nachhaltiger, 'grüner' Chemie", erklärt Sundermeyer. "Sei es in der abfallfreien Katalyse chemischer Reaktionen oder bei der Bewältigung der Energiewende." Daher hat die Gruppe die gesamte Verbindungsklasse der sogenannten Phosphazenylphosphine und ihrer Komplexe mit Metallen zum Patent angemeldet.

Vor einigen Monaten synthetisierten die Forscher um Sundermeyer bereits die stärkste ungeladene Säure. "Normalerweise ist man entweder Spezialist für Säuren oder für Basen", versichert der Chemiker, "Superbasen und Supersäuren aus ein- und demselben Labor, das ist eine absolute Ausnahme". (red, 16.6.2019)